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WDR-Interview
Liminski verteidigt sich: "Das würde ich heute so nicht mehr sagen"
Im WDR-Fernsehen verteidigt sich der neue NRW-Medienminister Nathanael Liminski gegen Homophobie-Vorwürfe. Sein Politiksprech lässt aber Fragen offen.

Nathanael Liminski wurde ins Kölner Nachrichtenstudio zugeschaltet (Bild: Screenshot WDR Fernsehen)
- 30. Juni 2022, 11:33h 4 Min.
Die WDR-Hauptnachrichtensendung "Aktuelle Stunde" widmete am Dienstagabend Nathanael Liminski, dem neuen Medien- und Europaminister in Nordrhein-Westfalen, ein großes Segment. Darin ging es hauptsächlich um seine homophoben Äußerungen aus der Vergangenheit. Hintergrund sind ältere Aussagen wie in einem "Spiegel"-Interview 2007: "Ich kenne viele Homosexuelle, und einige tun mir leid. Der Staat muss schon aus reiner Selbsterhaltung die natürliche Form der Ehe und Familie fördern." In einem Live-Interview verteidigte sich der neue Minister:
Das, was ich damals als 20-Jähriger gesagt habe, das würde ich heute so nicht mehr sagen. Das war verkürzt. Das hat viele Menschen verletzt. Und deswegen bedaure ich das. Aber ich glaube, jemand, der meine politische Arbeit heute bewerten will, sollte auf das schauen, was ich die letzten Jahre gemacht habe als Chef der Staatskanzlei in unserer Landesregierung. Und auf das, was wir uns vorgenommen haben in den nächsten Jahren in der Landesregierung. Da wird man sehen, dass wir sehr viel getan haben für die queere Community in Nordrhein-Westfalen. Wir haben die Mittel verdoppelt. Wir haben Aktionspläne aufgelegt. Ich glaube, wir haben so viel für die Akzeptanz getan, für Vielfalt, wie keine Landesregierung zuvor.
Von Moderatorin Catherine Vogel angesprochen, ob bei seinen Äußerungen nicht das Bild eines Mannes entstehe, der homosexuelle Beziehungen für weniger wertvoll hält als heterosexuelle, antwortete der am Mittwoch in seinem neuen Ministeramt vorgestellte und vereidigte Liminski:
Ich kann verstehen, dass man beim Schauen dieser Bilder und Hören dieser Töne zu diesem Eindruck kommt. Ich glaube, wichtig ist zu sehen, wie ich mich verhalte und in den letzten Jahren verhalten habe. Das wissen auch meine Freunde und Bekannte, Menschen, die mich kennen, die auch wissen, dass in meinem Freundes- und Familienkreis Homosexualität nichts ist, was tabu ist.
Auf die konkrete Frage, ob er zwischen der Ehe für gleichgeschlechtliche und der für verschiedengeschlechtliche Paare einen Unterschied mache, reagierte der Minister ausweichend:
Ich hab ja bereits in den letzten Jahren schon mehrfach öffentlich erklärt, dass ich vieles von dem, was ich damals gesagt habe, so nicht mehr sagen würde; ganz im Gegenteil, [dass ich] nicht nur Freiheit groß schreibe, dass Menschen ihren Lebenswandel selbst entscheiden, sondern vielmehr noch, dass auch in homosexuellen Partnerschaften Werte gelebt werden, die wichtig sind für den Zusammenhalt in unserem Land.
Ferner erklärte Liminski, dass Vielfalt "ein Gewinn für unsere Gesellschaft" sei. Die Moderatorin bohrte nach: "Wenn jemand denkt: 'Am Ende verbiegt er sich nur, weil er Minister werden will.' Was sagen sie dem?" Liminski antwortete, dass den Austausch mit der queeren Community suche. "Dabei entsteht fast jedes Mal Verständnis füreinander, beziehungsweise auch ein echtes Kennenlernen. Sie wissen selbst, Aussagen von vor 15 oder 20 Jahren, das sind Dinge, die vielleicht auch zu einem falschen Eindruck führen können." Er habe nach einem solchen Austausch immer den Eindruck, "dass eine bleibende Verbindung" da sei.
Twitter / n_liminski | Liminski versuchte in den letzten Monaten auch mit Einträgen in sozialen Netzwerken, sein Image zu korrigierenSeit 2005 findet am 17. Mai der #IDAHOBIT (Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit) statt. Heute einmal mehr: In unserer Gesellschaft darf Diskriminierung keinen Platz haben. Wir müssen daran weiter arbeiten, jeden Tag, im ganzen Jahr. (NL) pic.twitter.com/3ji7B1wn9M
Nathanael Liminski (@n_liminski) May 17, 2022
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Die Äußerungen müssten eingeordnet werden, "wenn es verkürzte Zitate sind", so Liminski weiter in einer möglicherweise verklausulierten Medienschelte. Am Anfang des Interviews hatte er noch erklärt, dass er selbst verkürzt formuliert habe.
Bereits zuvor hatte Liminski versucht, den Medien die Schuld an seinem homophoben Image zu geben. Er hatte behauptet, dass der "Spiegel" ihn falsch zitiert habe. Das Hamburger Nachrichtenmagazin wies aber nach, dass der CDU-Politiker richtig zitiert worden war.
In sozialen Medien zeigten sich viele nach dem WDR-Interview nicht überzeugt. Insbesondere die Aussagen zu verkürzten Zitaten stieß manchen sauer auf. "'Das war verkürzt' heißt nicht 'Das war falsch'. 'Würde ich heute so nicht mehr sagen' heißt nicht 'Sehe ich heute anders'", schrieb etwa ein Twitter-Nutzer.
Twitter / mondschaf23Nathanael Liminski (CDU) sagte einst, Schwule täten ihm leid und der Staat müsse die "natürliche" Form der Ehe fördern.
Sebastian 23 (@mondschaf23) June 30, 2022
Seit gestern ist er Minister. Und sagt als "Entschuldigung", seine Äußerungen damals seien "verkürzt" gewesen.
Was alles ist, aber keine Entschuldigung.
Twitter / lgbeutinWow, auch jetzt keine Bitte um Entschuldigung von #Liminski für seine Äußerungen. Er bedauert es, weil es "verkürzt" gewesen sei. Wie kann "Homophobie", wie kann die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts von Frauen "verkürzt" sein? Wie geht dann die lange Form? https://t.co/l0AqfbnQUb
Lorenz Gösta Beutin ! (@lgbeutin) June 30, 2022
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Twitter / Susanne45217800"Ich würde es SO Heute nicht mehr sagen..."#Liminski
Susanne Kaller (@Susanne45217800) June 30, 2022
Im Klartext:
Ich ticke noch genauso, würde es lediglich nicht mehr öffentlich sagen
Welchen Einfluss hat Liminski auf den WDR?https://t.co/miXgmAe80q https://t.co/GXTDMx5OYi pic.twitter.com/ObyPNNXT2h
Twitter / simbosanDas war verkürzt heißt nicht Das war falsch.
– (@simbosan) June 30, 2022
Würde ich heute so nicht mehr sagen heißt nicht Sehe ich heute anders.
Das ist Rhetorik. Mehr nicht. #Liminski https://t.co/O2ag01A8Wq
Frank Laubenburg, der Bundeschef von Die Linke.queer, ergänzte, Liminski sei wegen seiner und nicht trotz seiner Homophobie nach oben gespült worden: "Liminski sitzt dort, wo er sitzt, weil es der CDU darum ging, reaktionäre Christen einzubinden. Er sitzt da nicht trotz seiner Äußerungen vor 20 Jahren, sondern wegen ihr und hätte ansonsten diese Karriere nicht gemacht." (dk)
Twitter / FrankLaubenburg#Liminski sitzt dort, wo er sitzt, weil es der CDU darum ging, reaktionäre Christen einzubinden. Er sitzt da nicht trotz seiner Äußerungen vor 20 Jahren, sondern wegen ihr und hätte ansonsten diese Karriere nicht gemacht.
Frank Laubenburg (@FrankLaubenburg) June 30, 2022
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Dabei wäre es so einfach gewesen:
"Das, was ich damals als 20-Jähriger gesagt habe, war falsch. Ich distanziere mich vollumfänglich davon. Das hat viele Menschen verletzt. Und deswegen bitte ich um Entschuldigung für diese Aussagen.
Ich weiß, dass ich nur um Verzeihung bitten kann, doch bereue ich mein damaliges Verhalten von ganzem Herzen. Und da ich weiß, dass meinen Worten Taten folgen müssen, hoffe ich, dass ich dies im Laufe der nächsten Jahren damit auch damit belegen kann."