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Comedy
Queere Familiendramen am idyllischen See
In der Amazon-Serie "The Lake" fährt der schwule Justin zusammen mit seiner Tochter Billie, die er einst zur Adoption freigegeben hat, erstmals in den Urlaub. Im Ferienhaus der Familie warten einige Überraschungen.

Justin (Jordan Gavaris) wünscht sich engeren Kontakt zu seiner Tochter Billie (Madison Shamoun), die bei einem Absturz zu Highschool-Zeiten gezeugt und dann zur Adoption freigegeben wurde (Bild: Amazon Prime Video)
3. Juli 2022, 04:07h - 3 Min. Von
Neun Jahre ist es her, dass eine faszinierende und (zumal anfangs) hochspannende Science-Fiction-Thrillerserie aus Kanada für einige Furore sorgte. "Orphan Black" erzählte fünf Staffeln lang von einer jungen Frau, die feststellt, dass sie einer von mehreren zumindest optisch identischen Klonen ist, und daraufhin in eine zusehends abenteuerlich-gefährliche Verschwörung hineingezogen wird. Hauptdarstellerin Tatiana Maslany gelang damit der Durchbruch. Sie erhielt den Emmy Award und jede Menge neuer Rollen, demnächst etwa ist sie die Titelheldin in der neuen Marvel-Serie "She-Hulk".
Doch "Orphan Black" begeisterte auch mit einer tollen queeren Figur – und deren schwulem Darsteller Jordan Gavaris, der bis dahin noch nicht allzu groß in Erscheinung getreten war. Anders als für Maslany ließen die großen Rollen nach dem Ende der Serie für Gavaris ein wenig auf sich warten. Doch das hat nun ein Ende: Seit kurzem ist bei Prime Video die Comedy-Serie "The Lake" zu sehen, und darin steht der 32-Jährige endlich mal im Zentrum.
Amazon-Serie mit schwuler Hauptfigur

Poster zur Serie: "The Lake" ist die erste kanadische Eigenproduktion von Amazon
In der kanadischen Produktion, deren erste Staffel nun acht Folgen umfasst, spielt er Justin, der sich gerade von seinem langjährigen Lebensgefährten getrennt hat und nach langer Abwesenheit in die alte Heimat zurückkehrt, um den Sommer an jenem See zu verbringen, an dem er aufgewachsen ist. Vorübergehend im Schlepptau hat er dabei die jugendliche Billie (Madison Shamoun), die sich ihre Ferien eigentlich anders ausgemalt hatte. Billie ist Justins leibliche Tochter – der Spross eines Absturzes zu Highschool-Zeiten, aufgewachsen bei Adoptiveltern, die stets locker Kontakt gehalten haben zum Erzeuger, mit dem das Mädchen nun erstmals wirklich Zeit allein verbringt.
Während die beiden sich zögerlich annähern und voneinander einigermaßen überfordert sind, steht neben Schwimmen und Paddeln bald noch mehr auf dem Urlaubsprogramm. Denn Justin stellt fest, dass sich im geliebten Anwesen seiner Kindheit ausgerechnet die verhasste Stiefschwester Maisy-May (Julia Stiles) mitsamt ihrem sexy Ehemann (Terry Chen) und den beiden Kindern eingenistet hat. Und so bricht ein Wettstreit zwischen den erbitterten Rival*innen aus, wer das Haus eher verdient und auch sonst die Nase vorn hat.
Die Queerness der Serie macht Freude

Justin und sein Love Interest Riley (Bild: Amazon Prime Video)
Um es gleich vorwegzusagen: Mit der Qualität anderer kanadischer Comedy-Serien der letzten Zeit (sei es "Schitt's Creek" oder "Sort Of") kann "The Lake" nicht mithalten, weder was den Witz noch die emotionale Tiefe angeht. Dafür schwankt die Serie, für die der schwule Showrunner Julian Doucet sich von seinem eigenen Leben inspirieren ließ (er selbst wurde mit 20 Jahren Vater einer Tochter, die er zur Adoption freigab), zu sehr im Tonfall, stets zwischen der etwas angestrengten Albernheit von Spät-Neunziger-Sitcoms und sentimentalem Kitsch. Und die Künstlichkeit, die sich über die Dialoge genauso wie die Bilder legt, wirkt weniger augenzwinkernd-clever als fehlgeleitet und unbeholfen. Zumal die zur Folge hat, dass die Schauspieler*innen sich gar nicht erst mit Nuanciertheit aufhalten.
Spaß scheinen alle Beteiligten trotzdem zu haben, und aller Mängel zum Trotz überträgt er sich immer wieder auch aufs Publikum. Besonders viel Freude macht dabei nicht zuletzt die Queerness der Serie, die nicht allein vor Gavaris' Figur Halt macht. Sein Justin bekommt auch schnell den attraktiven Love Interest Riley an die Seite gestellt (verkörpert von Travis Nelson, der auch schon die Titelrolle in der queeren Serie "I Am Syd Stone" spielte). Und Opal (Declan Whaley), das jüngere von Maisy-Mays Kindern, ist mit erfreulicher Selbstverständlichkeit genderfluid. So ist dann "The Lake" am Ende zwar nichts, was lange nachwirkt, aber als kurzweilige Unterhaltung mit viel sommerlicher Leichtigkeit und Diversität zumindest sehr sympathisch.
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