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Kulturkampf um Trans-Rechte

Berliner Uni sagt Auftritt von transfeindlicher Biologin ab

Die Absage einer Veranstaltung mit Marie Vollbrecht führt zu scharfen Reaktionen – sogar der RBB lässt sich zu einem Beitrag hinreißen, in dem er queeren Aktivismus in die Nähe des Nationalsozialismus rückt.


Die Humboldt-Universität steht in der Mitte eines Kulturkampfes um Trans-Rechte (Bild: Ischias08 / wikipedia)
  • 4. Juli 2022, 11:29h 71 4 Min.

Die kurzfristige Absage eines für Samstagnachmittag geplanten Auftritts der Biologiedoktorandin Marie-Luise Vollbrecht an der Berliner Humboldt-Universität (HU) hat zu teils scharfen Reaktionen geführt. Die HU hatte die Absage mit einer Protestaktion einer Uni-Gruppe begründet, die Vollbrecht wegen ihrer transfeindlichen Haltung kritisierte.

"Es bestand die Gefahr, dass das Fest der Wissenschaften komplett durch den Konflikt um den Vortrag überschattet worden wäre", so HU-Sprecherin Birgit Mangelsdorf gegenüber dem "Tagesspiegel". Das Thema des Vortrags sollte lauten: Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht, Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt."

Zu den Protesten aufgerufen hatte unter anderem der Arbeitskreis kritischer Jurist*­innen an der Humboldt-Universität zu Berlin. Auf Twitter verkündete die Gruppe, man wolle "geschlossen gegen Trans*feindlichkeit" auftreten: "Keine Bühne für die Co-Autorin von Statements einer 'biologischen Realität der Zweigeschlechtlichkeit' und 'woker Trans-Ideologie'. An unserer Uni gibt es keinen Platz für Queer­feindlichkeit. Wir sehen uns auf der Straße!" Nach einer Demonstration mit 100 Teilnehmenden tweetete die der Arbeitskreis: "Wir haben gezeigt: we're here, we're queer, we're feminists, don't mess with us!"

Twitter / akj_berlin
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Der Hintergrund: Vollbrecht gehörte zu den Autor*­innen eines viel kritisierten transfeindlichen Gastbeitrags in der "Welt" (queer.de berichtete). Die Veröffentlichung führte unter anderem dazu, dass der Springer-Verlag von der queeren Jobmesse Sticks & Stones ausgeladen wurde (queer.de berichtete). Auch in sozialen Netzwerken machte sie sich wiederholt über geschlechtliche Minderheiten lustig.

Vollbrecht reagierte auf die Absage mit dem Vorwurf, dass ihre Gegner*innen gewaltbereit und wissenschaftsfeindlich seien: "Das Einknicken vor radikalen gewaltbereiten Aktivisten, die kein Verständnis von Biologie haben, ist verständlich, aber alarmierend", erklärte sie in der "Bild"-Zeitung. Auf Twitter schrieb sie auf Englisch: "Ironischerweise war das Thema [des Auftritts] die Rolle der Wissenschaft im Feld von Fakenews. Schande!"

Twitter / Frollein_VogelV
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RBB mit Fakenews-Bericht

Die Absage führte zu vielen Diskussionen in den (sozialen) Medien. Dabei sorgte der Rundfunk Berlin-Brandenburg für Unverständnis, weil er in seiner Berichterstattung in der "Abendschau" die queerfeindliche Haltung der Biologin völlig ausblendete – und die Demonstrierenden zu Opfern einer Verschwörungstheorie erklärte.

Der Beitrag, der auch mit einem Video von Bücher verbrennenden Nazis versehen wurde, beginnt mit den Worten: "Gestern vor der Humboldt-Universität: Großer Andrang zur langen Nacht der Wissenschaften. Die Idee im Sinne der Humboldt-Brüder. Aufklärung und Wissenschaft als Antwort auf Fakenews und Verschwörungstheorien. Doch statt Dialog gibt es plötzlich Druck. Linke Aktivisten protestieren gegen den geplanten Vortrag einer Biologiedoktorandin." In dem Beitrag wurde behauptet, die Wissenschaftlerin kritisierte in dem "Welt"-Artikel nur die "Gender-Sprache in ARD und ZDF" – in Wirklichkeit ging es in dem mit der Regenbogenfahne bebilderten Beitrag aber darum, dass queere Sichtbarkeit Kinder "sexualisiere".


In der "Abendschau" wurden diese Bilder von Bücherverbrennungen aus der Nazi-Zeit gezeigt, als über die Proteste gegen die transfeindliche Biologin berichtet wurde (Bild: Screenshot RBB)

In rechten Kreisen führte die Absage der Veranstaltung zu queerfeindlichen Verbalattacken und dem Vorwurf der Cancel Culture. Der AfD-Familienpolitiker Martin Reichardt nutzte etwa das Stichwort "Queerer-Extremismus". Die AfD-Abgeordnete Christina Baum, die selbst ein CSD-Verbot fordert, behauptete: "Die freie Wissenschaftsenfaltung wird behindert."


(Bild: Twitter)

Kritik gibt es auch von moderaterer Seite, wenn auch teils sehr polemisch: "Welt"-Journalist Deniz Yücel machte sich etwa über geschlechtliche Minderheiten lustig, als er sich darüber echauffierte, dass "sich jeder Student mithilfe von giftgrünem Nagellack und Fantasiepronomen zur 'non-binären' Person erklären kann".

Twitter / Besser_Deniz
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Bildungsstaatssekretär Jens Brandenburg, der ehemalige queerpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, kritisierte auf Twitter: "Zur Meinungsfreiheit gehört, auch schwer erträglichen Unsinn äußern zu dürfen. Zur Wissenschaftsfreiheit gehört, dass auch längst widerlegte Thesen ihren Raum bekommen. Denn das stärkste Argument siegt in der offenen Debatte. Abgesagte Vorträge füttern nur bequeme Vorurteile."

Twitter / JBrandenburgFDP
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In sozialen Netzwerken widersprachen jedoch viele dem Vorwurf der Zensur. Sie argumentierten, Hetze gegen die bloße Existenz von geschlechtlichen Minderheiten führe zu Gewalt gegen trans und nichtbinäre Menschen. Die trans Journalistin Georgine Kellermann tweetete über die transfeindliche Biologin: "Sie ist halt nicht nur als Wissenschaftlerin unterwegs." (dk)

Twitter / GeorgineKellerm
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#1 Phil80Anonym
  • 04.07.2022, 12:27h
  • Bei aller berechtigten Kritik kann wa nicht sein, dass Vorträge an einer deutschen Uni gecancelt werden.. da gaben sich die Empörte einen Bärendienst erwiesen, da das Unverständnis bei vielen dafür überwiegt
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#2 cho002Anonym
  • 04.07.2022, 12:43h
  • Halte nach wie vor nix von dieser vorpreschenden Cancel Culture. Gesamtgesellschaftlich betrachtet liegt hierin ein enorm großer Anteil an den zunehmend negativen Reaktionen und generellen, kontroverseren Betrachtungen zur queeren Thematik. Dialog und Aufklärung sind und bleiben meines Erachtens das Nonplusultra für eine liberale Gesellschaft.
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#3 SarahSAnonym
  • 04.07.2022, 12:45h
  • Ist das die Genderqueer-Flagge in ihren Twitter-Bild? Was stimmt mit ihr nicht?
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