Deutschland leistet sich bis heute den Luxus, das Blut von schwulen und bisexuellen Männern zu verdammen (Bild: michellegordon2 / pixabay)
Die gesetzliche Krankenkasse IKK Classic hat die Bundesregierung am Mittwoch in einer Pressemitteilung aufgefordert, die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung beim Blutspenden schnell zu beenden. Anlass ist eine Befragung der größten Innungskrankenkasse Deutschlands unter 1.500 schwulen und bisexuellen Männern. Dabei sei herausgekommen, dass 48 Prozent in dieser Gruppe gerne Blut spenden würden. Würde jede dieser Personen nur einmal spenden, ergäbe das bereits mehr als eine Viertelmillion Liter Blut, rechnete die Krankenkasse vor. Dadurch ließe sich der Mangel an Spenderblut von 50.000 Liter pro Jahr schnell beheben.
Hintergrund ist, dass die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hat, Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung auch in diesem Bereich abzuschaffen (queer.de berichtete). Letzten Monat warnte das Deutsche Rote Kreuz zudem vor einem Blut-Notstand in deutschen Kliniken; die Corona-Pandemie, hohe Temperaturen, Ferien und ein hohes Reiseaufkommen sorgten derzeit dafür, dass immer weniger Menschen zur Blutspende gingen.
Zwar sind letztem Herbst die Blutspenderegeln für schwule und bisexuelle Männer gelockert worden. Für sie gilt eine verkürzte Sex-Verbotszeit von vier statt zwölf Monaten, auf die nur bei einem seit längerem monogam lebenden Paar verzichtet wird (queer.de berichtete). Für Hetero-Männer hingegen gelten grundsätzlich lockerere Regeln. Trans Personen werden in den aktualisierten Fragebögen ebenso weiter gesondert erwähnt. Viele queere Menschen verzichten deshalb auf eine Blutspende, weil sie wegen der diskriminierenden Regelungen unangenehme Fragen zu ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität oder gar Beschimpfungen befürchten.
"Wir begrüßen das Vorhaben der Bundesregierung ausdrücklich und hoffen mit allen Menschen, die dringend eine Blutspende benötigen, und mit jenen, die gerne spenden wollen, auf eine schnelle Umsetzung", erklärte Frank Hippler, der Vorstandsvorsitzende der IKK Classic. Grundsätzlich unterstütze die IKK Classic die aktuellen Regelungen, die eine Befragung der Spendebereiten nach dem individuellen Risikoverhalten vorsieht. Es dürfe aber keine Andersbehandlung wegen der sexuellen Identität geben.
Aus diesem Grund habe die Krankenkasse die Initiative "Blut ist Blut" gestartet, die vor allem bei Männern für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen möchte. "Mit unserer Initiative setzen wir ein weiteres Statement gegen Diskriminierung. Sie soll möglichst viele Menschen motivieren, künftig Blut zu spenden – gerade auch jene, die bislang ausgeschlossen wurden", so Hippler.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die IKK Classic zusammen mit dem Rheingold-Institut in einer repräsentativen Umfrage nachgewiesen, dass Vorurteile und Diskriminierung krank machen können (queer.de berichtete). (dk)