Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?42559

Marc Almond

"Du bist offensichtlich schwul, du hast eine Platte von Judy Garland"

Soft-Cell-Sänger Marc Almond feiert am Samstag seinen 65. Geburtstag. Bis Ende der 1980er Jahre verheimlichte er seine Homosexualität – auf Rat seiner Plattenfirma.


Als Teil des Synthpop-Duos Soft Cell wurde Marc Almond in den 80er Jahren mit Hits wie "Tainted Love" und "Torch" berühmt. Neben seiner Solokarriere ist er heute auch wieder mit Soft Cell aktiv. Kurz vor seinem 65. Geburtstag hat das Duo ein neues Album veröffentlicht (Bild: Roundhouse)
  • Von Philip Dethlefs, dpa
    9. Juli 2022, 07:06h 15 5 Min.

Als Teil des Synthpop-Duos Soft Cell wurde Marc Almond in den 80er Jahren mit Hits wie "Tainted Love" und "Torch" berühmt. Neben seiner Solokarriere ist er heute auch wieder mit Soft Cell aktiv. Kurz vor seinem 65. Geburtstag hat das Duo ein neues Album veröffentlicht.

Marc Almond trifft mit leichter Verspätung im Hotel ein, das mitten in Londons Ausgehbezirk Soho liegt. Der britische Sänger kommt direkt aus seiner neuen Wahlheimat Portugal. Vor kurzem ist er in die Küstenstadt Cascais nahe Lissabon gezogen.

"Nach der Pandemie musste ich mal weg von hier, ich fühlte mich so eingesperrt", sagt Almond im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Ich dachte mir, ich muss die Dinge mal für eine Weile von außen betrachten. Ich bin mir sicher, dass ich irgendwann zurückkomme."

"Je älter ich werde, desto mehr gefällt mir das Leben"


Marc Almond bei einem Konzert im Jahr 2010 (Bild: Guido van Nispen / flickr)

Jetzt ist er für ein intimes Konzert nach London gekommen. Der Sänger wird dabei nur von einem Pianisten begleitet. Anlass ist Almonds 65. Geburtstag an diesem Samstag (9.7.). "Ich dachte mir, ich mache mal was Besonderes", erzählt er vergnügt. "Statt mich zu verstecken, wie ich das sonst an meinem Geburtstag mache. Ich stelle mich und mache es zu einem Event. Es ist ja schließlich ein Meilenstein."

Dass er Mitte 60 ist, sieht man dem Popstar, der als Peter Mark Sinclair Almond am 9. Juli 1957 im englischen Badeort Southport geboren wurde, kaum an. Leicht gebräunt, mit schwarz gefärbten Haaren unter einer Baseball-Mütze, sitzt er auf dem Sofa und ist bestens gelaunt. "Um ehrlich zu sein, je älter ich werde, desto mehr gefällt mir das Leben", sagt Almond, der mit Keyboarder und Arrangeur David Ball das Synthpop-Duo Soft Cell bildet. "Mein Leben ist sehr viel klarer. Kreativ lief es noch nie besser. Alles ist in den letzten Jahren irgendwie klarer geworden."

Erstes Studioalbum von Soft Cell seit 20 Jahren

Gerade haben Soft Cell ihr erstes Studioalbum seit 20 Jahren veröffentlicht. "Happiness Not Included" (Amazon-Affiliate-Link ) begeisterte Fans und Kritiker gleichermaßen. Dank der Pandemie hatte Almond viel Zeit, um daran zu schreiben. "Ich wollte kein Album über Lockdown und Covid und sowas machen", betont er. "Aber die Atmosphäre hat mich beeinflusst, dieses merkwürdige abgeschottete Leben, das wir hatten, als wir die Welt da draußen nur durch den Computer gesehen haben."

Eigentlich hatten Soft Cell 2018 schon ihr Abschiedskonzert gegeben. "Ich dachte, das wär's dann", sagt Almond. Doch dann fragte ihn die Plattenfirma nach einem neuen Album. Er lehnte zunächst ab. "Aber Dave wollte das wirklich machen, und ein Teil von mir dachte: Lass mal hören, ob du was Gutes hast, was mir gefällt. Und dann hat er mich mit all diesen Liedern bombardiert, und ich hab sofort Melodien dazu geschrieben." Noch bevor die Platte im Mai veröffentlicht wurde, gingen Soft Cell auch wieder auf Tournee.

"Tainted Love" war der Durchbruchs-Hit

Als Teenager hatte Almond in Southport in Bands gesungen, die vor allem Rockmusik machten. "Wir haben in den örtlichen Diskotheken gespielt – Songs von Deep Purple, Free oder den Doors. Und T.Rex." Dass sich Marc Almond heute nicht mehr mit k, sondern mit c schreibt, liegt daran, dass er als Jugendlicher ein Riesenfan der Glamrocker um Frontmann Marc Bolan war. Eine Karriere als Rocksänger kam ihm nicht in den Sinn. "Ich wusste gar nicht, wie ich das anstellen sollte."

An der Kunsthochschule in Leeds, wo er sich nach eigenen Worten in "Performance Art und Theaterzeug" versuchte, lernte er David Ball kennen. "Dave hatte einen Synthesizer und hat all diese coolen Sounds gemacht", erinnert er sich. "Und ich habe meine Stimme mit all diesen Effekten verzerrt und seltsame robotermäßige Effekte gemacht. Das war in gewisser Weise die Geburt von Soft Cell."

Direktlink | Musikvideo zu "Tainted Love"
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Die Coverversion von Gloria Jones' "Tainted Love" wurde 1981 zum Durchbruch-Hit. In Großbritannien und Deutschland belegten Soft Cell damit Platz 1 der Hitparaden. Nach weiteren Hits wie "Say Hello, Wave Goodbye" oder "Torch" trennte sich das Duo 1984 vorerst.

PR-Team lancierte angebliche Affären mit Frauen

Heute unvorstellbar: Seine Plattenfirma riet Marc Almond seinerzeit, zu verheimlichen, dass er homosexuell ist. "Damals war es so: Wenn du ein schwuler Künstler bist, dann bist du nur für Schwule interessant", erklärt er. Das PR-Team lancierte deshalb in der Presse Geschichten über ihn. "Wenn ich mit einer Frau fotografiert wurde, haben die immer eine Story über eine angebliche Affäre gebracht."

Erst Ende der 80er Jahre war damit Schluss. "Ich glaube, es war 1987, da hat jemand meine Plattensammlung angeschaut und gesagt: 'Du bist offensichtlich schwul, du hast eine Platte von Judy Garland in deiner Sammlung.'" Almond lacht. "Da hab' ich gesagt: "Natürlich, das ist doch wohl ziemlich offensichtlich."" Verheiratet war er nie. In Cascais lebt er nun mit einem Freund, nachdem er die Pandemie-Zeit noch allein in Großbritannien verbracht hatte.

Als Solokünstler hat Almond bis heute mehr als 20 Alben mit sehr unterschiedlichen Stilrichtungen veröffentlicht. Das kommerziell erfolgreichste war "The Stars We Are" von 1988 mit den Singles "Tears Run Rings" und "Something's Gotten Hold Of My Heart". Sein bislang letztes war 2020 "Chaos And A Dancing Star". Auch mit Soft Cell könnte es bald weitergehen. "Wir würden gern noch mehr Konzerte spielen", sagt Marc Almond. "Jetzt, wo die Maschine wieder läuft."

Informationen zu Amazon-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu amazon. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.

#1 80s UnicornAnonym
  • 09.07.2022, 09:12h
  • "Damals war es so: Wenn du ein schwuler Künstler bist, dann bist du nur für Schwule interessant"
    Diese Denke kennt man leider nach wie vor, die hält sich beispielsweise bei Sportfunktionären bis heute. Macht den Unsinn natürlich nicht weniger lächerlich, bzw. traurig.
    Denn, um mal im Musikgeschäft zu bleiben, kannten und hörten damals bekanntlich auch nur wir die Pet Shop Boys, Judas Priest, Elton John, George Michael/Wham, Little Richard, Tracy Chapman, Erasure, Pet Shop Boys, Frankie Goes To Hollywood/Holly Johnson, Dusty Springfield, Bronski Beat/Jimmy Somerville, REM/Michael Stipe die haben bekanntlich nie die Charts dominiert. Und diese unbekannte Gruppe Queen mit diesem, wie hieß er gleich? Ach ja: Mercury, Freddie Mercury, die waren ja echt nur so'n gay Underground-Ding - außerhalb der Szene kannte die echt niemand. Oh wait...

    Hetero-"Logik" - man weiß nie, ob man lachen oder weinen soll. Wobei: Wenn man sieht, wieviel Schaden an Menschen diese Denke auch heute noch verursacht, bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

    Das neue Album von Soft Cell beinhaltet übrigens eine Zusammenarbeit mit den Pet Shop Boys, "Purple Zone". Urpsürnglich sollten die PSB "nur" einen Remix dazu beisteuern, dann haben Neil und Chris aber ein "bisschen" mehr draus gemacht und so kam es dann (endlich!) zur Zusammenarbeit und der gemeinsamen Version:
    youtu.be/cv4QNTg1Mps
  • Antworten »  |  Direktlink »
#2 LothiAnonym
  • 09.07.2022, 10:11h
  • Antwort auf #1 von 80s Unicorn
  • Eine recht interessante Liste an Musiker/innen die Du hier vorlegst. Und bei einigen wenigen könntest Du sogar recht damit haben. Insbesondere die PSB. Aber bei den meisten nicht. Queen hatte wahrlich nicht nur eine schwule Fangemeinde. Elton John hatte zu Beginn seiner Karriere sogar verheimlicht schwul zu sein und dies kam ihm sehr zugute.
    Soft Cell habe ich tatsächlich nur bei schwulen Bekannten zuhause gehört. New Wave war damals sehr angesagt und da gab es Bands die mich vielmehr interessierten.
    Wenn ich damals wie auch heute gestehe niemals ein PSB Fan zu sein, stoße ich bei Freunden auf totales Unverständnis. Dahingehend fand ich immer schon George Michael einfach klasse.
  • Antworten »  |  Direktlink »
#3 80s UnicornAnonym
  • 09.07.2022, 11:40h
  • Antwort auf #2 von Lothi
  • @Lothi:
    Das mit dem "hörten ja nur die Schwulen" war natürlich sarkastisch gemeint. Das Gegenteil war der Fall: All diese Musiker:innen sind queere Personen - ob das "nach außen" gedrungen ist oder bewusst verheimlicht wurde ist im Zusammenhang mit dem Artikel unerheblich, denn hier ging es ja nicht um "draußen", sondern um das, was die bekloppten Produzent:innen und Manager:innen *glaubten*, wie es ankäme, machte man es öffentlich - und dass die genannten Personen und Bands eben über Jahre, teilweise Jahrzehnte weltweit(!) die Charts dominierten und die Pop- und Rockgeschichte prägten, zeigt doch wunderbar, wie bescheuert diese Vorbehalte und Denke sind. Titel wie "Yellow Brick Road", "I'm Still Standing", "Song for Guy", "What Have I Done (To Deserve This)", "A Little Respect"/"Always", "Losing My Religion", die "Bohemian Rhapsody", "It's A Sin", "Rent", "West End Girls", "Domino Dancing", "Go West", "Last Christmas" (pers. Anmerkung: Würgs), "Carless Whisper" (pers. Anmerkung: Schmacht) oder der Soundtrack zum "König der Löwen" sind ja bei Heteros auch nicht "schlechter" geworden, als es bei den damals vllt. noch aus verständlichen Gründen "versteckten" Künstler:innen bekannt wurde.

    Diese Denke, dass nur Schwule Musik von Schwulen hören ist so beknackt, da fällt mir echt nichts zu ein. Dann hätte ja, im Umkehrschluss, auch nie einer von uns vor 2000-2010 Geborenen keinen einzigen Song, oder auch keinen einzigen Film oder eine einzige TV-Serie gucken können, weil "die ja nicht für uns" waren. Stattdessen haben wir natürlich auch "Hetero-Musik" gehört, ebenso wie Filme und Serien geschaut, die nicht für uns oder aus unserer Sichtweise entstanden sind. Stattdessen haben wir uns -im Film-/TV-Bereich das sog. "gespiegelt-empathisches Sehen" angeeignet.
    Umso ekelerregender (und das Wort benutze ich bewusst) ist das, was im Profisport nach wie vor betrieben wird: "Wir haben ja nichts gegen Homosexuelle, aber in eurem eigenen Interesse: Bleibt mal lieber schön unsichtbar, is' nicht gut für die Karriere."
  • Antworten »  |  Direktlink »