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Impfungen gegen Affenpocken starten in Berlin
Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko oder der Gefahr für einen schweren Krankheitsverlauf können sich ab kommender Woche in der Hauptstadt impfen lassen – allerdings stehen nur 8.000 Dosen bereit.

Symbolbild: In Berlin beteiligen sich u.a. 22 HIV-Schwerpunktpraxen an der Impfkampagne; außerdem sollen Impfungen im queeren Checkpoint BLN angeboten werden (Bild: whitesession / pixabay)
- 9. Juli 2022, 13:06h 4 Min.
In der kommenden Woche starten in Berlin die lang erwarteten Impfungen gegen das Affenpocken-Virus. Dazu haben die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin einen Kooperationsvertrag abgeschlossen.
Aufgrund der aktuell geringen Verfügbarkeit des Impfstoffs wird sich das Impfangebot gemäß der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) zunächst prioritär an Menschen mit einem erhöhten Infektionsrisiko oder der Gefahr für einen schweren Krankheitsverlauf richten. Deshalb wird nach Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium und den anderen Bundesländern vorrangig in den HIV-Schwerpunktpraxen geimpft.
Die Impfung ist kostenfrei
In Berlin beteiligen sich 22 Praxen an der Impfkampagne; außerdem sollen Impfungen in der queeren Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit Checkpoint BLN angeboten werden. Auch in den Spezialambulanzen der Charité und der Kliniken für Infektiologie des St. Joseph-Krankenhauses Tempelhof und des Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikums Schöneberg werden Impfungen durchgeführt. Ebenfalls beteiligt ist das Gesundheitsamt Mitte. Die Liste sämtlicher Impfstellen soll Anfang kommender Woche von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä e.V.) veröffentlicht werden.
Die Impfung ist für die zu impfenden Personen kostenfrei. Die Entscheidung für eine Impfung liegt im Ermessen der impfenden Ärzt*innen. "Der Checkpoint BLN wird den Impfstoff Menschen mit erhöhtem Expositions- und Infektionsrisiko anbieten, zum Beispiel Personen, die wir bei der PrEP begleiten oder die hier HIV-Medikamente beziehen und keinen ausreichenden Krankenversicherungsschutz haben", kündigte der psychosoziale Leiter Jacques Kohl an.
Staatssekretär: "Wir wollen den Pride Month sicher feiern"
"Ich freue mich sehr, dass die Impfungen gegen Affenpocken in Berlin jetzt an den Start gehen. Darauf haben viele Menschen sehnlichst gewartet", erklärte Gesundheits-Staatssekretär Thomas Götz (Grüne) am Freitag in einer Pressemitteilung. "Das Virus verbreitet sich durch engen Körperkontakt, die sexuelle Orientierung des Körpers ist ihm dabei völlig egal. Wir wollen den Pride Month sicher feiern, dafür ist es wichtig, sich und andere zu schützen."
Götz appellierte an alle Menschen, bei Auftreten von Symptomen diese unverzüglich ärztlich untersuchen zu lassen und bis zur Abklärung enge körperliche Kontakte zu vermeiden. "Es ist ermutigend, dass die Impfbereitschaft sehr hoch zu sein scheint. Nun brauchen wir schnell ausreichend Impfstoff vom Bund, um so eine hinreichende Anzahl an Impfungen anbieten zu können."

Aufklärungs-Grafik des Berliner Landesamts für Gesundheit und Soziales
Die STIKO empfiehlt die Impfung für Kontaktpersonen von Infizierten (sogenannte Postexpositionsprophylaxe) und für Personen mit einem erhöhten Expositions- und/oder Infektionsrisiko (Indikationsimpfung). Die Postexpositionsprophylaxe zur Verhinderung einer Affenpockeninfektion nach Exposition sollte so früh wie möglich im Zeitraum von bis zu 14 Tagen nach möglicher Ansteckung erfolgen. Die Indikationsimpfung soll eine Affenpockeninfektion bei Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko verhindern und wird unter anderem für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und dabei häufig den Partner wechseln, empfohlen, da diese bisher hauptsächlich von Affenpocken-Infektionen betroffen sind. Die Gesundheitsämter informieren die Betroffenen im Rahmen der Kontaktnachverfolgung darüber, dass sie sich impfen lassen können und weisen auf die Impfpraxen hin.
Anonyme Impf-Hotline eingerichtet
Betroffene und ihre Kontaktpersonen haben außerdem die Möglichkeit, sich im Gesundheitsamt Mitte für einen Impftermin zu melden. Die dazu nutzbare Hotline ist mehrsprachig besetzt und kann auch ohne eigene Krankenversicherung und anonym genutzt werden: Montag bis Freitag von 9 bis 15 Uhr unter (030) 9018-41000. "Weder der Geldbeutel noch die Herkunft eines Menschen oder seine sexuelle Orientierung dürfen über den Zugang zu Gesundheitsschutzmaßnahmen entscheiden", erklärte Gesundheitsstadtrat Christoph Keller (Linke).
Der Bund stellt den Impfstoff Jynneos/Imvanex bereit, der in Europa von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zum Schutz vor Pocken autorisiert ist und nach derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnislage auch vor einer Infektion mit Affenpocken schützt. In Berlin stehen derzeit allerdings nur rund 8.000 Impfdosen zur Verfügung. Im Laufe des dritten Quartals erwartet der Senat weitere Impfdosen vom Bund. Das Bundesgesundheitsministerium hatte kommuniziert, 240.000 Impfdosen bestellt zu haben.
1.490 Fälle in Deutschland, davon 933 in Berlin
Affenpocken (monkeypox, kurz: MPX) sind eine Viruserkrankung, ausgelöst durch das Affenpockenvirus (Monkeypox virus, MPXV). Das Virus ist verwandt mit den klassischen Pockenviren (Variola, Smallpox). Übertragungen von Mensch zu Mensch erfolgen vor allem bei engem Kontakt. Eine Erkrankung mit Affenpocken verläuft meist mild und heilt in der Regel von alleine ab. Es können jedoch auch schwere Verläufe auftreten.
Seit Mitte Mai wird ein internationales Ausbruchsgeschehen beobachtet. Deutschland gehört neben Spanien, Portugal und Großbritannien zu den besonders betroffenen Ländern. Mit Stand 8. Juli 2022 sind 1.490 Affenpockenfälle aus allen 16 Bundesländern an das Robert Koch Institut (RKI) übermittelt worden, davon 933 aus Berlin. Infiziert hat sich bislang nur eine einzige Person, die sich als weiblich definiert. Kinder sind bislang nicht betroffen. (cw/pm)















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