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Russland

Nach Pornografie-Vorwurf: Freispruch für russische LGBTI-Aktivistin

Weil sie weibliche Geschlechtsteile gemalt hatte, sollte Julia Zwetkowa drei Jahre und zwei Monate ins Straflager. Ein Gericht in Komsomolsk am Amur sprach die 29-Jährige überraschend frei.


Julia Zwetkowa, Corpus Delicti (Bild: privat)
  • 15. Juli 2022, 06:13h 3 3 Min.

Die russische Künstlerin Julia Zwetkowa ist nach eigenen Angaben von einem Gericht im Osten des Landes vom Vorwurf der Verbreitung von Pornografie freigesprochen worden. "Ein seit drei Jahren dauernder Prozess ist mit einem Sieg der Verteidigung zu Ende gegangen", teilte die 29-Jährige am Freitag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Zugleich schränkte sie ein: "Es ist klar, dass das noch nicht endgültig ist." Die Staatsanwaltschaft habe zehn Tage Zeit, Berufung gegen das Urteil des Gerichts in Komsomolsk am Amur einzulegen. Die Anklage hatte drei Jahre und zwei Monate Straflager beantragt, weil die Künstlerin und LGBTI-Aktivistin weibliche Geschlechtsteile gemalt hatte.

Zwetkowa, die nach eigenen Angaben schon ihre Tasche für das Gefängnis dabei hatte, zeigte sich auf einem Foto mit ihrem Anwalt in der Großstadt im fernen Osten Russlands. "Ein Super Team", schrieb sie dazu. Weitere Kommentare gebe es nicht, hieß es nach dem unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehaltenen Verfahren.

Telegram / wearejulia | Zwetkowa (r.) mit ihrem Anwalt nach dem Urteil
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Maximal drohten der Feministin in dem von internationalen Menschenrechts­organisationen als Justizwillkür kritisierten Strafverfahren bis zu sechs Jahre Haft. Die bekannte Aktivistin kassiert in Russland seit Jahren Geldstrafen, weil sie etwa gleich­geschlechtliche Paare mit Regenbogen-Motiven malt. Und sie erhält massenhaft Morddrohungen, wie sie der Deutschen Presse-Agentur vor Prozessauftakt sagte.

Mehrfach verurteilt wegen "Homo-Propaganda"

Die eanstandeten Bilder gehören zu einer Sammlung mit dem Titel "Eine Frau ist keine Puppe", die sie in sozialen Netzwerken verbreitet hatte. Viele prominente Russ*innen aus dem Show- und Mediengeschäft, Menschenrechtler*innen und Politiker*innen hatten das Vorgehen der Justiz gegen die Künstlerin verurteilt. Bei Straßenprotesten kam es immer wieder zu gewaltsamen Festnahmen.


Beispielbilder aus der beanstandeten Serie mit Beschriftungen wie "Lebendige Frauen menstruieren", "haben Körperhaare", "haben graue Haare" oder "haben unperfekte Brüste" – immer mit dem Zusatz "und das ist normal". Alle Bilder und weitere Informationen bietet die Webseite freetsvet.net

Ihre Zeichnungen sieht Zwetkowa wie auch viele Kunstexpert*innen, die auf Gemälde großer Meister von nackten Frauen in den Museen der Welt verweisen, nicht als Pornografie. Die Aktivistin aus der Region Chabarowsk ist auch für ihren Einsatz für LGBTI-Rechte landesweit bekannt. Bereits mehrfach strengte der Staat gegen sie Verfahren nach dem Gesetz gegen "Homo-Propaganda" an, das die "Bewerbung nicht-traditioneller sexueller Beziehungen unter Minderjährigen" mit Geldbußen belegt und in der Praxis vor allem zum Verbot von Demonstrationen und zur Zensur und Selbstzensur genutzt wird, aber bislang eher selten zu Anklagen.


Hierfür wurde Tsvetkova zu einem Bußgeld verurteilt: "Familie ist, wo Liebe ist. Unterstütze LGBT+-Familien". Das Bild war eine Reaktion auf panische Medienberichte und Ermittlungen gegen ein schwules Paar, denen Behörden ein Adoptivkind wegnehmen wollten (queer.de berichtete)

Bereits zweimal wurde Tsvetkova nach dem Gesetz zu Geldstrafen verurteilt: Einmal, weil sie in sozialen Netzwerken eine Zeichnung von Regenbogenfamilien geteilt hatte mit der Aufschrift "Familie ist, wo Liebe ist. Unterstütze LGBT+-Familien" (queer.de berichtete). In der vorherigen Verurteilung ging es etwa um geteilte Zeichnungen von Kätzchen in Regenbogenfarben, in einem weiteren Verfahren um weitere Zeichnungen von Regenbogenfamilien.

"Gedroht wird, uns zu erschießen oder zu verbrennen"

Es gebe viel Hass gegen sie und ihre Mutter, hatte sie der dpa einmal gesagt. "Das ist schwer auszuhalten. Gedroht wird, uns zu erschießen oder zu verbrennen." Die Menschenrechtsorganisationen Memorial und Amnesty International haben Julia Zwetkowa offiziell auf die Liste der politisch Verfolgten gesetzt.

Das Verfahren lief seit November 2019. Rund vier Monate hatte sie in Hausarrest verbringen müssen, bevor sie unter der Auflage, die Stadt nicht zu verlassen, aus der Wohnung gehen durfte. Zu Prozessauftakt im vergangenen Jahr hatte Zwetkowa sich auch in Hungerstreik begeben (queer.de berichtete). (cw/dpa)

#1 Kranke ZeitenAnonym
  • 15.07.2022, 09:57h
  • "Die Anklage hatte drei Jahre und zwei Monate Straflager beantragt, weil die Künstlerin und LGBTI-Aktivistin weibliche Geschlechtsteile gemalt hatte."
    Irre. Könnte ich mir durchaus auch als menschenfeindliche Roadmap für die GOP und PVT1N-Freund Ronald McDonald McTrvmplestilzchen vostellen. Was für ekelhafte Zeiten, in der Menschenfeinde weltweit wieder nahezu konsequenzlos Existenzen und Leben von Minderheiten zerstören oder gleich vernichten können.
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#2 ElfolfProfil
#3 Kranke ZeitenAnonym
  • 15.07.2022, 14:43h
  • Antwort auf #2 von Elfolf
  • Selbstverständlich. Verwerflich, nein: Volkszersetzend (das ist doch, glaube ich, das "Fachwort" bei den Menschenfeinden) ist es nur, wenn es von Menschen betrieben wird, die nicht direkt beim morgendlichen Aufstehen auf Menschenrechte defäkieren.
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