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Ab Sonntag auf Starzplay
"Queer as Folk" 2022: Queer-Lärm um Nichts
In der Neuauflage der queeren Kultserie geht es heiß her. Das bleibt jedoch am Ende nur klebriger Konsum-Kitsch mit zeitgenössischem Anstrich. Eine Enttäuschung auf mehreren Ebenen.

Hauptsache ästhetisch, Inhalt egal: Szene aus "Queer as Folk" (Bild: Starzplay)
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30. Juli 2022, 01:57h 4 Min.
Der junge Brodie ist Ende 20 und steuert auf turbulente Zeiten zu. Gerade hat er sein Medizinstudium abgebrochen und kehrt nach New Orleans zurück, wo er die Welt verändert vorfindet. Sein Exfreund Noah hat etwas mit seinem besten Freund am Laufen, und seine beste Freundin Ruthie hadert mit ihrer Rolle als werdende Mutter. Und dann ist da auch noch der viel zu junge Mingus, den er auf einer Party kennenlernt und der von einer Karriere als Dragqueen träumt. Und das ist nicht einmal die Hälfte der Handlungsherde…
1999 von Russell T Davies fürs britische Fernsehen erfunden und kurze Zeit später bereits in Amerika neu verfilmt, ist "Queer as Folk" wahrscheinlich der queere Serienklassiker schlechthin. In der neuen Fassung, die am 31. Juli 2022 beim Streamingdienst Starzplay erscheint, sind nun die Inklusions-Schrauben nochmals angezogen worden. Neben schwulem und lesbischem Leben wird auch die Wirklichkeit von trans Menschen berücksichtigt: Jesse James Keitel, die zuletzt in "Big Sky" zu sehen war verkörpert die lesbische trans Frau Ruthie.

Die Neuauflage ist zumindest diverser geworden: CG als Shar in "Queer as Folk" (Bild: Starzplay)
Und auch Ryan O'Connell, der sich für Schwule und Menschen mit Behinderung einsetzt und in "Ein besonderes Leben" eine bemerkenswerte Figur machte, ist mit an Bord.
Engagement oder Enjoyment
Was "Queer as Folk" in Sachen Inklusivität der Besetzung leistet, wird im nächsten Schritt auf der Handlungsebene direkt wieder zunichtegemacht. Denn was treibt die Figuren der Neuauflage im Kern an? Hauptsächlich geht es um Konsum, Genuss, oberflächliche Selbstdarstellung und Sinneslust. Alle konsumieren – mal berauschende Substanzen, mal die Dinge und Menschen um sie herum. Die eigene Identität hängt von der Kleidung ab, von den Partys, die mindestens tausende Dollar kosten müssen.
Die Serie agiert genauso oberflächlich wie ihre Figuren. Auf den ersten Blick erfüllt "Queer as Folk" diverse Kriterien, die als Pluspunkt gelten sollten. Doch all das stellt sich schnell als hohle Hülle heraus, die dem üblichen amerikanischen Konsumdenken übergestülpt ist, das vollkommen opportunistisch und keineswegs an Veränderung interessiert ist. Dieser Tage müssen an vielen Orten der Welt queere Menschen ganz real um ihr Leben fürchten. In Anbetracht dessen wirkt das glatte, geleckte Party-Ideal queeren Lebens, das die Serie propagiert, erschreckend flach, oberflächlich und eitel.

Die Devise lautet: Hauptsache Spaß haben (Bild: Starzplay)
Eine Exploitation-Serie
Die erste Folge der Neuauflage zeigt zunächst ein Bild des perfekten queer Dreams: trans-lesbische Beziehungen und Mutterschaft, Inklusion über alle Gender und Disabilities hinweg, familiäre Akzeptanz und und und. Dann geschieht ein Anschlag, der an das Massaker von Orlando erinnert und alle Charaktere natürlich vollständig aus der Bahn wirft.
Im Anschluss an den Anschlag werden Fragen der Angemessenheit und Geschmacklosigkeit, der Exploitation derartiger Verbrechen verhandelt. Dabei tappt "Queer as Folk" jedoch selbst in die Falle, und es entsteht das starke Gefühl, dass die Serie ihre Kritik daran, aus Hass und Gewalt Kapital zu schlagen, viel eher auf sich selbst richten sollte. Die von den Figuren formulierte Abneigung gegenüber der Instrumentalisierung queeren Leidens klingt laut in den Ohren, wenn man sich vor Augen führt, dass die Serie nichts anderes tut, wenn sie einen Terroranschlag derart reißerisch inszeniert.
Viel zu glatte Figuren
Erschweren kommt hinzu, dass die Figuren an den entscheidenden Stellen ohne Widersprüche und viel zu glatt sind, alles sich sehr gefällig anfühlt. Es zeigen sich kaum Ambivalenzen, die für identifikationswürdige, interessante Charakterzeichnungen sorgen würden. Die Konflikte beschränken sich darauf, wer wieviel feiern kann.
Unterstrichen wird die fehlende inhaltliche Tiefe von der Oberflächenästhetik, die vom ersten Bild an propagiert wird. Die einzelnen Szenen sind zu sehr choreografiert, zu plump auf Effekt gearbeitet. Wenn an diversen Stellen die Geschichte sich der Musik unterzuordnen scheint und nur erzählt wird, was gut aussieht, bleibt stets ein bitterer Nachgeschmack von Ausgesetztheit und Prätention.
Links zum Thema:
» "Queer as Folk" auf Starzplay
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
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Na, Oberflächlichkeit, Partys, Spaß und Ästhetik waren zumindest in der amerikanischen Version der Ursprungsserie aber doch auch die Hauptpunkte. Da war es halt "Hauptsache ficken, Rest egal".
Ich mein, wieso bin ich damals an der Serie hängengeblieben - weil, Dingens, Brian hieß er, glaube? - einen Typ aus der Konferenz in die Toilette abgeschleppt hat, und ich so dachte: what, so eine Serie darf es geben oO?... und weil ehrlich gesagt der Cast einfach hübsch ausgesehen hat beim Miteinander-Rummachen. Internet und Youporn gab es nicht in der Zugänglichkeit wie heute, und es war schon krass, dass man einfach mal schwules Rumgeknutsche sehen durfte. Als sei das genauso erlaubt wie bei den Heten, bei denen in jedem zweiten Film irgendwelche Leute miteinander in der Kiste landen, selbst wenn das thematisch null Sinn ergibt.
Im Laufe der Zeit kam dann stellenweise zwar schon Tiefe mit rein, auch durch ernste Themen, das beruhte aber alles darauf, dass man die Chars, die jeweils irgendein Stereotyp verkörpert haben, im Laufe der Zeit kannte. Und ich zumindest habe Serien damals auch noch sehr anders geschaut, das lief halt einmal die Woche sehr spät abends und begleitet dich über eine gewisse Zeit. Da war das dann halt gefühlt ein riesiger Schritt, wenn die anfangs homofeindliche Mutter den ü30-Lover ihres Sohnes bittet, sich um den zu kümmern (oder dass sie überhaupt mit ihm redet), weil Sonnenschein nach einem homofeindlichen Überfall traumatisiert ist und niemanden mehr an sich heranlässt. Man lief ja im eigenen Leben auch wochenlang mit dem Bild dieser Mutter herum, die ihr Kind nicht akzeptiert, und dann sowas. Die Wirkung bekommst du in der Weise im eigenen Sehen und Erleben gar nicht mehr hin, wenn die "Auflösung" oder Entwicklung dank Binge-Watching im Grunde im Zeitraffer passiert.
Aber ok, moderne Serien werden ja auch für diese Art des Konsums konzipiert.
Dass die Anschlagsthematik da mit drin ist, wusste ich bislang nicht, finde ich als Thema eher am Anfang jetzt nicht so die beste Idee. Beinahe schon ein bisschen _zu_ ernst.
Also... Tiefgründigkeit hätte ich bei der Serie nicht erwartet, auch wenn es irgendwie schön gewesen wäre. Ich habe mehr Schiss davor, wie man mit dem trans*-Thema umgeht, denn da wär es mir beinahe lieber, wenn sie's weglassen, als wenn sie es verkacken.
Ob das Anschauen mir ein Abo wert ist, überleg ich mir dann noch.