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Terf-Mob bei Twitter

Vollbrecht-Kritikerin flieht vor Bedrohungen

Nach dem Streit um den Uni-Vortrag einer transfeindlichen Aktivistin übt sich diese inzwischen an Relativierung von NS-Verbrechen – und wirft genau das Kritiker*innen vor.


Gegen die Rechte und Existenz von trans Menschen wird immer heftiger angekämpft (Bild: Foreign, Commonwealth & Development Office / flickr)

  • 1. August 2022, 17:43h 38 4 Min.

Wenige Wochen, nachdem konservative bis rechtsradikale Medien und Aktivist*innen sowie transfeindliche Feministinnen eine regelrechte Kampagne gegen die Absage eines Vortrags der offensiv transfeindlichen Aktivistin und Biologiedoktorandin Marie-Luise Vollbrecht an der Berliner Humboldt-Uni als Kampf für "Meinungsfreiheit" und "Wissenschaftsfreiheit" darstellten, hat eine andere Wissenschaftlerin am Sonntagabend berichtet, auf Druck von "Vollbrecht-Trollen" aus ihrer Wohnung geflüchtet zu sein.

Medizinsoziologin Dana Mahr, die sich unter anderem Anfang Juli in einem FR-Interview gegen den Vortrag und transfeindliche Stimmungsmache stellte und auch auf Twitter konstant versucht, gegen entsprechende "menschenfeindliche Netzwerke" und ihre Argumentationen vorzugehen, schrieb in dem Netzwerk, sie sei mit Frau und Kind zu den Eltern aufs Land geflüchtet: "Bei uns wurde mittlerweile auch ein Fenster eingeworfen und etwas ekliges in den Briefkasten gesteckt. Notfallkoffer wurden gepackt, anzeigen gestellt."


In sozialen Netzwerken wurde Mahr zunehmend von einem regelrechten Mob massiv angegangen, dabei wurde die trans Frau konsequent misgendert und ihr wurden niedere Beweggründe unterstellt, statt auf ihre Argumente und Fakten einzugehen. "Ich hätte nie gedacht, dass die #Vollbrecht-Trolle so weit gehen würden, aber hier sind wir. Vielleicht hat die Flucht auf das Land auch etwas gutes", so Mahr. "Das Hass-Handeln der #Terf|s zerstört so viel. Unter anderem meinen Glauben in die Diskursfähigkeit unserer Demokratie. Wie kann ein Bundeministerium wie das [für Bildung und Forschung] Täter*innen schützen, während wir flüchten müssen?"

Wenige Stunden zuvor hatte Mahr, die an der Uni Genf soziale Folgen der Präzisionsmedizin für marginalisierte soziale Gruppen erforscht, geschrieben: "Mein Account wird alle 5 Minuten gemeldet, es kommen viele Hassnachrichten per Mail rein und unser Haus wurde fotographiert mit einer 'wir wissen wo ihr wohnt' Nachricht." Der Mob um Vollbrecht ziehe alle Register des Hasses, so Mahr.

NS-Verfolgung von trans Personen in Frage gestellt

Vollbrecht, deren Tweets derzeit nur von Follower*innen angesehen werden können, hatte Mahr in dem Netzwerk früher unter anderem bereits als "pissigen Soziologen" bezeichnet. In den letzten Tagen war die Situation weiter eskaliert, nachdem Vollbrecht und einige Mitstreiterinnen in Frage stellten, dass trans Personen von Nationalsozialisten verfolgt wurden. Mahr hatte mit Argumenten und entsetzten Kommentaren dagegengehalten – und wurde von Vollbrecht und Anhängerinnen deswegen ernsthaft als Holocaust-Relativiererin und Antisemitin dargestellt. Zu einem entsprechenden Tweet schrieb Vollbrecht sogar, das sei geeignet, einen Wechsel Mahrs an die Humboldt-Universität zu verhindern.


"Ich finde es nicht dumm zu fragen, wer schwul war kam ins KZ aber wer transsexuell war konnte anscheinend einen Transvestitenschein beantragen", hatte Vollbrecht unter anderem bei Twitter geschrieben. Auf Kritik, "Du willst hier wirklich etablieren, dass Trans Personen 'eine Wahl hatten', ob sie verfolgt wurden oder nicht?", antwortete Vollbrecht: "Du willst ernsthaft Juden mit Transpersonen gleichstellen. Hackt es?" An anderer Stelle schrieb sie "Was konnten Juden tun der Vernichtung zu entgehen? Und was konnten Transsexuelle tun." Zur Aussage, trans Personen seien sterilisiert worden, weil man sie als "entartet" angesehen habe, forderte sie Belege. Auf den menschenfeindlichen Tweet "Als Frau verkleidete Männer einfach die neuen Juden" schrieb Vollbrecht: "Es ist erschütternd". Eine Mitstreiterin schrieb: "Diese Relativierung der Shoah durch durchgeknalle Transaktivisten ist unfassbar".

Twitter / Volker_Beck

Zwischendurch postete Vollbrecht auch einen "Spiegel"-Artikel mit dem Hinweis "Fotosammlung: Wehrmachtssoldaten in Frauenkleidern" ohne ordentliche Einordnung. Eine geschichtliche Einordung der Verfolgung von trans Personen versuchte unter anderem Mahr in einem Thread und vielen weiteren Einträgen in ihrem Twitter-Profil, wo sie auch von der transfeindlichen Debatte entsetzte Threads von Rabbiner*innen teilte. Eine weitere Übersicht twitterte unter anderem auch TransMedienWatch.

Der Zuspruch zu Vollbrecht hält derweil weiter an. "Warum springen alle so beherzt auf die Causa #Vollbrecht auf? Weil hier ein Exempel statuiert wird", heißt es etwa in einem viel geteilten Twitter-Beitrag vom Montagmorgen. "Die 'rechtsextreme TERF' wird medienwirksam vor aller Augen verbrannt, damit in Zukunft für Medien/Politik/Bildungswesen klar ist, was nicht mehr gesagt werden darf. Hier wird vor allem für junge Frauen ein Drohszenario aufgebaut."

Während eine Vollbrecht-Mitstreiterin per "Belegen" wie Google Maps am Nachmittag nachweisen wollte, dass Mahr nicht zu ihren Eltern haben fliehen können und "wieder gelogen" habe, warb "Welt"-Kolumnist Don Alphonso am Montagnachmittag noch einmal für Spenden für Vollbrecht, mit denen sie sich juristisch gegen Kritiker*innen zur Wehr setzen will (queer.de berichtete). Die angeblich "bemerkenswerte Spendenbereitschaft" erkläre er sich dadurch, dass vielen klar sei, "dass sie morgen als nächste vom Mob bis zur Existenzvernichtung bekämpft werden könnten." (nb)

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#1 PrideProfil
  • 01.08.2022, 18:16h...
  • Zwei FDP-Bundesminister*innen, die für Forschung und Justiz, taten sich hervor für Vollbrechts Vortrag. Was da auch so losgetreten wurde, liegt auch in deren Verantwortung, dem entgegen zu treten. Wo bleibt das Vorgehen der Staatsinstitutionen gegen Hass und Bedrohung gegenüber insbesondere trans Menschen?
  • Direktlink »
#3 Ith_Anonym
  • 01.08.2022, 18:42h
  • Danke fürs Berichten. Es ist einfach nicht zu ertragen momentan.
  • Direktlink »

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