In der SPD gibt es bundesweit heftige Kritik, weil der umstrittene Schlager-Hit "Layla" auf dem SPD-Umzugswagen auf dem CSD Stuttgart angespielt wurde. "Stellt euch vor, es ist CSD und irgendwelchen alten Männer der SPDqueer machen erstmal ein unfassbar frauenverachtendes Lied an", kritisierte ein Juso aus Nordrhein-Westfalen auf Twitter. Der Videoclip, den er von der Szene postete, wurde bereits mehr als 57.000 Mal angeschaut.
Auf dem Video vom Wochenende ist auch der baden-württembergische SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch zu sehen, wie er auf dem CSD-Truck zu dem Lied fröhlich mit dem Kopf wippt. Er habe das Lied nicht so im Blut, dass er es bereits nach drei Takten erkenne, erklärte Stoch der Deutschen Presse-Agentur. Er habe kurz mitgewippt, aber zehn Sekunden nach der ersten Textzeile sei das Lied ausgemacht worden.
"Lehnen jede Art sexistischer oder misogyner Musik ab"
Organisiert hatte den Wagen die SPDqueer Stuttgart. "Wir haben uns umgehend mit den Genoss*innen in Stuttgart in Verbindung gesetzt, um den Vorfall aufzuarbeiten", schrieb der SPDqueer-Bundesverband auf Twitter. "Das Abspielen des Liedes wurde nach unseren Infos sehr schnell unterbunden. Wir distanzieren uns ausdrücklich vom Abspielen dieses Songs auf einem CSD-Wagen der SPDqueer und lehnen jede Art sexistischer oder misogyner Musik ab."
Der Mitgröl-Song über eine "Puffmutter", die "schöner, jünger, geiler" sei, steht seit Wochen wegen seiner Frauenfeindlichkeit in der Kritik. "Das geht gar nicht, dass sie so ein sexistisches Lied spielen", sagte Christian Gaus, der Vorsitzende von SPDqueer Baden-Württemberg, der dpa. Wie es dazu gekommen sei, wisse er nicht.
"Wir vom Orga-Team waren völlig überrascht"
Auf Facebook entschuldigte sich der SPDqueer-Landesverband für das Anspielen des Liedes. "Von den Mitfahrer*innen auf dem Truck kam gleich Protest und das Lied wurde abgebrochen", heißt es in einem Post zum CSD Stuttgart. "Uns ist klar: über Musikgeschmack kann man streiten, über Sexismus nicht. Das Lied hat daher bei uns keinen Platz."
Die Vorsitzende der SPDqueer Stuttgart Anja Dargatz kündigte Gespräche mit dem DJ an. "Wir vom Orga-Team waren völlig überrascht", sagte sie gegenüber den "Stuttgarter Nachrichten". Der DJ habe bereits zuvor ehrenamtlich für die SPD Stuttgart aufgelegt. Denkbar sei auch, dass jemand ein Handy angeschlossen habe, so Dargatz. "Wenn es aus dem Vorfall intern etwas zu lernen gibt, dann machen wir das."
"Bild" macht Stimmung gegen SPD und "'Woke'-Quatsch"
Die "Bild"-Zeitung nutzte den Vorfall, um mit queerfeindlichen Untertönen Stimmung gegen die SPD zu machen, die "jedem 'Gender'- und 'Woke'-Quatsch auf den Leim" gehe. Als Kronzeugen holte das Boulevardblatt zwei alte Genossen aus der Versenkung zurück. "Die Verzwergung hat schon stattgefunden, es geht zu Ende mit der SPD", zitierte es den früheren Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky. "Wie kaputt ist dieser verquere Haufen, wenn er sich über Schlagertexte aufregt statt über die akuten Krisen dieser Tage?"
Münchens Ex-Oberbürgermeister Christian Ude, ebenfalls 74 Jahre alt, bezeichnete die Kritik an "Layla" gegenüber "Bild" als "lächerlich" und wunderte sich, dass die queeren Genoss*innen "keine anderen Probleme haben". In einem ergänzenden Kommentar schreibt das Blatt über die SPD: "Die Partei ist mittlerweile gegen so vieles, dass man gar nicht mehr weiß, wofür sie ist. Jedenfalls nicht für die normalen Menschen, die einst ihre Wähler waren…" (mize/dpa)