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Nach Anstieg der Fälle in Bayern
Münchner Fachstelle startet Kampagne gegen queerfeindliche Gewalt
Queere Menschen erleben in Bayern tagtäglich Gewalt, gleichzeitig weigert sich die Landesregierung, mit einem Aktionsplan dagegen vorzugehen. Eine Plakatkampagne soll die Öffentlichkeit nun wachrütteln.
- 10. August 2022, 10:49h 3 Min.
Die Münchner Fachstelle Strong! im queeren Kommunikations- und Kulturzentrum Sub will mit einer Plakatkampagne auf LGBTI-feindliche Gewalt aufmerksam machen. Die Motive richten sich an Betroffene, sollen aber auch andere für das Thema sensibilisieren. Verschickt wurden sie unter anderem an Schulen, Beratungsstellen und soziale Einrichtungen.

Derartige Plakate wurden unter anderem an Schulen, Beratungsstellen und soziale Einrichtungen verschickt (Bild: Sub)
Auf den Plakaten werden etwa Sprüche aufgeführt, mit denen Queerfeindlichkeit verharmlost wird ("War doch nur ein Witz. Jetzt hab' dich nicht so!"). Daneben gibt es es auch zum Beispiel noch ein Plakat zu Regenbogenfamilien ("Wer ist denn überhaupt deine richtige Mutter?") und zum Coming-out ("Stress daheim seit deinem Coming-out?").
Gewalt an queeren Menschen nimmt zu
"Wir wollen mit den Plakaten in Behörden, Schulen, Beratungsstellen, sozialen Einrichtungen, aber auch im Netz Betroffene erreichen, wenn sie Hilfe, Beratung und Unterstützung brauchen", sagt der Pädagoge Michael Plaß, der die Fachstelle Strong! mit seiner Kollegin Bettina Glöggler in Münchens SUB leitet. Es gehe aber auch darum, Menschen für das Thema zu sensibilisieren, die potenziell jeden Tag mit queeren Menschen zu tun haben.
Strong! weist darauf hin, dass die Zahlen der Übergriffe auf die genannte Personengruppe in Bayern seit Jahren steigen würden. Dies zeige der Jahresbericht 2021 der Fachstelle Strong!, der im Februar diesen Jahres veröffentlicht wurde (queer.de berichtete). Ein Teil des Anstiegs liege wohl daran, dass sich mehr Leute trauten, derartige Übergriffe zu melden. Die Statistik beweise aber, dass Handlungsbedarf bestehe.

Ein weiteres Motiv der Strong!-Kampagne (Bild: Sub)
Die Fachstelle Strong! appelliert an die Betroffenen, bei Diskriminierung und Gewalt Unterstützung zu holen. Über das bayernweite Hilfetelefon steht die Fachstelle beratend zur Seite. "Manchmal hilft es Betroffenen, den Vorfall einfach zu schildern, um sich bewusst zu machen, dass sie nichts falsch gemacht haben. Andere möchten Unterstützung bei einer polizeilichen Anzeige oder Informationen, wo sie weitere therapeutische oder juristische Hilfe in ihrer Wohnnähe bekommen können", so Glöggler.
Alle Anfragen würden vertraulich und individuell behandelt und orientierten sich an den Bedürfnissen der Anrufenden. Auch Bezugspersonen und andere Fachstellen könnten das Angebot wahrnehmen. Glöggler: "Schulen suchen zum Beispiel immer häufiger Beratung, wie sie trans* Schüler*innen gut unterstützen und ein diskriminierungsarmes Umfeld fördern können."
Sub fordert Aktionsplan
Strong! und Sub haben daher ihre langjährige Forderung nach einen Aktionsplan gegen Homo- und Trans*-Feindlichkeit erneuert. Dieser wurde bereits in allen 15 Bundesländern außerhalb Bayerns eingeführt – bis heute weigert sich jedoch die Söder-Regierung, einen derartigen Plan anzuschieben. In der Vergangenheit hatte die Regierung in München schlicht behauptet, dass es im Freistaat "keine Notwendigkeit" für einen derartigen Plan gebe, da man "bereits auf allen fachlichen Ebenen Homophobie" entgegenwirke (queer.de berichtete).
Immerhin fördert die Staatsregierung kleinere Projekte, zuletzt etwa das queere Regenbogenbüro Unterfranken (queer.de berichtete). Gleichzeitig macht die Regierung aus CSU und Freien Wählern Stimmung gegen queere Menschen: Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) warnte etwa kürzlich vor einer "Trans-Mode" (queer.de berichtete). (dk)

Hoffnung machen ist ja schön und gut, von wegen "sich als selbstwirksam erleben", sich auf die Schulter klopfen, weil man "etwas getan" hat und so. Falsche Hoffnungen zu machen und auf dem Weg ein Mehrfaches an Gewalt und Ungerechtigkeit zu erleben, als wenn man sich von vornherein nicht mehr als Reden versprochen hätte, kann am Ende aber zerstörerischer sein als die realistische Info, dass es Gerechtigkeit für Opfer von Queerfeindlichkeit in Deutschland nunmal nicht gibt.
Ich fürchte, diese Plakate versprechen mehr, als sie halten können.