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Nach Pride-Demo

CSD Jena: Im Bündnis mit Homohassern?

In Jena ist ein Konflikt um die Aufnahme der FDP ins lokale CSD-Bündnis eskaliert – wegen der Politik der Partei und einem Polizeieinsatz auf der Demo, aber auch, weil ein "liberaler" Pfarrer gegen Queers hetzte.


FDP-Stadtrat und Pfarrer Stefan Beyer bei einer Predigt in seiner Gemeinde (Bild: Youtube / Evangeliumsgemeinde Jena)

In Jena ist ein Konflikt um die Zusammenarbeit des CSD-Bündnisses mit der lokalen FDP ausgebrochen. Während der CSD-Parade kam es zu einem kurzen Handgemenge um ein Mikrofon. Die CSD-Organisator*­innen riefen die Polizei – die aber wohl keinen Anlass sah, eine Maßnahme einzuleiten.

Doch die FDP steht nicht nur wegen eines Sparkurses bei öffentlichen Ausgaben in der Kritik. Ihr Stadtrat Stefan Beyer ist auch als evangelikaler Pfarrer tätig. In seiner Fundi-Gemeinde stachelte er zu Hass gegen Homo­sexuelle auf.

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Buntes Image, Sparkurs beim Sozialen

Seit Monaten schon schwelt ein Konflikt um den CSD in Jena. Dem CSD-Bündnis, das etwa 4.500 Teilnehmer*innen in die Thüringische Großstadt mobilisieren konnte, gehört seit diesem Jahr auch die örtliche FDP an. Doch bei der Aufnahme der Partei, so monieren Kritiker*innen, seien demokratische Prinzipien verletzt worden. Ein Veto sei übergangen, die das Veto erhebende Person letztlich aus dem Bündnis gedrängt worden. Der FDP, die unter anderem den Oberbürgermeister stellt, wird eine Kürzungs- und Verdrängungspolitik gegenüber soziokulturellen Akteur*innen, sozialen Zuwendungen und Vereinszuschüssen vorgeworfen.

Die Trans*solidarische Vernetzung Jena, die nicht Teil des CSD-Bündnisses ist, hatte Tage vor der Eskalation auf der Demonstration unter anderem darauf hingewiesen, dass von den Kürzungen der FDP nicht zuletzt "auch viele Unterstützer*innen des CSD Jenas betroffen gewesen" wären. Kämpfe um "soziale Ungleichheit, Verteilung von Unterstützungen und Lasten, Gleichstellung und Unterstützung für strukturell Benachteiligte" könnten jedoch "nicht isoliert von den Kämpfen der queeren Community betrachtet werden", so die Vernetzung. Die FDP nutze die Mitgliedschaft im Bündnis dennoch aus, "um sich als Queer-Partei zu profilieren". Auch wegen solcher Kritik an der Politik der FDP hatte das Jenaer Café Wagner schon geschlossene Nutzungsverträge mit dem CSD-Bündnis wieder aufgekündigt. Das hatte im Café ursprünglich, wie in den Vorjahren auch, drei Veranstaltungen des CSD-Rahmenprogramms durchführen wollen.

Kampf um Mikrofon

Schließlich entlud sich der Konflikt am Tag des Jenaer Christopher Street Day selbst, dem 30. Juli. Ein Mitglied der "Trans*solidarischen Vernetzung Jena" soll versucht haben, am Mikrofon des Bündnis-Lautsprecherwagens das Wort zu ergreifen. Bündnismitglieder und Ordner*innen sollen dies nach den ersten Worten der Rede verhindert haben. Sowohl das Bündnis als auch die Vernetzung werfen sich gegenseitig vor, das Mikrofon zu ihrem Zweck entwendet und ein Gerangel provoziert zu haben. Mitglieder des CSD-Bündnisses zogen die Polizei hinzu, die jedoch keinen Anlass zum Einschreiten gesehen habe. Das habe die CSD-Organisator*innen jedoch nicht gehindert, die am Vorfall beteiligte Person vom Mikrofon aus als "gewaltvoll" zu bezeichnen.

In unmittelbarer Reaktion auf den Vorfall verließ ein weiterer Lautsprecherwagen, der der linken Jenaer Jungen Gemeinde, die Veranstaltung. In einer Stellungnahme wird der Umgang des Bündnisses mit dem Vorfall am Mikrofon kritisiert. Die Polizei sei unter dem falschen Vorwand gerufen worden, dass es einen tätlichen Angriff" gegen habe. Dies sei jedoch auch aufgrund der vielen anwesenden Ordner*innen unnötig gewesen. Den Vorfall selbst stellt die JG so dar: "Zwei Menschen zerrten an einem Mikrofron, keine Person wurde darüber hinaus handgreiflich, verletzt wurde niemand." Die Polizei sei genutzt worden, "um Kritik anderer queerer Menschen zu verhindern". Einen "Akt der Entsolidarisierung" nennt das die Junge Gemeinde. Selbst der herbeigerufene Polizist habe mit dem Kommentar, er könne "nicht einfach Leute abführen", keinen Anlass zu einer Maßnahme oder auch nur zur Aufnahme von Personalien gesehen.

Eine Presseanfrage zu dem Vorfall und den erhobenen Vorwürfen vom Dienstag wurde vom Jenaer CSD-Bündnis nicht beantwortet.

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"Anbetung eines falschen Gottes"

Die "Ostthüringische Zeitung" griff den Konflikt um das Mikrofon noch am Abend des CSD oberflächlich auf. Und: Auch über eine von der Trans-Vernetzung schon vor dem Tag des CSD veröffentlichte Kritik am FDP-Stadtrat Stefan Beyer berichtete das Blatt. Der ist leitender Pastor der Evangeliumsgemeinde Jena. Dort predigt er unter anderen, wie die Trans-Vernetzung anhand online verfügbarer Mitschnitte aufweist, gegen Lesben, Schwule, Bi- und Pansexuelle.

"Gelebte Homosexualität" sei demnach (ab 12:30) "das Kennzeichen einer Gesellschaft, die sich vollkommen von Gott losgesagt hat". Das sei keine geringfügige Sünde, sondern, "laut Bibel", "gerade oft der Gipfel von einer Gesellschaft, die ohne Gott lebt". Außerdem (13:25) bezeichnete Beyer in der Predigt gelebte Homosexualität, also gleichgeschlechtlichen Sex und Beziehungen, als "höchste Auflehnung gegen den Schöpfer"," "Anbetung eines falschen Gottes", als "widernatürlich" und als etwas, mit dem man sich "gegen seine Schöpfungsordnung stellt".

Die fraglichen Äußerungen aber nannte die Ostthüringische Zeitung in ihrer Berichterstattung nicht. Dafür durfte Beyer sich im selben Text gegen die Vorwürfe verteidigen. In dessen Gemeinde werde "das Thema Homosexualität 'sehr bibelnah' betrachtet" und "das traditionelle Familienbild besonders hochgehalten". Dazu gehöre jedoch auch, so die Zeitung Beyer zitierend, "die Haltung, dass 'jeder leben kann, wie er will'". Eine Äußerung, die kaum mit der Hetze aus den evangelikalen Predigten zu vereinbaren ist.

Doch Beyers Feindschaft gegenüber Homosexuellen ist nicht das einzige Problem an dem FDP-Stadtrat. Der habe sich, wie die Trans*solidarischen Vernetzung weiter ausführt, außerdem noch an verschwörungsideologischen Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen beteiligt. Die seien in Jena teilweise von Beyers Frau Antje mitorganisiert und sogar angemeldet worden. Auch habe er zusammen mit einem AfD-Politiker bei einer Veranstaltung der Jenaischen Burschenschaft Germania gesprochen. Der Burschenschaft werden enge Verflechtungen mit dem Höcke-Flügel der AfD sowie zu Neonazis und anderen Rechtsradikalen nachgesagt werden. Sie ist pflichtschlagend, was bedeutet, dass Mitglieder Fechtkämpfe mit scharfen Waffen austragen müssen.

Die Thüringer FDP hatte im Jahr 2020 mit Unterstützung von CDU und AfD die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum kurzzeitigen Ministerpräsidenten eingefädelt und damit die Thüringer Regierungskrise ausgelöst. Nach dem CSD wurde ein 21-jähriger von zwei Unbekannten beleidigt und bedroht (queer.de berichtete).

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#1 YomenAnonym
  • 11.08.2022, 12:34h
  • Wenn Eskalation zum Mittel der Wahl wird, läuft etwas gehörig schief! Jede Rechtfertigung von Eskalation beginnt immer so: Aber die anderen...
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#2 Pride
  • 11.08.2022, 13:14h...
  • Eine Partei hat in einem queeren Bündnis wie eben dem einer CSD-Organisation in aller Widersprüchlichkeit gerade zu stonewall überhaupt nichts zu suchen. Und Queerfeindlichkeit ist der Widerspruch in sich. Die FDP hat da auch als unglaubwürdige Unterstützerin oder Teilnehmerin an der Demo nichts zu suchen.
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#3 AnnaAnonym
  • 11.08.2022, 13:43h
  • Ja da sieht man wieder, wie weit es gekommen ist mit dem CSD. Da gibt es Bündnisse mit Evangelikalen in Jena, in Berlin und anderen Großstädten gibt's Wagen vom queerfeindlichen Springer Verlag und anderen queerfeindlichen Unternehmen und die Paraden und Organisator*innen sind alle pro Cop.

    Alles sinnbildlich für einstige Demos für Rechte von LGBTIQA+, die zumindest in Deutschland komplett ihre Wurzeln verloren haben und sich stetig obsoleter machen, ohne das dafür Queerfeinde viel tun müssen.

    Ansonsten stimme ich Kommentar #2 zu, zumal die Thüringer FDP sich ganz offen mit der AFD verbündet hatte, damit diese einen Ministerpräsidenten aufstellen.
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