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Interview
Wie finde ich die Liebe meines Lebens?
"A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht" heißt es ein neues Buch von Guido F. Gebauer. Im Interview verrät der Diplom-Psychologe, wie man seine Chancen beim Dating verbessern kann.

mizunokozuki / pexels) Symboldbild: Ein glückliches schwules Paar läuft händchenhaltend durch die Stadt (Bild:
- 4. September 2022, 05:27h 15 Min.
Bei der Online-Partnersuche gibt es keine Erfolgsgarantie. Die Aussichten auf Erfolg können aber durch Wissen, eine ehrliche Reflektion der eigenen Wünsche, Geduld, die Auswahl der richtigen Plattform und eine zielführende Kommunikations-Strategie erheblich verbessert werden.
Genau mit diesen Themen setzt sich Guido F. Gebauer in seinem neuen Buch "A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht" auseinander. Wir haben uns mit dem Diplom-Psychologen und Mitgründer der psychologischen Dating-Plattform Gleichklang.de über seinen im edigo Verlag erschienenen Ratgeber und die Psychologie von Partnersuche und Beziehung unterhalten.

Guido F. Gebauer (Bild: privat)
Es gibt ja das Sprichwort "Auf jeden Topf passt ein Deckel". Stimmt das wirklich bei der Partner*innensuche?
Im menschlichen Verhalten und Erleben haben wir eine riesige Vielgestaltigkeit. Im Ergebnis gibt es jede Besonderheit Menschen, die genau diese mögen. Auch ist der Anteil der lebenslangen Singles nach wie vor gering. Die große Mehrheit der Menschen mit all ihren unterschiedlichen Merkmalen findet also irgendwann Partnerschaft. Insofern ist der Spruch durchaus richtig.
Allerdings gibt es bei der Partnersuche oft ein Problem mit dem Topf, der sich selbst falsch einschätzt und dadurch einen unpassenden Deckel findet. Diesem Teil der Gleichung widme ich deshalb ein Drittel meines Buches. Studien zeigen nämlich, dass Menschen dazu neigen, immer wieder ähnliche Menschen und Beziehungstypen zu suchen, selbst wenn sie mit diesen unglücklich werden. Auf diese Weise können instabile, unglückliche oder gar toxische Beziehungen entstehen.
Um einen Menschen für eine tatsächlich glückliche und auch dauerhaft tragfähige Beziehung zu suchen, ist es wichtig, sich selbst genau zu kennen und darauf zu achten, ungünstige Muster nicht zu wiederholen. Erst diese Selbstkenntnis macht es uns möglich, bei der Partnersuche zwischen wichtigen und unwichtigen Merkmalen zu unterscheiden und so zu einer guten Wahl zu gelangen.
Ich kenne Menschen, die sind seit über 20 Jahren unfreiwillig Single. Was sagst du denen?
Ich würde ihnen empfehlen, einmal den von mir entwickelten Test "Warum bin ich Single" zu machen, den ich auf der Grundlage der Angaben von 1.433 Singles entwickelt habe. Der Test unterscheidet zwischen elf möglichen Ursachen für das Single-Dasein, die ein breites Spektrum abdecken: Manche Singles sind so zufrieden mit ihrem Single-Leben, dass die Bereitschaft für Initiative und Veränderung sinkt, die aber für eine Beziehung notwendig ist. Unabhängig von der Zufriedenheit, gibt es Singles, die einfach andere Prioritäten haben und in ihrem Alltag der Partnersuche keinen Raum einräumen.
Häufig kommt es zudem vor, dass Partnersuchende sehr hohe Ansprüche in Randmerkmalen haben, die eigentlich für eine dauerhaft glückliche Beziehung gar nicht so wesentlich sind. Dies sind Merkmale, wie Körpergröße, Einkommen oder Wohnort. Studien zeigen, dass die Körpergröße von Partner*innen keinen dauerhaften Einfluss auf das Beziehungsglück ausübt. Ebenfalls belegen Studien, dass Fernbeziehungen entgegen dem häufigen Vorurteil genau so glücklich werden wie Beziehungen im Nahraum. Wer sein Augenmerk zu sehr auf Randmerkmale legt, wird oft nicht fündig oder findet die falsche Person. Außerdem gibt es eine Gruppe von Partnersuchenden, die unter Hemmungen oder Selbstzweifeln leiden. Hier können Kommunikations- oder Flirtkurse helfen.
Selbstzweifel können auch mit sexuellen Schwierigkeiten zusammen hängen. Ein spielerischer Umgang mit Sexualität ohne Leistungsdruck ist entscheidend. Hilfreich sind offene Gespräche über Sexualität und gegebenenfalls bei Männern die Einnahme von Medikamenten zur Verbesserung der Erektion.
Eine weitere Gruppe von Singles schildert, dass sich Behinderungen, gesundheitliche Probleme oder auch wirtschaftliche Schwierigkeiten als Barrieren auswirkten. Tatsächlich können Menschen aber unter allen Bedingungen Partnerschaft finden und tun dies auch. Wichtig ist der klare, selbstsichere und transparente Umgang mit der Situation. Wiederum andere sind in ihren negativen Vorerfahrungen mit Beziehungen gefangen und werden daher nicht aktiv oder blocken ab, wenn es ernst wird. Diese Personen können davon profitieren, sich ihre alten Muster bewusst zu machen und neue Strategien einzuüben.
Manche Menschen sagen, dass sie sich nicht verlieben könnten...
Hinter dieser Aussage steht ein zu einseitiges Liebes-Modell aus der Teenager-Zeit. Psychologische Untersuchungen belegen, dass es unterschiedliche Formen der Liebe gibt. Liebe muss nicht mit Verliebtheit beginnen. Gerade im mittleren und höheren steht am Anfang oft eine Sympathie, die sich schrittweise zu immer mehr Vertrautheit und Liebe vertieft. Wer dies nicht annehmen kann oder möchte, verpasst Chancen. Andere Partnersuchende bleiben passiv, weil sie glauben, allein der Zufall oder das Schicksal entscheide. Dadurch aber nutzen sie bestehende Möglichkeiten einer systematischen Partnersuche nicht oder geben diese zu schnell auf.
Außerdem gibt es Partnersuchende, für die das polygame Ausleben ihrer Sexualität sehr wichtig ist und die sich bewusst oder unbewusst vor den Begrenzungen einer Beziehung fürchten. Mittlerweile haben wir eine sehr einheitliche Studienlage, die aufzeigt, dass offene Beziehungen und polyamore Beziehungen glücklich und stabil werden können, wenn die Partner*innen transparent miteinander umgehen. Aufgrund des gesellschaftlichen Drucks zur Monogamie machen sich einige Partnersuchende diese Möglichkeiten nicht bewusst und blocken eine Beziehung ab, weil sie an die Einschränkungen der Monogamie denken.
Schließlich haben viele Partnersuchende ungünstige Haltungen zur Online-Partnersuche, die ihre Erfolgsaussichten vermindern. Unsere Auswertungen zeigen, dass Partnersuchende, denen es vor allem um eine möglichst große Auswahl bei ihrer Partnersuche geht, oft scheitern. Die Markt-Metapher begünstigt das Entstehen einer Konsumhaltung, bei der immer wieder die Hoffnung auf einen noch besseren Vorschlag entsteht, sodass die Bindungsbereitschaft senkt. Wer Online-Partnersuche zu Unterhaltungszwecken nutzt, wird häufig in dieses Muster hineingeraten und keine Beziehung finden.
Es gibt viele mögliche weitere Gründe und ich kann natürlich nicht sagen, woran es bei Deinen Bekannten nun im Einzelnen bisher gescheitert ist. Nahelegen würde ich Ihnen gemäß der Empfehlungen des Beziehungspsychologen und Psychotherapeuten Jeffrey B. Jackson, die Unsicherheit anzunehmen, ob sie Single bleiben oder eine Beziehung finden werden und sich bei Offenhaltung der Beziehungsoption einen sinnerfüllten Alltag aufzubauen. Vielleicht kann ihnen auch mein Buch dabei helfen, Muster zu erkennen, die sie ändern können.

"A Perfect Match?" ist im Kölner edigo Verlag als E-Book und Print-Ausgabe erschienen
Was sind deine Erfahrungen? Haben es queere Menschen bei der Partner*innensuche schwerer als nicht-queere Menschen?
Queere Menschen haben sich wesentlich früher und stärker auf die Online-Partnersuche ausgerichtet als Heterosexuelle. Ein Grund hierfür ist, dass es für queere Menschen nach wie vor schwierig ist, Personen außerhalb der queeren Gemeinschaft zu Zwecken der Partnersuche direkt anzusprechen. Die Grundparameter für eine Partnerfindung sind aber bei queeren und nicht-queeren Menschen gleich. Es geht um die Findung von Personen, deren Lebensphilosophie und Werthaltungen zu einander passen, sodass eine glückliche und stabile Beziehung möglich wird. Wir sehen bei Gleichklang hier keinen Unterschied in den Erfolgsaussichten zwischen queeren und nicht-queeren Mitgliedern. Allerdings wird in qualitativen Befragungen berichtet, dass bekannte Dating-Plattformen, die sich speziell an queere Menschen wenden, besser für Unterhaltung, Kennenlernen und erotische Kontakte geeignet sind als für das Entstehen langfristiger Beziehungen. Im Einzelfall mag dadurch die Partnersuche für queere Personen, die sich auf solchen Plattformen aufhalten, erschwert sein.
In deinem Buch beschreibst du, wie wichtig die Vorbereitung auf die Partner*innensuche ist. Was meinst du damit genau?
Wir tun oft so, als ob jeder Mensch Partnerschaft wollen müsse und es zudem klar sei, was Partnerschaft ist. Beides ist jedoch falsch. So unterscheiden die Psychologen Victor Karandashev und Stuart Clapp beispielsweise zwischen 33 Komponenten der Liebe. Zudem gibt es vermehrt Menschen, die sich als Single wohlfühlen und sich alternative soziale Bezüge aufbauen. All diese Möglichkeiten spiegeln sich aber oft in den Entscheidungen der einzelnen Menschen nicht ausreichend wider, wenn sie sich zu stark an internalisiertem gesellschaftlichem Beziehungs-Druck orientieren. In meinem Buch schlage ich vor, die eigene Beziehungs-Bereitschaft zu prüfen und sich dabei intensiv mit der eigenen Personen und den eigenen partnerschaftlichen Wünsche und Optionen zu beschäftigen. Dies erleichtert es, im Fall einer Entscheidung für eine Beziehung auch die richtige Person und die richtige Beziehungs-Art zu wählen.
Nun gibt es sehr viele verschiedene Apps und Internetseiten, über die man andere Menschen kennenlernen kann. Über welche finde ich am besten eine*n Partner*in?
Auch dies hängt entscheidend von Deinen eigenen Beziehungs-Wünschen, Deiner Lebensart und den Merkmalen der Person wieder, die Du für eine Beziehung suchst. Unterschiedliche Plattformen ziehen nämlich unterschiedliche Menschen an und sind daher für das eine Beziehungsmodell mehr und für das andere weniger gut geeignet. Ein einfaches Beispiel: Es gibt eine Reihe auch großer Plattformen, bei der eine bisexuelle oder pansexuelle Suche nicht möglich ist oder die kein nichtbinäres Geschlecht kennen. Offensichtlich sind diese Plattformen für Menschen, wo genau diese Faktoren wichtig sind, ungeeignet. Dies lässt sich nun auf zahlreiche weitere Merkmale übertragen, wie vegane Lebensweise, offene Beziehungen oder auch eine bestimmte Religion, um weitere Beispiele zu geben. Auf unterschiedlichen Plattformen bewegen sich also unterschiedliche Menschen, so dass es entscheidend von denen Merkmalen der eigenen Person und den eigenen Suchmerkmalen abhängt, welche Plattform mit den höheren Erfolgsaussichten verbunden ist. Wem eine ökologisch-nachhaltige Lebensweise innerhalb einer Beziehung sehr wichtig ist, wird wahrscheinlich die geeignete Person besser auf einer Green-Dating-Plattform kennenlernen als auf einer Plattform, die sich nach Mainstream-Werten orientiert.
Was sind die Vor- und Nachteile der jeweiligen Plattformen?
Es kommt darauf an, welche Bedürfnisse vorliegen. Bei Dating-Apps geht es vorwiegend um räumliche Nähe und das Aussehen. Beides spielt für die letztliche Zufriedenheit in einer Beziehung keine oder kaum eine Rolle. Eine Studie zeigte sogar, dass Personen, die auf ihren Jahresabschlussfotos als sehr attraktiv bewertet wurden, nachfolgend besonders viele Ehescheidungen hatten. Dating-Apps können aber andere Motive gut befriedigen, wie Trendorientierung, Erlebnishunger, Selbstbestätigung, Sex oder den Wunsch nach einer unkomplizierten Unterhaltung.
Bei Partnervermittlungen dominiert dagegen klar das Liebes-Motiv. Hier begegnen sich eher Menschen, die ernsthaft nach einer langfristigen Beziehung suchen. Ein Vorteil der Dating-Apps ist der schnelle Kontakt, der aber dafür oft unverbindlich sein wird. Vorteil der Partnervermittlungen ist demgegenüber, dass fast alle dort eine feste Beziehung suchen. Dafür ist die Teilnahme bei Partnervermittlungen wesentlich weniger unterhaltsam und erfordert oft eine ausgeprägte Geduld.
Kostenlose Plattformen sind verständlicherweise beliebt, allerdings melden sich dort viele Menschen mit ganz anderen Absichten an und es gibt zahlreiche Mehrfachprofile der gleichen Person mit wechselnden Angaben. Kostenpflichtige Plattformen lohnen sich, da beim Online-Dating die Bereitschaft zur Begleichung einer Gebühr die "Spreu vom Weizen" trennt. Wichtigstes Kriterium ist letztlich, ob sich jemand durch eine Plattform angesprochen und auf dieser repräsentiert fühlt. Wenn dies der Fall ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Menschen mit ähnlichen Werten sich ebenfalls durch diese Plattform angesprochen fühlen werden, sodass einem Kennenlernen nichts im Wege steht.
Ganz besonders wichtig, schreibst du, sei die Selbstdarstellung, das Profil. Worauf sollte man achten?
Ich spreche von Selbstvorstellung. Anders als viele denken, sollte es auf dem Profil genau nicht darum gehen, sich möglichst gut darzustellen, die eigenen Stärken herauszustellen und Schwächen wegzulassen oder abzumildern. Denn durch eine solche positiv verzerrte Selbstdarstellungen werden Desillusionierungen und Enttäuschungen beim ersten Treffen und später vorprogrammiert. Das Ziel der Partnersuche ist es nicht, jemanden zu erobern oder hinters Licht zu führen, sondern einem Menschen zu begegnen, der dich so liebt, wie du bist. Eine authentische, offene und ehrliche Selbstvorstellung ist hierfür der wirksamste Weg. Das sehen wir übrigens auch in unseren eigenen Datenauswertungen: Paare, die zusammenbleiben, weisen ein authentischeres und vertrauenswürdigeres Profil auf als Paare, die sich später trennen.
Darf man bei Alter oder Gewicht nicht ein bisschen schummeln und ein nicht mehr ganz frisches Foto hochladen?
Grundsätzlich sollten korrekte Angaben zu Alter und Gewicht gemacht werden und Fotos eingestellt werden, die einen realistischen Eindruck vom tatsächlichen Aussehen geben. Veränderungsziele können und sollten aber geschildert werden, beispielsweise das Ziel, regelmäßig Sport zu treiben oder die Ernährung umzustellen. Ältere Partnersuchende können im Profil auf ihre Lebenserfahrungen und ihre Visionen für das Alter eingehen. Allerdings gibt es einige Plattformen, wo es bereits zum guten Ton gehört, beim Alter einige Jahre abzuziehen. Jeder weiß, dass dies so ist, und addiert daher für die angegebenen Altersangaben bei Profilen implizit noch ein paar Jahre drauf. Wer hier ab einem bestimmten Alter sein echtes Alter benennt, mag von vielen irrtümlicherweise für älter gehalten werden. Partnersuchende können für sich selbst entscheiden, wie sie hiermit umgehen wollen; sich der Tradition beugen, authentisch bleiben oder womöglich lieber eine andere Plattform suchen, wo unehrliche Angaben seltener auftreten.
Was gehört auf keinen Fall in das Profil?
Das Profil sollte die eigene Person und den eigenen Alltag vorstellen, die eigenen Überzeugungen, Beziehungswünsche und Lebensziele zum Ausdruck bringen sowie eine Offenheit für Begegnung und Veränderung. Was ist mir wichtig im Leben? Wie sollte die Person sein, mit der ich eine Beziehung führe? Wie könnte sich meine Beziehung gestalten? Negative Grundhaltungen zum Online-Dating ("sowieso sinnlos", "alles Fakes"), unfreundlich-abwertende Bemerkungen, zu viele Details zu Aussehen, Figur oder Sexualität sollte der freie Text nicht enthalten. Vor allem sollte nicht der Eindruck entstehen, es würden Partner*innen nach Katalog gesucht. Die Übereinstimmung in wesentlichen Grundhaltungen ist wichtig, in allem anderen sollten Flexibilität, Offenheit und Veränderungsbereitschaft zum Ausdruck kommen.
In deinem Buch empfiehlst du einen "gelassenen Umgang mit Enttäuschungen". Das hört sich leichter an als getan. Wie kann man sich am besten gegen negative Erfahrungen immunisieren?
Absagen, Ignoriertwerden, Ghosting oder Desillusionierung beim ersten Treffen außerhalb des Internet – Online-Dating geht nur selten ganz ohne Enttäuschungen vor sich. Partnersuchenden, die sich dies von Anfang an bewusst machen und die möglichen Komplikationen innerlich durchspielen, schaffen es besser, solche Enttäuschungen zu bewältigen, ohne sich von der weiteren Partnersuche abhalten zu lassen.
Was sind die häufigsten Fehler, die im Chat mit potenziellen Partner*innen gemacht werden?
Wir haben hierzu eine Umfrage unter unseren Mitgliedern durchgeführt. Ein absolutes No-Go sind reine "Hallo"-Nachrichten. Ebenfalls negativ ankommen tun Antwortverzögerungen oder wenn jemand auf ausführliche Nachrichten, die viel Selbstöffnung enthalten, nur mit knappen Statements reagiert, ohne etwas von sich preiszugeben. Bei Erstnachrichten werden meistens Inhalte negativ bewertet , die sich mit Finanzen, Dating-Erfahrungen oder den Gründen des eigenen Single-Daseins auseinandersetzen. Mehrheitlich werden ebenfalls traurige oder schwer verständliche Texte abgelehnt. Wenig beliebt sind zudem Erstnachrichten mit politischen, sexuellen oder kontroversen Inhalten. Allerdings sind dies nur Durchschnittswerte. Geht aus einem Profil hervor, dass ein politisches Interesse besteht, kann eine Erstnachricht mit politischem Inhalt genau richtig sein. Ausgetauschte Texte sollten aber auf keinen Fall unpersönlich wirken. Sie sollten auf Gemeinsamkeiten eingehen und ein Interesse an einem Kennenlernen zum Ausdruck bringen.
Wie schütze ich mich vor Betrüger*innen?
Alle Dating-Plattformen haben ein Problem mit sogenannten Love-Scammern, die sich systematisch in Plattformen zur Online-Partnersuche einschleichen, um Mitglieder finanziell auszunehmen oder sie für andere kriminelle Handlungen, wie Geldwäsche oder Drogenhandel einzuspannen. Bei kostenlosen Plattformen oder in den sozialen Netzwerken ist die Anzahl von Love-Scammern höher als bei kostenpflichtigen Plattformen oder bei Plattformen, die Profile von Hand aus prüfen. Einen sicheren Schutz gibt es aber durch die Plattformwahl allein nicht. Sinnvoll ist es, irgendwann auf einem Video-Gespräch zu bestehen. Telefonate allein genügen nicht. Es besteht zudem ein guter Grund, misstrauisch zu werden, wenn Verabredungen mehrfach verzögert oder verschoben werden oder wenn ausweichend reagiert wird. Es kann hierfür andere Ursachen geben, aber eine mögliche Ursache ist, dass es sich um eine Liebesbetrüger*innen handelt. Glücklicherweise gibt es einen sicheren Schutz: Früher oder später werden alle Love-Scammer eine finanzielle Bitte vorbringen, zur Annahme und Weiterleitung von Geldern oder zur Annahme, Weitergabe oder zum Transport von Gegenständen auffordern. Sobald auch nur die geringste Forderung in eine dieser Richtungen erfolgt, sollte der Kontakt konsequent abgebrochen und die Plattform benachrichtigt werden.
Wenn es zu einem vielversprechenden Kontakt gekommen ist: Wie bereite ich mich am besten auf das erste Treffen vor?
Der Beginn für einen positiven Verlauf eines ersten Treffens wird bereits online gelegt. Studien zeigen, dass erste Verabredungen tatsächlich besser verlaufen, wenn vorher vertieft online kommuniziert wurde, es dabei zu einer Selbstöffnung kam und auch bereits über die Beziehungspräferenzen gesprochen wurde. Mögliche Hemmungen oder Ängste sollten angesprochen werden. Solche Ängste wirken eher sympathisch, können aber negative Folgen haben, wenn sie als Ausdruck von Desinteresse fehlinterpretiert werden. Vorherige Telefonate und Video-Chats können ebenfalls die Gefahr von Enttäuschungen mindern. Hilfreich ist es, beim Treffen offen und zugewandt zu kommunizieren, Gefühle zu zeigen, über die eigene Person zu berichten, aber auch Fragen zu stellen und zuzuhören. Hierfür ist durchaus eine Vorbereitung in der Vorstellung oder auch vor dem Spiegel möglich. Allgemeine Themen von Gott und der Welt sind höchstens Steigbügelhalter, entscheidend sind Selbstöffnung und ein weiterer Austausch über Beziehungswünsche und Beziehungsvorstellungen. Menschen können sich vor einem Date fragen, was sie auf jeden Fall über die eigene Person berichtet oder welche Fragen zur anderen Person sie stellen wollen. Auch sollte von vornherein klar gemacht werden, ob Zärtlichkeit oder Sexualität bereits beim ersten Treffen in Frage kommen oder nicht. Wenn beide es wünschen, gibt es hiergegen keinerlei Vorbehalte.
Du schreibst, "radikale Ehrlichkeit miteinander" sei das wichtigste Prinzip für ein weiteres Kennenlernen. Was meinst du damit?
Radikale Ehrlichkeit bedeutet eine Spontanität, bei der sich Menschen nicht mehr kontrolliert präsentieren, sondern sich so verhalten und sich so zeigen, wie sie sind. Authentizität statt Inszenierung. Partnersuche ist keine Bewerbung, sondern Menschen wollen ergebnisoffen feststellen, ob sie miteinander in einer Beziehung glücklich werden können. Der beste Garant hierfür ist Ehrlichkeit.
Wie erkenne ich, dass ich die richtige Person gefunden habe?
Ja zur Liebe solltest Du sagen, wenn eine wechselseitige Zuneigung besteht, gemeinsame Beziehungs- und Lebensziele erkennbar sind, bei allen Beteiligten eine Bindungsbereitschaft besteht und beide oder alle Beteiligte bereit sind für die Veränderungen, die notwendigerweise mit einer Beziehung einhergehen. Wir haben in eigenen Auswertungen festgestellt, dass spätere Trennungen sehr selten sind, wenn diese Fragen vor der Beziehungsentscheidung bejaht werden.
Und wie bleibt die Liebe nach einer erfolgreichen Suche bestehen?
Im Buch stelle ich 18 Strategien vor, wie Beziehungspartner*innen ihre Liebe erhalten können. Im Schnelldurchgang geht es darum, die Liebe immer wieder zu zeigen, nach gemeinsamen erfüllenden Aktivitäten zu suchen, zärtlich und sexuell experimentierfreudig zu sein, miteinander zu reden, Konflikte zu klären, dabei lösungsorientiert zu denken, das Positive in den Mittelpunkt zu stellen und nach guten Kompromissen zu suchen. Es ist außerdem wichtig, veränderungsbereit zu bleiben, fortwährend gemeinsame Ziele zu finden und gemeinsame Werte in der Beziehung zu leben. Ebenso entscheidend ist es, füreinander einzustehen. Beziehungstage oder Partnertage verhindern, dass die Beziehung durch den Alltag zur Nebensache wird. Mehr Leichtigkeit kann durch die Entwicklung spielerischer Komponenten der Liebe entstehen. Hilfreich ist es zudem, Freiheit zu geben, dabei aber auf eigene Grenzen zu achten und sich Hilfe durch Freund*innen oder Partnerberatungsstellen zu suchen, wenn eine Beziehung in die Krise gerät. Zahlreiche Studien zeigen schließlich, dass Verzeihen zur Liebe dazugehört. Ohne die Fähigkeit und die Bereitschaft zum Verzeihen kommt es oft bei Enttäuschungen zu Verbitterung und die Beziehungszufriedenheit sinkt.
Guido F. Gebauer: A Perfect Match? Online-Partnersuche aus psychologischer Sicht. 352 Seiten. edigo Verlag. Köln 2022. Paperback: 20 € (ISBN 978-3-949104-10-7). E-Book: 15,99 €

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