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Filmfestival Venedig

"Full Metal Jacket" auf schwul: "Eismayer" am Lido

Nach einer wahren Geschichte erzählt der Film von David Wagner von einem gefürchteten Macho-Ausbilder im österreichischen Bundesheer, der sich in einen Rekruten verliebt und schließlich sein Coming-out wagt.


Vizeleutnant Charles Eismayer ist Ausbilder beim österreichischen Bundesheer, unter den Rekruten hat er den Ruf, einer der härtesten Ausbilder zu sein (Bild: Filmladen)

Und abermals Austria twelve points! Während das heimische queere Kino auf dem internationalen Parkett sich meist mit Nebenrollen begnügen muss, gelingt dem kleinen Österreich auf großen Festivals einmal mehr einen queeren Coup. Nach "Große Freiheit" von Sebastian Meise in Cannes, feierte David Wagner nun in Venedig die Premiere von seinem "Eismayer".

Nach einer wahren Geschichte erzählt das Kinodebüt von einem gefürchteten Ausbilder im Bundesheer, der sich überraschend in einen selbstbewussten Rekruten verliebt und schließlich sein Coming-out wagt. Die Verpartnerung feierte das Paar in weißer Gala-Uniform.

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Das Doppelleben des gefürchteten Vizeleutnants


Poster zum Film: "Eismayer" feierte seine Weltpremiere am Sonntag auf dem Filmfestival Venedig

"20, 40, 60 Liegestützen!", brüllt eine aggressive Stimme. Das ist die erste Begegnung mit Charles Eismayer, Vizeleutnant und Ausbilder im österreichischen Bundesheer. Der Mann ist gefürchtet unter den Rekruten, gilt gar als der schlimmste Schleifer der Alpenrepublik. Seinem Image als gnadenloser Macho wird Eismayer allzu gerne gerecht. Wenn er die Uniform ablegt, wird derweil ein liebevoller Familienvater aus ihm. Von seinem heimlichen schwulen Doppelleben mit schnellem anonymen Sex ahnt weder die Gattin noch sonst jemand etwas.

Bei den Vorgesetzten sind die Methoden des Ausbilders nicht unumstritten. "Wegen Schleifertypen wie Ihnen will niemand mehr zur Armee", klagt der Hauptmann und will dessen autoritäres System der Demütigungen nicht länger tolerieren. Auch von einem neuen Rekruten gibt es bald Gegenwind: Mario Falak ist ausgesprochen selbstbewusst und wortgewandt. Zudem macht der junge Mann mit Migrationshintergrund aus seiner Homosexualität keinen Hehl.

Zwischen den beiden ungleichen Männern entsteht eine unausgesprochene Faszination. Als Mario bei einem Manöver an seiner Höhenangst zu scheitern droht, gibt sich sein Ausbilder ungewöhnlich verständnisvoll. Unter einem Vorwand lädt Eismayer den Rekruten später in seine Wohnung ein. Dass Mario in dieser Nacht nicht mehr in die Kaserne geht, scheint klar. Es gilt allerdings noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen, Krankheit und Krisen zu bewältigen, bevor der eine dem anderen im Riesenrad einen Antrag macht. Damit ist das Happy End allerdings noch längst nicht garantiert…

Das Bundesheer unterstützte den Film

Durch den Artikel in einer Boulevardzeitung kam Filmstudent David Wagner auf die Idee, diese ungewöhnliche Lovestory für sein Kinodebüt zu verfilmen. Was dem Pentagon mit Hollywood recht ist, könnte dem Bundesheer billig sein, dachte sich der Jungfilmer. Prompt bekam er die erhoffte militärische Unterstützung für sein Projekt.

Natürlich nicht ganz selbstlos, das Bundesheer hofft mit diesem ersten Coming-out in der alpenländischen Armee auf Image-Gewinne. Die PR-Strateg*innen in Uniform setzen darauf, "den positiven Eindruck zu vermitteln, dass der Umgang mit Diversität beim Bundesheer gereift ist und nunmehr weitestgehend den Ansprüchen einer modernen, offenen Gesellschaft gerecht wird", wie es in der offiziellen Stellungnahme heißt. Dass es unter den Wehrpflichtigen bis auf winzige Ausnahmen so gut wie keine homophoben Aktionen gegen Mario gibt, will Regisseur David Wagner nicht nur als kleine Utopie verstanden wissen.


Charles und Mario in "Eismayer" (Bild: Filmladen)

Die Chemie zwischen den Hauptdarstellern stimmt perfekt

Der erfahrene Gerhard Liebmann, der für "Blutgletscher" den Österreichischen Filmpreis erhielt, präsentiert den Titelhelden mit psychologischer Präzision, zeigt souverän dessen Mischung aus harter Schale mit großspuriger Macho-Attitüde und weichem Kern mit Unsicherheit und Sensibilität. Seinen selbstbewussten Lover Mario Falak spielt Luka Dimić, der im Vorjahr beim Schauspiel-Coming-out #ActOut des SZ-Magazins dabei war und mit dem Nestroy-Preis als bester Nachwuchsschauspieler prämiert wurde. Die Chemie zwischen diesem ungleichen Pärchen passt perfekt, da genügen kleine Gesten, um zu zeigen, was diese Beziehung ausmacht.

Es wäre kaum überraschend, wenn nach "Die große Freiheit" nun der "Eismayer" von Österreich ins kommende Oscar-Rennen geschickt wird. In der Alpenrepublik kommt der Film Ende Oktober in die Kinos. Hierzulande hat sich bislang noch kein Verleih gefunden.

-w-

#1 Meleg29
  • 04.09.2022, 18:45hCelle
  • Andere mögen Kriege führen...
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