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Vorentscheidung

EU-Generalanwältin: Polen diskriminiert Homo­sexuelle

Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs legt ihre Schlussanträge zur Klage eines schwulen Journalisten aus Polen vor.


Der Europäische Gerichtshof auf dem Kirchberg-Plateau in Luxemburg hat bei Rechtsstreitigkeiten in den 27 Mitgliedsstaaten stets das letzte Wort (Bild: Katarina Dzurekova / flickr)
  • 8. September 2022, 09:16h 6 2 Min.

Der Abschluss eines Vertrags mit einem oder einer Selbständigen darf nicht wegen der sexuellen Orientierung abgelehnt werden. Ein Unternehmen könne nicht die freie Wahl des Vertragspartners oder der Vertragspartnerin geltend machen, um eine solche Diskriminierung zu rechtfertigen, erklärte am Donnerstag am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die zuständige Generalanwältin Tamara Capeta in sogenannten Schlussanträgen. Es ging um den freien Mitarbeiter eines Fernsehsenders in Polen (Az. C-356/21).

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Er veröffentlichte zusammen mit seinem Lebensgefährten ein Weihnachtslied, das für Toleranz warb. Wenig später beendete der Sender die langjährige Zusammenarbeit, woraufhin der Mann in Warschau vor Gericht zog. Er klagte auf die Zahlung von umgerechnet 10.160 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Das Gericht in Warschau zweifelt an der polnischen Regelung, mit der die europäische Gleich­behandlungsrichtlinie umgesetzt wurde. Demnach kann bei der Wahl eines Vertragspartners die sexuelle Ausrichtung berücksichtigt werden. Diese Ausnahme sehe die EU-Richtlinie aus dem Jahr 2000 aber nicht vor, da sie zum Schutz der Freiheit anderer Menschen nicht notwendig sei, erklärte Capeta nun.

Capeta: Homofeindliche Gesetzeslücke verhindert Durchsetzung von EU-Recht

Die Einschränkung der freien Wahl von Vertragspartnern schütze andere wichtige Werte wie die Gleichbehandlung im Beruf. Firmen könnten dennoch den am besten geeigneten Kandidaten auswählen. Das Gericht in Warschau dürfe die entsprechende polnische Vorschrift nicht anwenden, erklärte Capeta weiter. Sie verhindere die Durchsetzung des europäischen Rechts, nicht wegen der sexuellen Ausrichtung diskriminiert zu werden.

Die Richterinnen und Richter am EuGH müssen sich bei ihrer Entscheidung nicht an das Gutachten der Generalanwältin halten. Sie orientieren sich aber in der großen Mehrheit der Fälle daran – etwa im letzten Jahr, als das Gericht Bulgarien verurteilte, weil das Land die Freizügigkeit von Regenbogenfamilien eingeschränkt hatte (queer.de berichtete). Ein Termin für das Urteil wurde noch nicht angekündigt. (AFP/dk)

-w-

#1 Sarkast_inAnonym
  • 08.09.2022, 11:38h
  • Wie? Echt jetzt? Tatsächlich? Ach was.
    Wie kommt sie denn darauf?

    Wird sie demnächst nach langwierigen Recherchen und Abwägungen feststellen, dass Wasser drei Aggregatzustände hat? Wahnsinn, da tun sich ja Möglichkeiten auf - Hammer. Weiter so, es geht voran!

    Aber gut, abseits des Sarkasmus:
    Wäre wünschenswert, führte diese Erkenntnis auch zu entsprechenden Sanktionen.
    Btw: Was ist eigentlich mit der dafür nicht ganz unwichtigen 5. Europäischen Gleistellungsrichtlinie, bzw. dem Passus bzgl. Antidiskriminierung von Arbeitsuchenden und Arbeitnehmer*innen auch in Hinsicht auf die sexuelle Identität und Ausrichtung? Ach ja, die wird ja seit mittlerweile seit über 14 Jahren erfolgreich blockiert. Von Polen. Und -"surprise"- von Deutschland.
    (
    Sollte sich das innerhalb der letzten Monate überraschend und von mir unbemerkt geändert haben, lasse ich mich natürlich gern positiv darüber belehren - gern mit zugehöriger valider Quelle).
  • Direktlink »
#2 Pride
  • 08.09.2022, 21:11h...
  • Na, da bestehen wohl überhaupt keine Zweifel daran, daß der fortschrittliche EuGH der Staatsanwaltschaft im Sinne der europäischen Gleichstellungsrichtlinie folgen wird. Ich bin auch wieder angetan darüber, dass die polnische Gerichtsbarkeit mit ihrem Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines polnischen Gesetzes dieses dem EuGH zur Prüfung vorlegt. Das sollte auch endlich ein deutsches Gericht mit der EU-rechtswidrigen Ausnahmeregelung bezüglich des Glaubens tun.
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