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Kinostart
"Peter von Kant": Schön fotografiert, gut gespielt und doch eine Enttäuschung
François Ozon verfilmt zitat- und anspielungsreich einen Fassbinder-Stoff. Aus der lesbischen Modedesignerin Petra von Kant wird dabei ein schwuler Filmemacher, der nicht zufällig an Fassbinder selbst erinnert.

Szene aus "Peter von Kant" (v.l.): Peter (Denis Ménochet), Amir (Khalil Gharbia) und Karl (Stefan Crépon) (Bild: Carole Bethuel / FOZ / France 2 / Playtime Production)
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20. September 2022, 05:26h - 3 Min.
Basierend auf seinem gleichnamigen Theaterstück erzählte Rainer Werner Fassbinder in "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" 1972 von einer Modemacherin, die sich in ein junges Model verliebt. In melodramatischen Bildern und mit satirischer Schärfe wird dabei eine von Narzissmus und ungleichen Machtverhältnissen geprägte Beziehung zerlegt. Wie Fassbinder den inneren Tumult seiner Heldinnen einer kühlen, ans Theater erinnernden Form gegenüberstellt, ist auch heute noch sehenswert.
François Ozon, der mit "Tropfen auf heiße Steine" bereits im Jahr 2000 ein Stück von Fassbinder verfilmte, präsentiert mit "Peter von Kant" nun seine Version der Geschichte. Aus den lesbischen Frauen der Vorlage werden dabei schwule Männer. Ozon verzichtet zudem nicht nur auf die Tränen im Titel, sein Film ist auch deutlich knapper geraten als das Vorbild. Ansonsten dürfte Kenner*innen des Originals hier vieles bekannt vorkommen: Szenenaufbau, Dialoge und Handlung gleichen sich oftmals, der Sprung von Petra zum Peter ist kein allzu gewagter.
Routiniert inszeniertes Melodram

Poster zum Film: "Peter von Kant" startet am 22. September 2022 im Kino
Routiniert inszeniert Ozon die Kölner Apartmentwohnung seines Protagonisten, den einzigen Handlungsort, als melodramatischen Raum voller Rahmen, Spiegel und Vorhänge. Das Farbenspiel zwischen Rot und Blau weckt Erinnerungen an Douglas Sirk, die Chansons des Soundtracks beschwören die ganz großen Gefühle. Der französische Regisseur zeigt also, was er kann, stilbewusst wandelt er wieder einmal auf den Spuren von Fassbinder und Almodóvar.
Das ist durchaus hübsch anzuschauen und vor allem in der ersten Hälfte recht amüsant. Die Darsteller*innen sind gut besetzt, und sogar Hanna Schygulla (bei Fassbinder noch als junges Mannequin, hier als Mutter des Protagonisten) hat einen Auftritt. So ganz wird allerdings nie klar, was Ozon bezweckt und warum er sich an diese Neuinterpretation gewagt hat.
Verloren zwischen Narzissmus und Querverweisen
Denn wo "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" trotz des Kammerspielcharakters etwas über gesellschaftliche Verhältnisse, über das Leben da draußen, abseits der Leinwand, zu sagen hatte, da verliert sich Ozon im Narzissmus seines Titelhelden und filmhistorischen Querverweisen. Die biografische Lesart des Stoffes, die auch schon subtiler bei Fassbinder selbst mitschwang, erweist sich als eher dürftiger Vorwand, um die Geschichte noch einmal zu erzählen.
So bleibt es bei einem schön fotografierten und gut gespielten Drama, das letztlich aber kaltlässt. Die bitteren Tränen dürfte wohl eher das Publikum vergießen, denn angesichts Ozons herausragender Filmografie darf man "Peter von Kant" getrost als herbe Enttäuschung bezeichnen.
Peter von Kant. Drama. Frankreich 2022. Regie: François Ozon. Cast: Denis Ménochet, Isabelle Adjani, Hanna Schygulla. Laufzeit: 85 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. FSK 16. Verleih: MFA+ FilmDistribution. Kinostart: 22. September 2022
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