Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?43341

Studie von unabhängiger Kommission

Sexualisierte Gewalt im Sport: Schuldgefühle bei schwulen Opfern

Schwule Opfer von Missbrauch im Vereinssport geben sich oft selbst die Schuld für die Gewalt, die ihnen angetan wurde. Das geht aus einem neuen Bericht zu sexualisierter Gewalt hervor.


Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs war 2015 vom Bundestag ins Leben gerufen worden, um weit verbreitete Fälle sexueller Gewalt ans Tageslicht zu bringen – und zwar auch in den Sportvereinen (Bild: freepik.com)
  • 27. September 2022, 11:25h 15 3 Min.

Die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat am Dienstag einen ersten Bericht zu sexualisierter Gewalt gegenüber jungen Menschen im deutschen Breiten- und Leistungssport vorgelegt (PDF). Die Forschenden attestieren bei Sportvereinen ein Problem, das bei den Betroffenen "lebenslängliche Schäden für die Gesundheit, Psyche sowie die Teilhabe am Sport und am gesellschaftlichen Leben" verursache. In diesem Bericht wurden 72 Berichte von Betroffenen und Zeitzeug*innen aus der Bundesrepublik und der DDR ausgewertet.

Aus dem Papier geht hervor, dass sich schwule Opfer in manchen Fällen selbst für die Übergriffe verantwortlich machen. "Männliche homosexuelle Betroffene fragen sich mitunter, ob sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung etwas ausgestrahlt und den Täter dadurch animiert haben könnten", heißt es in dem Bericht. "Sie geben sich für die erlittene Gewalt daher nicht selten zumindest eine gewisse Mitschuld."

- w -

Schuldgefühle für Simon "Teil meines Lebens"

Das Papier zitiert auch in direkter Rede Simon, der mit 14 Jahren bei einem Ausflug seines Rudervereins von seinem Trainer vergewaltigt worden war. Später habe es weitere Übergriffe gegeben, bis er den Verein unter einem Vorwand verließ. Simon erklärte: "Regelmäßig befallen mich Schuldgefühle." Heute wisse er aber, "dass selbst, wenn ich etwas ausgestrahlt haben sollte, dies keine Legitimation für gewalttätige sexuelle Übergriffe ist". Die Schuldgefühle blieben "aber ein Teil meines Lebens".

Bis heute ist Simon – wohl wegen der Übergriffe – in psychotherapeutischer Behandlung. Er leidet außerdem an einer sehr schmerzhaften Erkrankung der Speiseröhre, die nach Ansicht seines Therapeuten mit der Tat zusammenhängt. "Ich bin tatsächlich ein Betroffener von sexualisierter Gewalt, und die sexuellen Gewaltübergriffe werden mich ein Leben lang begleiten. Es wird nie so sein, dass ich irgendwann morgens aufwache und sagen kann: 'Okay, das Thema ist jetzt durch!'"

"Kultur des Wegsehens und Schweigens im Sportverein"

Simons Vergewaltigung habe sich laut dem Bericht vor längerer Zeit ereignet. Damals habe es eine "Kultur des Wegsehens und Schweigens im Sportverein" gegeben, "denn jeder dort hat die besondere Nähe des Trainers zu mir registriert, doch niemand hat etwas gesagt", erklärte Simon. Zudem sei der in einer konservativen Familie aufgeachsene damalige Messdiener nicht aufgeklärt worden und Sexualität – insbesondere Homosexualität – tabuisiert worden, so dass ein Gespräch über den Missbrauch praktisch unmöglich gewesen sei.

Tatpersonen seien laut dem Bericht überwiegend männlich und stammten aus dem direkten Umfeld der Betroffenen. Die Opfer erlebten häufig, dass ihre Erfahrungen verschleiert oder bagatellisiert würden. Daher forderte Aufarbeitungskommissionsmitglied Heiner Keupp ein "Recht der Aufarbeitung" für die Betroffenen. (dk)

-w-

#1 Dont_talk_about
  • 27.09.2022, 13:58hFrankfurt
  • Der Artikel liest sich ja so, als ob Homophobie die Hauptursache für sexuellen Missbrauch ist. Das sollte man doch bitte klarer trennen. Die TÄTER sind Männer, die Sex mit Jungen suchen. Die sexuelle Orientierung der Jungs ist da erstmal unerheblich, da es in jedem Fall Missbrauch ist. Bei den Tätern sind vor allem Teile unserer Community aufgefordert, sich klarer zu distanzieren.
    Homophobie ist ein Verbrechen, aber man kann dieses Verbrechen nicht für alle anderen Verbrechen mitverantwortlich machen.
  • Direktlink »
#2 HmmmAnonym
  • 27.09.2022, 14:16h
  • Antwort auf #1 von Dont_talk_about
  • Du hast absolut 100% Recht, aber du weißt ja wie schnell solche Diskussionen in:

    "In dem Alter weiß man was man tut" und "hier will sich einer seiner eigenen Homosexualität nicht klar werden"

    umschlägt!

    Ich denke ehrlich da müssen noch 1-2 Generationen aussterben bevor da eine ehrliche, opferfokussierte Diskussion möglich ist!
  • Direktlink »
#3 Ith_Anonym
  • 27.09.2022, 14:53h
  • Antwort auf #1 von Dont_talk_about
  • Finde ich jetzt gar nicht, ich verstehe das mit dem "Signale aussenden" eher nach dem Motto "er könnte irgendwie gespürt haben, dass ich auf Männer stehe und gedacht haben, ich will das".
    Das wäre insofern ein Unterschied zwischen bi/schwulen, männlichen Gewaltopfern und denen, die hetero sind (die es vermutlich auch geben dürfte).

    Mir fehlt hier eher die Einordnung, ob das nicht bei weiblichen, heterosexuellen Personen ähnlich aussieht. Dass Überlebende sexualisierter Gewalt die Schuld bei sich selbst suchen, gerade wenn sie zum Tatzeitpunkt noch minderjährig waren, ist insgesamt leider nicht ungewöhnlich.

    Und Täter, die ein bisschen was davon verstehen, wie sie mit ihrer Gewalt erfolgreich und straffrei sind und bleiben, helfen ja ihrerseits gründlich nach bei der Täter-Opfer-Umkehr. Verunsichern, bagatellisieren, stigmatisieren, und wenn das alles nicht hilft, wird sich noch irgendein Anhaltspunkt zum Drohen finden lassen.
    Da wir in einer Gesellschaft leben, die sich beim Thema Vergewaltigung vorzugsweise auf die Seite der Täter schlägt, mangelt es ja nun auch nicht gerade an Vorbildern, wie man straffrei davonkommt.

    Im NDR gibt es aktuell ebenfalls einen Artikel zum Thema und weiterführende Links z.B. über die "Safe Sport"-Initiative. Männliche Betroffene kommen allerdings wie üblich nur als Randnotiz vor.

    www.ndr.de/sport/mehr_sport/Missbraucht-und-allein-gelassen-
    Studie-zeigt-strukturelle-Probleme-im-Sport,missbrauch2360.h
    tml
  • Direktlink »

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: