
https://queer.de/?43477
Internationaler Coming-out-Tag
"Es ist in Deutschland wieder gefährlich, LGBTIQ+ zu sein"
Zum heutigen Internationalen Coming-out-Tag wollen Aktivist*innen queere Sichtbarkeit stärken und ihre Forderungen an die Politik deutlich machen.

sylvar / flickr) Der Internationale Coming-out-Tag soll dabei helfen, sich sicher unter dem Regenbogenschirm zu fühlen (Bild:
- 11. Oktober 2022, 10:29h 3 Min.
Zum traditionell am 11. Oktober stattfindenden Internationalen Coming-out-Tag sind wieder mehrere Aktionen geplant, auch in Deutschland. So findet etwa erstmals der "Pride Office Day" statt. Am von der queeren Uhlala Group organisierten Event beteiligen sich 15 Unternehmen, darunter etwa der Nürnberger IT-Dienstleister Datev oder der Düsseldorfer Shopping-Kanal QVC. Die Firmen wollen mit verschiedenen Maßnahmen ihre queeren Mitarbeitenden sichtbarer machen.
#POD2022
Posted by Tierärztliche Praxis für Kleintiere Scharnhorst GmbH on Monday, October 10, 2022
|
Unterstützung erhält der "Pride Office Day" von Queerbeauftragten der Bundesregierung, dem Grünenpolitiker Sven Lehmann: "Ein Familienfoto auf dem Schreibtisch, Berichte aus dem Urlaub oder gemeinsames Überlegen für Weihnachtsgeschenke. Dass sich heterosexuelle Menschen so ganz nebenbei am Arbeitsplatz outen, fällt kaum auf. Queere Menschen aber überlegen dreimal, was sie dann erzählen", erklärte der Grünenpolitiker aus Köln. "Dass LSBTIQ* dort Angst haben vor blöden Sprüchen, Mobbing oder Diskriminierung durch Vorgesetzte und Kolleg*innen oder Nachteile für die berufliche Laufbahn, muss sich ändern. Dafür braucht es politische Maßnahmen, aber insbesondere auch den Willen und das Engagement der Unternehmen."
Twitter / lsvd | Coming-out-Tag-Tweet des LSVDHeute ist Internationaler #ComingOutDay Eine demokratische Gesellschaft muss für alle das Recht durchsetzen, jederzeit und an jedem Ort ohne Angst verschieden sein zu können#LSBTIQ #ComingOutDay2022 pic.twitter.com/5kfLQWR1HG
LSVD-Bundesverband (@lsvd) October 11, 2022
|
Viele queere Organisationen rufen angesichts des Tages alle Teile der Gesellschaft dazu auf, inklusiver zu werden. Die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) fordern etwa Sportvereine dazu auf, mehr für queere Menschen zu tun: "Wichtig ist vor allem die Verbindung von Zivilgesellschaft und Sport", erklärte LSU-Bundeschef Alexander Vogt. "Wir brauchen eine Stärkung des ehrenamtlichen Engagements, damit in Vereinen die breite Vielfalt unserer Gesellschaft zum Tragen kommt und repräsentiert ist."
Twitter / DIMR_Berlin | Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert, bereits früh gegen Queerfeindlichkeit vorzugehenBesonders wichtig ist, gegen die #Diskriminierung von LSBTIQ* frühzeitig, in Kita und Schule, vorzugehen. Bereits in der Kita begegnen Kinder der Vielfalt von Familienformen, hier ist die Chance, Respekt von klein auf zu lernen. #ComingOutDay
Für Menschenrechte (@DIMR_Berlin) October 11, 2022
|
"Es ist lebensgefährlich, offen zur eigenen Identität zu stehen"
Der Dachverband CSD Deutschland wird am Mittag beim Bundesfamilienministerium eine Forderungsliste mit sechs Maßnahmen an die Bundesregierung übergeben. "Es ist in Deutschland wieder gefährlich, LGBTIQ+ zu sein", beklagte das Netzwerk, in dem sich mehr als 60 deutsche CSD-Vereine organisieren. "Es ist wieder lebensgefährlich geworden, offen zur eigenen Identität zu stehen. Wir trauen um Malte, der beim CSD in Münster brutal und sinnlos zu Tode kam. Dieser Vorfall war dabei nur der traurige Höhepunkt von vielen gewalttätigen Übergriffen auf LGBTIQ+."
Die Forderungsliste umfasst die Ergänzung des Artikels 3 im Grundgesetz um das Merkmal der sexuellen und geschlechtlichen Identität, die Abschaffung des veralteten Transsexuellengesetzes, die vollständige Gleichstellung von homosexuellen Männern bei der Blutspende, die Gleichstellung der Adoptionsregeln in gleichgeschlechtlichen Ehen, die Schaffung und Umsetzung föderaler Aktions- und Bildungspläne gegen Queerfeindlichkeit sowie Maßnahmen zur Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe von HIV-positiven Menschen und die Sicherung der Arbeit der Aidshilfen.
Twitter / CSDdeutschland#Gewinnspiel N°3
CSD Deutschland e.V. (@CSDdeutschland) October 10, 2022
Zum #ComingOutday suchen wir deine Geschichte. Erzähle uns von deinem #ComingOut und gewinne eine von zwei #HappySocksPrideGiftboxes.
Gemeinsam mit @HappySocks_com verlosen wir zwei #HappySocksPrideGiftboxes.
Einsendeschluss: 11.10.22 – 24:00 Uhr. pic.twitter.com/WOp8xU44ha
|
Der Tag geht auf eine Großdemonstration am 11. Oktober 1987 in der US-Hauptstadt Washington für die Rechte von Schwulen und Lesben zurück, an der sich eine Viertelmillion Menschen beteiligten. Laut Veranstalter*innen waren es sogar eine halbe Million, darunter auch der legendäre Bürgerrechtler Jesse Jackson und Schauspielerin Whoopi Goldberg. Dabei kam der Gedanke auf, auf die Gleichgültigkeit der Reagan-Regierung gegenüber Aids und der Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen mit mehr Sichtbarkeit im persönlichen Umfeld zu reagieren. Ab dem Folgejahr wurde folglich der "Coming out Day" begangen, der sich schnell um die Welt verbreitete. (dk)

Mehr zum Thema:
» Der Song zum Coming Out Day 2022 (11.10.2022)
Mir ist schon klar, dass hier eine Handlungsaufforderung an die Politik formuliert werden soll. Aber so einen Satz rauszuhauen, ohne zu überlegen, wie das auf Jugendliche im Coming-Out-Prozess wirkt, ist schon extrem dämlich.