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"Wir haben existenzielle Angst vor Bestrafung und Tod"
"Rote Karte statt Regenbogen": RTL zeigt Update über Verfolgerstaat Katar
Kurz vor Start der WM ist auf RTL+ und ntv eine Fortsetzung der Reportage über die Lage von LGBTI in Katar zu sehen. Die Bilanz ist demnach erschütternd: So wird gewarnt, dass queere Menschen nach dem Ende der WM noch mehr zum Freiwild werden könnten.

Nasser Mohammed, der im amerikanischen Exil lebende erste offen schwule Katarer, kommt auch in der neuen Reportage zu Wort (Bild: RTL)
- 17. November 2022, 07:45h 4 Min.
Im vergangenen Juni berichteten die RTL/ntv-Reporter Jonas Gerdes und Timo Latsch erstmals über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen, denen die queere Community in Katar tagtäglich ausgesetzt sind (queer.de berichtete). Vor Beginn der Weltmeisterschaft am Sonntag melden sich die Reporter mit einem umfangreichen Update der vieldiskutierten Reportage "Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Katar" zurück. Die Sendung wird am Donnerstagabend um 19.30 Uhr bei ntv ausgestrahlt und ist ab dann außerdem im Streamingportal RTL+ erhältlich.
Vor Ort in Katar haben die Reporter im Vorfeld der WM unter erschwerten Recherchebedingungen gearbeitet und erneut mit Einheimischen gesprochen, u.a. mit einer trans Frau und einer deutschen Museumsdirektorin im Emirat. Außerdem kommen der renommierte Islamwissenschaftler Sebastian Sons und Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des VfB Stuttgart, zu Wort. Auch die Festnahme des britischen LGBTI-Aktivisten Peter Tatchell in Katar, die Kritik an der One-Love-Binde und die viel kritisierte Reiseempfehlung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sind Thema in der Reportage.
Trans Frau aus Katar ruft zum Boykott der WM auf
"Wenn die Leute uns wirklich unterstützen wollen, dann sollten sie die Weltmeisterschaft boykottieren, ganz einfach", erklärte eine trans Frau gegenüber RTL-Kameras. "Wenn sie sich nicht um uns kümmern, dann sind sie herzlich willkommen, und ich wünsche ihnen eine gute Zeit!" Die Reportage zeichnet außerdem anhand zahlreicher weiterer Stimmen die Lage der queeren Community im Emirat nach und hält unter anderem die vielen Ängste der Menschen sowie Berichte von Repressalien durch die Regierung fest. "Ich habe aus mehreren Quellen gehört, dass die Abteilung für Cyberkriminalität massenhaft Personen vorgeladen hat, die sich auf Twitter und anderen Social-Media-Plattformen öffentlich kritisch äußern", berichtet unter anderem die einheimische trans Frau und verweist zudem auf die psychische Belastung durch die anhaltende Verfolgung ihrer Community: "Nach all dem, was passiert ist, sind wir psychisch traumatisiert und brauchen echte mentale Hilfe in einer sicheren Umgebung, die gibt es hier nur leider nicht."
Eine weitere Person hält über die systematische Diskriminierung Homosexueller in seiner Heimat Katar fest: "Wir haben existenzielle Angst vor Bestrafung und Tod, denn was wir in unserer Jugend gelernt haben, ist, dass schwul sein eine Verirrung ist, nichts Natürliches."
"Für alle Berichterstatter ist diese WM eine besondere Herausforderung, da sie weitaus mehr als ein großes Sportereignis ist. Das Sport Ressort von RTL/ntv wird das Turnier dementsprechend begleiten und neben der sportlichen Berichterstattung auch weiterhin die gesellschaftlichen Realitäten im Wüstenstaat genau im Blick behalten", erklärte Co-Autor Timo Latsch, der auch stellvertretender Ressortleiter Sport bei RTL News ist. "Als Mitglied der LGBTIQ+-Familie habe ich persönlich entschieden, zum ersten Mal seit 2006 nicht als Sportreporter vor Ort über den Fußball zu berichten."
Co-Autor Jonas Gerdes ergänzte: "Das Thema LGBTIQ+ ist eine Art rote Linie. In Interviews sind regelmäßig Pressesprecher eingeschritten, wenn ich kritisch nachgefragt habe. Der Spruch 'Jeder ist willkommen' klingt gut, ist aber an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten, wenn man sich die Lage der LGBTIQ+-Menschen vor Ort genauer ansieht."
Setzt nach WM neue Verfolgungswelle ein?
Die Reportage weist vor allem darauf hin, dass Katar nach dem Ende der WM queere Einheimische umso härter verfolgen könnte: "Wenn der Scheinwerfer WM wegfällt, dann hat die Regierung hier vor Ort eigentlich nicht mehr die Notwendigkeit einem internationalen Publikum gerecht werden zu müssen", erklärte der Islamwissenschaftler Sebastian Sons. Er befürchtet eine Verschlechterung der Lage für queere Menschen, "weil Identitätspolitik in den Golfstaaten einfach eine ganz wichtige Rolle spielt". Dementsprechend könnte die Zeit nach der WM dazu führen, "dass Repressionen zunehmen, dass Marginalisierung zunimmt, dass soziale Ausgrenzung weiter zunimmt und dass diese Menschen noch viel mehr in Bedrängnis geraten und eventuell dann auch das Land verlassen müssen". (dk/pm)
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Und allen Mannschaften und Spielern, die dort teilnehmen; allen Medien, die Spiele übertragen; allen Zuschauern; allen Sponsoren und Werbepartnern sowie deren Kunden muss klar sein, dass sie dazu beitragen und auch Blut an ihren Händen haben.