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Neue Netflix-Serie
Nummer 1 auch in Verfolgerstaaten: "1899" weltweit erfolgreich
Die deutsche Netflix-Serie, die auch schwule Handlungsstränge hat, wird zum weltweiten Hit.

Was geht auf der "Kerberos" vor sich? (Bild: Netflix)
- 22. November 2022, 09:32h 3 Min.
Die achtteilige Mystery-Thrillerserie "1899" ist ein weltweiter Erfolg: Laut der Analyseseite Flixpatrol war die am Donnerstag gestartete deutsche Produktion in den letzten Tagen die weltweit erfolgreichste Serie auf dem Streamingportal Netflix. Am Wochenende sprang sie auch in den USA auf den ersten Platz – und lag damit vor der schwarzen Komödie "Dead to Me" mit Christina Applegate und der britischen Historienserie "The Crown".
Die Serie handelt von einer Gruppe europäischer Emigrant*innen, die im Jahr 1899 mit dem Schiff "Kerberos" von London nach New York aufbrechen, um sich dort ein besseres Leben aufzubauen. Doch der Trip wird schnell zum Albtraum, nachdem sich eigenartige Dinge auf dem Schiff abspielen. In den acht Teilen werden die Hintergründe der Passagier*innen erzählt, die allesamt Geheimnisse verbergen. Dabei ist auch männliche Homosexualität ein Thema, die Ende des 19. Jahrhunderts noch als Tabu bzw. Straftat galt.
"1899" war dabei laut Flixpatrol am Wochenende in mehr als 50 Ländern die meistgesehen Serie auf Netflix, darunter auch in vielen Staaten, in denen Homosexualität auch heute noch als Verbrechen gilt. Hierzu zählen Ägypten, Bangladesch, Jamaika, Katar, Kuwait, Malaysia, Marokko, Nigeria, Oman, Pakistan, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch in vielen europäischen Ländern sprang die Serie an manchen oder mehreren Tagen auf Platz eins, darunter neben Deutschland, Österreich und der Schweiz etwa auch Frankreich, die Niederlande und die Türkei.
Der Erfolg in Verfolgerstaaten könnte einen Debatte um Verbote anheizen: In arabischen Staaten wird etwa bereits seit längerem gefordert, queere Inhalte auf Netflix zu untersagen. Erst im September hatte der Golf-Kooperationsrat, dem Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate angehören, den Streamingdienst aufgefordert, "anstößige Inhalte" zu entfernen. Der Rat beklagte, dass viele Sendungen "islamischen und gesellschaftlichen Werten und Prinzipen entgegenstehen". Im staatlichen Fernsehen von Saudi-Arabien wurde Netflix als "offizieller Sponsor von Homosexualität" gebrandmarkt.
Paneuropäisches Ensemble
Die hauptsächlich in Babelsberg gedrehte Serie "1899" besticht insbesondere durch ein internationales Ensemble aus mehreren europäischen Ländern. Dazu zählen die Engländerin Emily Beecham ("28 Weeks Later", "Into The Badlands"), der Deutsche Andreas Pietschmann ("Ku'damm 59", "Ku'damm 63"), der Pole Maciej Musiał ("1983"), der Däne Lucas Lynggaard Tønnesen ("The Rain", "Borgen") und der Spanier Miguel Bernardeau ("Élite"). Die Serie wurde erfunden von Jantje Friese und Baran bo Odar, die bereits zuvor mit "Dark" auf Netflix Erfolge gefeiert hatten. TV-Kritiker*innen bewerteten das auf drei Staffeln ausgelegte "1899" mehrheitlich positiv.
Anders als in anderen Produktionen unterhalten sich die Darsteller*innen hauptsächlich in ihrer Muttersprache, dadurch haben die Figuren Probleme, einander zu verstehen. Gesprochen wird auf Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch, Polnisch, Dänisch, Portugiesisch, Kantonesisch, Norwegisch und Schwedisch. Es wird daher empfohlen, die Serie in den Originalsprachen mit Untertiteln anzuschauen, da das Überwinden von Sprachbarrieren ein integraler Bestandteil der Reihe ist – und dieser in der deutschen Synchronisation weggewischt wird. Bei Netflix wird die internationale Sprachfassung etwas irreführend als "Englisch [Original]" aufgeführt. (dk)
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Falls jemand was Schwules findet, das Saudi Arabien nicht feiern würde, lasst es mich bitte wissen. Ich habe bislang bloß so lose in einzelne Episoden reingeschaut. Es gibt so etwas relativ am Anfang, das sich bisschen wie ein Flirt anfühlt. Aber komplett alles daran ist derart überlagert von offenem Selbsthass und auch Homofeindlichkeit seitens Dritten, vom Flirtabbruch durch Weglaufen bis hin zur offenen Verachtung /Attacke (Anspucken vor Dritten) auf den vorher angeflirteten Typ, dass ich es als null empowernd, sondern einfach nur als schwer zu ertragende, psychische Gewalt empfunden habe.
Gleichzeitig wird es dann noch als großartiges "Geheimnis" gefeiert, dass man etwas so unglaublich Schwules getan hat, wie... sich einmal zehn Sekunden tief in die Augen zu sehen. Natürlich mit Gittertür dazwischen, damit die zusehenden Heten bloß nichts ertragen müssen, das über ihren Moralkompass hinausgeht.
Wie gesagt, falls wer noch was Schöneres findet, wäre ich dankbar für Tipps. Soweit ich es bislang überblicken kann, können homofeindliche Staaten für dieses "Vorbild" bloß gratulieren. Es ist mal wieder eine Übung der Art "sei dankbar, wenn du existieren darfst". Und im Gesamtkontext, der gegen Ende deutlich wird und den ich jetzt mal nicht spoilern werde, ist dieses Level an Nicht-Emanzipation einfach nicht zu entschuldigen.