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ADS-Chefin

Ataman will Sonderrechte für kirchliche Arbeitgeber einschränken

Der obersten Kämpferin gegen Diskriminierung reicht das neue Arbeitsrecht der katholischen Kirche nicht aus.


Die Anti­diskriminierungs­beauftragte Ferda Ataman will kirchlichen Arbeitgebenden keine Extrawurst mehr gewähren (Bild: Heinrich-Böll-Stiftung / flickr)

  • 23. November 2022, 12:26h 4 4 Min.

Die Bundes-Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman will Sonderregelungen für kirchliche Arbeitgeber einschränken. Die sogenannte "Kirchenklausel" im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) müsse geändert werden, sagte die Chefin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) am Mittwoch in Berlin. "Anforderungen an die Religionszugehörigkeit oder an die Lebensweise von Mitarbeitenden sollte es zukünftig nur noch im engsten Verkündungsbereich geben." Der Artikel regelt eine "zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung".

Die von den katholischen Bischöfen beschlossene Lockerung des kirchlichen Arbeitsrechtes geht Ataman nicht weit genug. "Es ist wichtig und überfällig, dass sich die Kirchen nicht mehr in das Privatleben ihrer Mitarbeiter*innen einmischen wollen – also bei Menschen, die in Scheidung leben oder eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft leben", sagte sie laut Mitteilung. "Allerdings enthält auch die neue Grundordnung zu viele Ausnahmen. Damit sind Beschäftigte der Kirchen leider noch nicht umfassend vor Diskriminierungen geschützt."

Bisher drohte Mitarbeitern der katholischen Kirche die Kündigung, wenn sie zum Beispiel gleichgeschlechtlich heiraten, aber auch bei einer zweiten Heirat nach einer Scheidung. Die Bischöfe hatten am Dienstag in Würzburg beschlossen, das zu ändern (queer.de berichtete). Die neue "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" soll das Arbeitsrecht für 800.000 Beschäftigte der katholischen Kirche und der Caritas reformieren. Damit sie rechtlich bindend wird, müssen die 27 deutschen Bistümer sie noch offiziell verabschieden.

Erste Bistümer teilten bereits mit, das tun zu wollen – darunter auch das Erzbistum Köln unter seinem als besonders konservativ geltenden Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki. Mit dem Erzbistum München und Freising, dem Erzbistum Bamberg und den Bistümern Augsburg und Würzburg teilten vier der sieben bayerischen Bistümer ebenfalls am Mittwoch mit, die neue Regelung umsetzen zu wollen.

Neues kirchliches Arbeitsrecht "erster, zögerlicher Schritt"

Ataman nannte die neue Grundordnung "einen ersten, zu zögerlichen Schritt" für einen besseren Schutz vor Diskriminierung. "So kann zum Beispiel eine Krankenpflegerin, die in einem kirchlichen Krankenhaus arbeitet, immer noch ihren Job verlieren, wenn sie aus persönlichen Gründen aus der Kirche austritt", sagte sie. "Ich sehe das als Eingriff in die Rechte der Beschäftigten und als Einfallstor für Diskriminierungen".

Die Kirchen zählen den Angaben nach zu den größten Arbeitgebenden in Deutschland. "Der Schutz der Mitarbeitenden vor jeglicher Form von Diskriminierung muss selbstverständlich und für alle Beschäftigen in Deutschland gleich sein. Ausnahmeregelungen, die noch dazu Diskriminierungen möglich machen, sind nicht nachvollziehbar."

Ataman war erst Anfang Juli vom Bundestag zur dritten Chefin der Antidiskriminierungsstelle gewählt worden (queer.de berichtete). Gegen die streitbare Politologin gab es viel Widerstand aus CDU, FDP und AfD. Zuvor war die Stelle vier Jahre lang wegen Streitereien um die Neubesetzung unbesetzt gewesen.

HuK: "Gravierendes Defizit"

Die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) kritisierte die neue Grundordnung als unzureichend. "Es bleibt ein Rätsel, warum die Bischöfe Trans*- und Inter*-Personen explizit nicht den versprochenen Schutz zusagen", sagte HuK-Sprecher Thomas Pöschl der Deutschen Presse-Agentur. Er sprach von einem "gravierenden Defizit".

Im Rahmen des Reformprozesses Synodaler Weg hätten die Bischöfe noch mit 93 Prozent einen Passus beschlossen, der es ausdrücklich verbiete, Menschen "aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität" nicht einzustellen oder ihnen aus diesen Gründen zu kündigen. "Dieser Passus fehlt in der neuen Grundordnung", kritisiere Pöschl. Insgesamt nannte er es aber einen "Paradigmenwechsel", dass das Privatleben arbeitsrechtlich von der Kirche nicht mehr bewertet werden solle.

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Kaddor: Kirche muss zeigen, dass sie es ernst meint

Unterdessen begrüßte auch die innen- und religionspolitischer Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Lamya Kaddor, den "überfälligen" Schritt der Kirche, sich ein neues Arbeitsrecht zu geben. Nun müssten kirchliche Arbeitgebende aber zeigen, dass sie es ernst meinten: "Insbesondere die weiterhin sanktionierbare 'kirchenfeindliche Betätigung' darf nicht als Mittel dienen, um auf Umwegen Mitarbeiter*innen für ihre persönliche Lebensführung zu sanktionieren. Es bedarf gerade auch im Hinblick auf trans- und intergeschlechtliche Mitarbeiter*innen weiterer Schritte der Gleichstellung", so Kaddor.

Auch beim kollektiven Arbeitsrecht im kirchennahen Bereich gebe es Handlungsbedarf. "Denn Beschäftigte bei kirchlichen Wohlfahrtsverbänden haben nicht die gleichen Rechte wie vergleichbare Arbeitnehmer*innen. Auch sie müssen das Recht haben, Betriebsräte zu gründen, Tarifverträge in einem ordentlichen Verfahren abzuschließen und für ihre Belange streiken zu dürfen", sagte die Grünenpolitikerin aus Nordrhein-Westfalen. (dpa/dk)

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#1 PeerAnonym
  • 23.11.2022, 14:05h
  • Man bräuchte einfach nur im ADG die Passagen für Religionen zu streichen. Das wäre Gleichheit für alle. Bloß jetzt keine zusätzlichen Regelungen in immer neuen Gesetzen, wenn eine einfach Streichung einer Ausnahme in einem bestehenden Gesetz genügt.
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#2 30167Anonym
  • 23.11.2022, 20:09h
  • Sonderrechte gehören nicht eingeschränkt sondern abgeschafft. Ein Recht mit Sonderrecht ist kein Recht sondern versteckte Willkür.
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#3 Pride

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