Trotz des Gesetzes dürfte der Streit um die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare in den USA ebenso weitergehen wie um Hochzeitstorten und ähnliche Dienstleistungen (Bild: Chris Kreussling / flickr)
Eine Gesetzesinitiative der Demokraten zum dauerhaften Schutz gleichgeschlechtlicher Ehen hat am Dienstagnachmittag Ortszeit mit 61 zu 36 Stimmen den US-Senat passiert. Zwölf Republikaner stimmten mit den Demokraten für das Gesetz.
Bislang ist die Ehe für alle nicht durch ein Bundesgesetz ermöglicht worden, sondern durch ein Urteil des Supreme Court aus dem Jahr 2015. Allgemein wird befürchtet, dass die inzwischen konservative Besetzung des höchsten Gerichts das Urteil ebenso kassieren könnte wie vor einigen Monaten sein früheres Urteil zum Recht auf Abtreibung.
Damit könnte die Verantwortung für die Ehe für alle wieder bei den Bundesstaaten landen – der Gouverneur von South Carolina, Henry McMaster, hat etwa angekündigt, bei einem entsprechenden Urteil gleichgeschlechtlichen Paaren in seinem Staat die Möglichkeit zu Eheschließungen zu nehmen. Um überhaupt eine Chance auf Verabschiedung zu haben, verbietet der "Respect for Marriage Act" Bundesstaaten praktisch nicht, die gleichgeschlechtliche Ehe wieder abzuschaffen.
Allerdings werden alle Bundesstaaten gezwungen, Ehen gleichgeschlechtlicher Paare aus anderen Bundesstaaten anzuerkennen. Der Schutz, für den das US-Justizministerium und alle Betroffenen Klagerechte besitzen, bezieht sich auch auf früher in allen Staaten legal geschlossene Ehen und auf alle föderalen Rechte. Um Regelungslücken zu schließen, werden auch "gemischtrassige" Ehen geschützt.
Die Demokraten von Präsident Joe Biden waren für das Vorhaben im Senat auf Unterstützung aus dem Lager der Republikaner angewiesen, weshalb es im Vorfeld zu langen Verhandlungen kam. Die Verabschiedung gilt daher trotz Kompromisse als großer Erfolg der Demokraten.
In der US-Bevölkerung steht eine breite Mehrheit – laut einer Umfrage vom Sommer mehr als 70 Prozent – hinter der Ehe für alle. Die religiöse Rechte ist aber entschieden gegen gleichgeschlechtliche Ehen.
Viele Streitfragen ausgeklammert
Das Gesetz landet nun noch einmal im Repräsentantenhaus, das im Sommer mit großer Mehrheit von 267 Ja-Stimmen bei 157 Gegenstimmen die erste Vorlage auf den Weg brachte. Die Demokraten hoffen auf eine Verabschiedung vor der teilweisen Neubesetzung des Repräsentantenhauses im Januar, wenn die knappe Mehrheit auf die Republikaner übergeht und manch neue Hardliner in die Kammer einziehen.
Das Gesetz gilt als Kompromiss, in dem es ein Recht auf die Ehe für alle nicht landesweit vorschreibt und sich zu Streitfragen zu vermeintlicher "Religionsfreiheit" im Gegenspiel zu Antidiskriminierung und Gleichbehandlung zurückhält. Dürfen christliche Konditoren oder Hochzeitsfotografen gleichgeschlechtlichen Paaren Dienste verweigern? Um Fragen wie diese wird weiter vor Gerichten gestritten werden.
Einige Republikaner hatten Zusatzanträge für mehr vermeintliche "Religionsfreiheit" eingebracht. Zugleich stellt der aktuelle Kompromiss-Gesetzentwurf fest, dass Glaubensgemeinschaften und religiöse Organisationen nicht gezwungen sind, gleichgeschlechtliche Eheschließungen anzuerkennen oder abzuhalten – was als de-facto-Rechtslage angesehen wird. Religiöse Universitäten dürften etwa weiter Student*innen gleichgeschlechtliches Dating verbieten und ihre Steuerbefreiung behalten – für "gemischtrassige" Beziehungen gelten strengere Richtlinien. Menschen mit einer religiösen Sicht auf die Ehe wird in dem Gesetz "Respekt" zugesichert.
Biden: "Liebe ist Liebe"
Mit der "parteiübergreifenden Verabschiedung des Gesetzes" werde bald eine "grundlegende Wahrheit" bekräftigt, erklärte US-Präsident Joe Biden nach der Abstimmung. "Liebe ist Liebe, und Amerikaner sollten das Recht haben, den Menschen zu heiraten, den sie lieben."
Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, sprach von einem "bedeutenden Schritt nach vorn für mehr Gerechtigkeit für LGBTQ-Amerikaner". "Die heutige Abstimmung ist für viele von uns in dieser Kammer eine sehr persönliche Angelegenheit", fügte Schumer hinzu, der eine lesbische Tochter hat.
Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU), begrüßte den "historischen Schritt". Sie forderte aber zugleich einen stärkeren Einsatz für die Rechte von trans Menschen. In mehren US-Bundesstaaten werden deren Rechte zunehmend eingeschränkt. Der Kongress müsse "kämpfen, als ob das Leben von trans Menschen von ihren Bemühungen abhängt, weil das tatsächlich der Fall ist", erklärte James Esseks von ACLU. (cw/AFP)
Natürlich trotzdem besser als gar nichts, aber das ist halt Grund Nr. 34394, warum es absolut widerlich ist, mit Queerfeinden zu »verhandeln«. Das war keine Verhandlung, das war Erpressung. Aber das passiert halt, wenn solche Leute auch nur in die Nähe von Macht kommen.
Dass die im Senat überhaupt ganze 60 von 100 Stimmen »brauchten«, und nicht einfach 51, (oder 50 mit Vizepräsi als Tiebreaker) ist auch absoluter Bullshit, der sich Filibuster nennt. Das ist eine von den Dems selbst zugefügte Wunde, die sie abschaffen könnten, wenn sie wollten. Die hätten mit ihrer einfachen Mehrheit im Senat das auch so durchboxen können, dafür hätten sie halt einfach nur den Filibuster abschaffen müssen. Wollen sie aber nicht aus nicht nachvollziehbaren Gründen, als wäre er etwas Heiliges oder so. Diese dämliche Logik, dass man irgendwelche Bullshitprozesse beachten muss (obwohl man das in Wahrheit nicht muss), ist so frustrierend.
Die GOP hat hingegen schon im Wahlkampf vollmundig angekündigt, den Filibuster abzuschaffen, sobald sie eine Mehrheit haben (egal wie hauchdünn), um dann sofort Abtreibungen landesweit zu verbieten (und wohl noch vieles mehr), und das könnten sie auch. Die GOP ist zwar grausam, aber leider auch effektiv. :-(
Trotzdem, besser ein Minifortschritt, als gar keiner.