Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?44152

Polit-Skandal

NYT: Schwuler Republikaner erfand Lebenslauf

Der frisch in den Kongress gewählte Abgeordnete George Santos soll sich laut einem Zeitungsbericht seine Biographie als Verkörperung des amerikanischen Traums größtenteils erdichtet haben.


George Anthony Devolder Santos erzählte im Wahlkampf offenbar eine Reihe von Märchen (Bild: George Santos / twitter)
  • 20. Dezember 2022, 11:59h 4 4 Min.

Wenige Wochen nach den Midterm-Wahlen in den USA, bei denen die Republikaner eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus erzielen konnten, weckt ein Bericht der "New York Times" erhebliche Zweifel an einem der neu gewählten Abgeordneten: George Santos hatte den New Yorker Wahlbezirk 3, der unter anderem Long Island umfasst, mit 54,1 Prozent gegen den Demokraten Robert Zimmerman holen können.

Santos ist die erste offen homosexuelle Person der Republikaner, die als solche erstmals in den Kongress gewählt wurde (zwei frühere Abgeordnete hatten nach einem Coming-out oder Outing in ihrer Amtszeit eine Wiederwahl geschafft). Die Wahl war zugleich die erste entsprechende in den USA, bei der beide Kandidaten offen schwul waren. Zimmerman sollte auf den Demokraten Thomas Suozzi folgen, der 2020 noch 56 Prozent gegen Santos erzielt hatte.

Der 32-Jährige hatte sich im aktuellen Wahlkampf als "volle Verkörperung des amerikanischen Traums" präsentiert. Santos gab an, als Sohn brasilianischer Einwanderer eine erfolgreiche Aufstiegskarriere hinter sich gebracht zu haben: Vom Studenten zum erfolgreichen Wall-Street-Bänker zu großen Immobilien-Besitz und einer wohltätigen Tierschutzorganisation, die mehrere tausend Katzen und Hunde gerettet habe.

Selbst Verbindung zum Pulse-Massaker erfunden?

Eine am Montag von der "New York Times" veröffentlichte Recherche zur Überprüfung von Wahlkampf-Aussagen Santos' stelle allerdings "wesentliche Teile des Lebenslaufs in Frage, den er an die Wähler verkauft hat", schreibt die Zeitung. So habe das Baruch-College, an dem Santos seinen Hochschul-Abschluss gemacht haben will, keine Unterlagen zu ihm gefunden (nachfolgenden Medienberichten zufolge gibt es auch keine Belege für eine weitere angegebene Zeit an der New York University). Citygroup und Goldman Sachs, für die er laut veröffentlichten Lebenslauf gearbeitet haben will? Auch die beiden Banken antworteten der NYT, keinerlei entsprechende Unterlagen über irgendeine Tätigkeit des Politikers zu finden.

/ Santos4Congress
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Die Steuerbehörde fand laut NYT keine Eintragung für die angeblich als wohltätig registrierte Tier-Charity. An seinem für Wahlen registrierten Wohnsitz fand die Zeitung keine Person, die den Kandidaten kannte. Und Santos' Familienunternehmen, das angeblich 80 Millionen US-Dollar an Eigentum verwaltet, wirft laut der Zeitung ebenfalls erhebliche Fragen auf.

Ein weiteres pikantes Detail aus der Recherche: In einem Interview hatte Santos angegeben, eine seiner Firmen habe vier Mitarbeitende bei dem Anschlag auf den queeren Club Pulse verloren. "Aber eine 'Times'-Untersuchung von Nachrichtenbeiträgen und Nachrufen hat gezeigt, dass keines der 49 Opfer für eine der vielen in seinem Lebenslauf genannten Firmen zu arbeiten schien", so die Zeitung.

- w -

Trump-artiges Nicht-Dementi

Gegenüber der "New York Times" hatte Santos keine Stellungnahme abgegeben. Via Twitter veröffentlichte er am Montag eine von einem Anwalt unterzeichnete Erklärung, die neben einem offenbar falsch Winston Churchill zugeordneten Zitat und Angriffen auf die Demokraten auch eine "Schrotflinten-Explosion an Angriffen" durch die Zeitung beklagt: "Es ist keine Überraschung, dass der gewählte Kongressabgeordnete Santos Feinde bei der 'New York Times' hat, die versuchen, seinen guten Namen mit diesen diffamierenden Anschuldigungen zu beschmutzen". Ein näheres Dementi oder Eingehen auf die Vorwürfe bot die Stellungnahme nicht.

Derweil tauchen immer mehr Zweifel an weiteren Darstellungen von Santos auf. So warb er in seinem Wahlbezirk mit einer größeren jüdischen Community damit, als praktizierender Katholik auch jüdische Wurzeln zu haben. Seine Großeltern mütterlicherseits seien vor Judenverfolgung in der Ukraine nach Belgien und dann im zweiten Weltkrieg nach Brasilien geflüchtet, so Santos. Doch für ein Jüdisch-Sein der Mutter, Fatima, fanden Medien in ersten Recherchen keine Indizien.

Umstritten war Santos ansonsten ohnehin: Er ist ein Unterstützer von Donald Trump und nahm an dessen Rede vor der Erstürmung des Kapitols teil. Später sagte er in einem Interview, er habe "einen netten Scheck" an Anwälte ausgestellt, die daran Beteiligte vor Haftstrafen bewahren wollten. Santos ist Abtreibungsgegner. Vor wenigen Tagen machte ein Bericht Schlagzeilen, wonach Santos für seine Wahlkampagne offenbar russisches Oligarchen-Geld erhalten haben soll und zugleich Kremlin-Talking-Points verbreitet habe. Die Ukraine sei ein "totalitäres Regime", meinte er kurz nach dem russischen Einmarsch, die Einwohner, die "mehr russisch als ukrainisch" fühlten, hätten "die Russen in ihren Provinzen willkommen" geheißen.

Während Republikaner zu den neuen Enthüllungen größtenteils auf Tauchstation gingen, fordeten Demokraten Aufklärung. "Letztlich muss hier Rechenschaft abgelegt werden", sagte der unterlegene Zimmerman. Zugleich weckte sich in sozialen Netzwerken auch Kritik an den Demokraten (und Lokalmedien), dass ein offensichtlicher Hochstapler bei gleich zwei Wahlen als Konkurrent antrat, ohne dass dies bemerkt wurde. (cw)

-w-

#1 SeraphinaAnonym
  • 20.12.2022, 17:41h
  • Joa dieser komplett gefakte Lebenslauf passt perfekt zu diesem sich selbst hassenden schwulen MAGA Trumpist, weitere Worte bedarf es nicht zu dieser Person.
  • Direktlink »
#2 NanuchenAnonym
  • 21.12.2022, 14:15h
  • Ach guck, ein "Wertkonservativer", der sich "überraschend" mit Lügen einen Quasi-Heiligenschein holt. Wäre man jetzt "böse", könnte man da ein Muster in diesen Kreisen sehen :engel:
  • Direktlink »
#3 KilianEhemaliges Profil
  • 21.12.2022, 16:13h
  • Es ist für mich kaum vorstellbar, dass so ein Betrüger in seinem Amt verbleibt. Da sollten Mechanismen greifen, wenn schon kein Gramm Restanstand in Herrn Santos verblieben ist, der ihm den Rücktritt ins Gewissen spricht.
  • Direktlink »

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: