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"Ohrfeige" für nicht-binäre Menschen
Schweizer Bundesregierung gegen dritten Geschlechtseintrag
Vier Jahre nach Aufforderung durch das Parlament hat der Nationalrat einen Bericht vorgelegt, in dem er die Einführung und Anerkennung einer dritten Geschlechtsoption ablehnt.
- 21. Dezember 2022, 18:01h 2 Min.
In der Schweiz wird es auch in Zukunft anders als in Deutschland oder Österreich keine Anerkennung einer dritten Geschlechtsoption geben. Eine entsprechende Reform lehnte der Bundesrat, also die Regierung, in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht (PDF) zu der Frage ab.
Der Bericht war bereits im Dezember 2017 durch zwei angenommene Anträge im Parlament, dem Nationalrat, angefordert worden. In ihm vertritt die Regierung die Ansicht, "dass die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder für den generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag derzeit nicht gegeben sind". "Das binäre Geschlechtermodell" sei "nach wie vor stark in der Gesellschaft und im alltäglichen Leben verankert".
Auch wären mit der Einführung "weitreichende Konsequenzen verbunden", die bislang kaum diskutiert worden seien. "So müssten zahlreiche Erlasse der gesamten Rechtsordnung – von der Bundesverfassung bis auf Verordnungen der untersten Stufe – angepasst werden. Auch die praktischen Auswirkungen, etwa auf den Rechtsverkehr zwischen Privatpersonen oder auf die Erhebung von Statistiken wären gross. Eine Änderung müsste sorgfältig geplant und umgesetzt werden, damit keine Rechtsunsicherheiten entstehen."
Verband belagt diskriminierende Haltung der Regierung
Das Transgender Network Switzerland (TGNS) sprach von einer "Ohrfeige des Bundesrates gegen nicht binäre Menschen". Mit der kompletten Ablehnung ihrer rechtlichen Anerkennung demonstriere "der Bundesrat vor allem seine eigene feindliche Einstellung gegenüber nicht binären Menschen". Das Network zeigte sich "entsetzt wie besorgt über diese offen diskriminierende Haltung" und forderte alle politischen Akteur*innen auf, sich für die Menschenrechte nicht binärer Menschen stark zu machen.
Der Verband weist darauf hin, dass sich die Nationale Ethikkommission bereits vor zwei Jahren deutlich für die rechtliche Anerkennung von nicht binären Menschen geäussert und differenzierte Überlegungen zu Umsetzungsmöglichkeiten präsentiert habe. Auch zeige eine Umfrage aus dem letzten Jahr, dass 53 Prozent der Bevölkerung eine Anerkennung unterstützten.
"Die rechtliche Anerkennung von nicht binären Menschen ist eine Frage der Wahrung ihrer Grund- und Menschenrechte. Dies ist eine verfassungsrechtliche Aufgabe der Politik, unabhängig der Anzahl betroffener Menschen oder persönlicher Meinungen von Bundesratsmitgliedern", erläutert Sigmond Richli vom TGNS. "Wir erwarten deshalb vom Bundesrat konstruktive Ansätze". Wenn Gesetzesumsetzungen umfassend seien und Zeit bräuchten, wäre es notwendig, jetzt damit zu beginnen, so das Netzwerk. (cw)
















"Stimmen aus der Verwaltung hatten in den vergangenen Wochen vermuten lassen, dass der Bericht ursprünglich erst im kommenden Frühling hätte verabschiedet werden sollen. Zuständig wäre dann die neue SP-Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider gewesen.
Dass der Bundesrat den Bericht nun an seiner letzten Sitzung in alter Zusammensetzung verabschiedete, kam überraschend. Federführend war die bisherige Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP).
Sibel Arslan vermutet deshalb Taktik hinter dem Entscheid. Sie will das dritte Geschlecht an der ersten Sitzung der Rechtskommission im neuen Jahr nochmals thematisieren. «Der Bericht des Bundesrats ist ein Ärgernis. Die Haltung, die dahintersteckt, müssen wir korrigieren"
Das war also reine Machtdemonstration der FDP Bundesrätin, die als äussert konservativ gilt!