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Tel Aviv

LGBTI-Proteste gegen Netanjahus neue Regierung in Israel

Hunderte von Demonstrant*innen blockierten am Donnerstagabend eine Schnellstraße in Tel Aviv, um gegen die neue Koalition aus rechten, rechtsextremen und ultrareligiösen Parteien zu demonstrieren.


Protest mit Regenbogen- und Israel-Fahnen auch vor dem Regierungssitz (Bild: IMAGO / ZUMA Wire)
  • 30. Dezember 2022, 12:08h 6 3 Min.

Nach der Vereidigung der neuen rechts-religiösen Regierung in Israel ist es bereits zu ersten Protesten gekommen. Am Donnerstagabend blockierten Hunderte von Demonstrant*innen in Tel Aviv eine Schnellstraße. Sie pochten auf die Rechte der LGBTI-Community. Sie fürchten nach queerfeindlichen Äußerungen von Koalitionsmitgliedern massive Einschränkungen.

Hila Peer, Vorsitzende des LGBTI-Verbands The Aguda, sagte nach Angaben der "Times of Israel" bei dem Protest: "Düsternis hat sich auf Israel herabgesenkt." Der Verband betonte, man sei nicht bereit, zu "Bürgern zweiter Klasse" zu werden.

Israel neue Koalition vereinbarte u.a. die Legalisierung von Diskriminierung. So sollen private Dienstleister*innen künftig queere oder nicht-jüdische Kund*innen ausschließen können, wenn ihr "religiöses Empfinden" das verlangt (queer.de berichtete). Zudem übernahmen mehrere queerfeindliche Politiker*innen einflussreiche Ministerposten (queer.de berichtete).

Offen schwuler Parlamentspräsident

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von der rechtskonservativen Likud-Partei behauptete dagegen, die LGBTI-Community habe nichts zu befürchten. Amir Ochana von seiner Likud-Partei wurde am Donnerstag als erster offen schwuler Politiker zum Parlamentspräsidenten gewählt.


Amir Ochana wird nach seiner Wahl der Hammer des Parlamentspräsidenten überreicht (Bild: IMAGO / UPI Photo)

In einer emotionalen Ansprache, bei der er sich an seine Eltern und seinen Lebenspartner sowie die gemeinsamen Kinder wandte, bekräftigte Ochana, auch alternativen Familien werde kein Schaden zugefügt werden. Israelische Medien berichteten jedoch, zwei strengreligiöse Abgeordnete hätten während der Ansprache demonstrativ die Köpfe gesenkt.

Die israelische Botschafterin in Paris, Jael German, legte am Donnerstag aus Protest gegen die neue Regierung ihr Amt nieder. Sie könne die radikalen Reformabsichten der Koalition Netanjahus nicht unterstützen, schrieb sie in einem Brief an den Regierungschef. Sie warnte vor einer "Gefahr für den demokratischen Charakter Israels und seiner Werte".

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Keine offene Kritik von der Bundesregierung

Die neue Regierung war am Donnerstag im Parlament vereidigt worden. Es ist die am weitesten rechts stehende Regierung, die Israel je hatte. Erstmals sind auch rechtsextreme Politiker gemeinsam mit tiefreligiösen Kräfte in der Koalition vertreten.

Offene Kritik an Netanjahu gab es am Donnerstag weder aus Washington noch aus Berlin oder Brüssel. Bundeskanzler Olaf Scholz verzichtete in seiner Gratulationsbotschaft an Netanjahu auf kritische Worte und hob stattdessen die besondere und enge Freundschaft zu Israel hervor. "Für die anstehenden Aufgaben wünsche ich Ihnen gutes Gelingen, eine glückliche Hand und viel Erfolg", erklärte der SPD-Politiker. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beglückwünschte Netanjahu per Twitter zum Amtsantritt und zeigte sich hoffnungsvoll, die Partnerschaft der EU mit Israel auszubauen und sowohl bei der Befriedung des Nahen Ostens als auch bei der Bewältigung der Folgen des Ukraine-Kriegs zusammenzuarbeiten. (cw/dpa)

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#1 Pride
  • 30.12.2022, 13:50h...
  • Das demokratische Israel wird sich seiner Feind*innen von innen und außen erwehren.
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#2 SebiAnonym
  • 30.12.2022, 14:23h
  • Genau das ist eben der Unterschied zwischen Israel und anderen Staaten in der Region.

    Anderswo ist die Verfolgung von LGBTI Alltag und niemand würde es wagen, dagegen zu protestieren (und die Mehrheit ist auch gar nicht dagegen).

    Aber in Israel führt selbst schon die potentielle Gefahr von Einschränkungen für LGBTI zu Protesten. Und diese Proteste sind in Israel auch möglich, ohne dass sie niedergeknüppelt werden.

    Ich kann nach wie vor nur hoffen, dass die Mehrheit der israelischen Gesellschaft sich keine Rückschritte einer ultrakonservativen Minderheit diktieren lassen.
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#3 FennekAnonym
  • 30.12.2022, 14:44h
  • Natürlich passt mir die neue Regierung auch nicht und ich hätte mir eine andere gewünscht. Und auch ich hoffe, dass diese Regierung sich schnell selbst zerlegt.

    Aber dass sofort nach der Vereidigung Israelis auf die Straße gehen, obwohl noch kein einziges Gesetz beschlossen wurde, stimmt mich hoffnungsfroh, dass dieses freiheitsliebende, demokratieliebende Volk sich wehren wird, falls da irgendwas passiert, was nicht in Ordnung ist.

    Und mal eine Gegenfrage an alle Kommentatoren, die hier in letzter Zeit Israel dämonisiert haben:

    Dort gibt es nur schon bei möglichen Gefahren Proteste. Wo sind denn in Deutschland die Demos bei ganz alltäglichen Gefahren?

    Wenn in Deutschland LGBTI ermordet oder krankenhausreif geprügelt werden, geht niemand auf die Straße.

    Dass hier nach wie vor LGBTI schon per Grundgesetz Menschen 2. Klasse sind, treibt niemanden auf die Straße.

    Dass durch das Verbot von Konversionstherapien nur für Minderjährige, dann gleichzeitig für alle anderen Konversionstherapien aus der Grauzone geholt wurden und legalisiert wurden, treibt hier auch niemanden auf die Straße.

    Dass verfolgte LGBTI von unserer Regierung in Verfolgerstaaten abgeschoben werden (und das wird nicht diskutiert, sondern ist seit Jahren alltägliche Praxis in Deutschland) treibt auch niemanden auf die Straße.

    Wer von den Leuten, die jetzt Israel kritisieren, obwohl sich dort das Volk wehrt, geht denn hierzulande auf die Straße, wenn hier ähnliches oder sogar noch Schlimmeres passiert?!

    Es ist verlogen bei all dem Unrecht in Deutschland bequem im Sessel sitzen zu bleiben und sich dann bei Israel, wenn eine Gefahr besteht, wo noch niemand weiß, ob die sich erfüllen wird, aufregt und Israel als angebliches Monster hinstellt.
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