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Vorschau / Jahresrückblick, Teil XII
Und das passiert in 2023. Wirklich!
Das Jahr 2022 ist bald vorbei und im neuen Jahr geht alles so geil weiter wie bisher. Versprochen! Warum wir das so genau wissen? Redaktionsorakel Jeja Klein hat in die Kristallkugel geblickt.

Zum Jahresabschluss fließt der Cremant nicht nur an Sven Lehmanns Arbeitsplatz, dem Familienministerium, in Strömen (Symbolbild) (Bild: Couleur / pixabay)
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31. Dezember 2022, 16:14h 5 Min.
Queerpolitisch verheißt das kommende Jahr nur Gutes. Denn nach Jahren, die von Vertagungen und Rückschlägen geprägt waren, ist nun eine neue, liberale und soziale Regierungskoalition an der Macht.
"Der queerpolitische Stillstand findet endlich ein Ende" hieß es dazu etwa von Jens Brandenburg (36, FDP) und mein Kollege und Geschäftsführer Micha Schulze (auch 36, queer.de) schlagzeilte auf diesem Portal euphorisch "Bunte Republik Deutschland – endlich!" über den gerade veröffentlichten Koalitionsvertrag der Ampel. Und die wird uns auch 2023 nicht vergessen haben. Futur zwo!
Goldene Zeiten
2023, das wird für uns Queers ein Jahr, das abgeht wie Andrew Tate auf dem Elon-Musk-Freespeech-Twitter. Denn schon früh, noch im Winter, wird uns so manche frohe Ankündigung von Sven Lehmann (43, Grüne), des Queerbeauftragten der Bundesrepublik, ereilen. Goldene Zeiten gar brechen an, wird es heißen, und wir als LGBTI-Community übersteuern unsere für Vorfreude zuständigen Synapsen wie eine Rasselbande frecher Bälger nach ein paar 1,5-Liter-Flaschen River Cola.
Apropros: Billo-Cola saufen wird in Zukunft wegen der kommenden Hartz-IV-Erhöhung (sog. "Bürgergeld") genau so der Vergangenheit angehören wie jede Zumutung, der wir in diesem Land aufgrund von Diskriminierung unserer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität bislang noch ausgesetzt gewesen waren. Bündnis-90-die-Grünen-Ehrenwort (†20). Aber wo war ich?
[Zwischenruf aus dem Plenum] Das Selbstbestimmungsgesetz!
Das Selbstbestimmungsgesetz! Hier werden nur noch schnell ein paar Fachfragen fachlich geklärt, Eckpunkte geeckt und gepunktet und Fußbälle zwischen Team Familienministerium und Team Justizministerium hin und her gekickt. Wichtige Tätigkeiten von Beamt*innen, Staatssekretär*innen und Politiker*innen also, die natürlich keinerlei Auswirkungen auf die inhaltliche Ausgestaltung haben, aber aus bloß formalen Gründen eben sehr sehr wichtig sind. So ein Gesetz muss schließlich am Ende niet-, nagel- und klage-, wind- und wetterfest sein.
"2023 wird das Jahr, in dem wir das Selbstbestimmungsgesetz endlich durch ein Transsexuellengesetz ersetzen!", schreibt Sven Lehmann deshalb gleich am 1. Januar zügig nach der 0-Uhr-Böllerei und ein paar Gläsern Cremant in allen sozialen Medien. Äh, natürlich anders herum. Also jetzt nicht den ganzen Cremant schon vor 0 Uhr – wobei, das vielleicht auch – sondern das Transsexuellengesetz (41) ersetzt durch das Selbstbestimmungsgesetz.
Halt.
Schnell noch mal nachgesehen: durch "ein" Selbstbestimmungsgesetz. Als unbestimmt kann hier aber nur der Artikel gelten: Pünktlich zur Sommerpause soll es nämlich schließlich heißen: "Da is' das Ding!"
Liebe zu Dritt
Im September wird es dann zwar noch eine kleine Verzögerung bei der Umsetzung des wichtigen Reformvorhabens für Trans- und Intergeschlechtliche geben und auch an den Eckpunkten muss noch mal einer mit Wasserwaage und Winkelmesser ein wenig nachjustieren, aber nun ist es wirklich, wirklich fast so weit.
Dafür aber gibt es Fortschritte bei anderen queerpolitischen Vorhaben. So sendet die Bundesregierung im Herbst erste Signale in Richtung "Verantwortungsgemeinschaft" aus, bei der zwei oder mehr Personen ihre Beziehung anerkennen lassen können sollen. Und wie!
Denn: Zwar handelt es sich bei den Signalen weniger um im Parlament vorgelegte Gesetzestexte oder festgesetzte Tagesordnungspunkte im Bundestags-Sitzungsplan, dafür werden Annalena Baerbock (42, Grüne), Christian Lindner (43, FDP) und Robert Habeck (53, Grüne) auf einer Reichstagstoilette von einem "Bunte"-Fotografen dabei "erwischt", wie sie eine toxische Dreiecksbeziehung ("Taz": "Triangle of Sexyness") führen.
Damit gehen die Drei als erste polyamore ménage-à-trois an der Spitze eines deutschen Bundesministeriums in die Geschichte ein – drei mal! Bundeskanzler Olaf Scholz (102, SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (66, Deutschland) wollen die Verbindung unter der sommerlichen Oktobersonne bei einem offiziellen Empfang auf Sylt feiern lassen.
Aber weil Lindners Noch-Ehefrau Franca Lehfeldt (33) dort ihren Kummer mit den noch immer hier campierenden Punks ertränkt und ein Foto von ihr auftaucht, auf dem sie in einen örtlichen Brunnen uriniert, werden die Festlichkeiten kurzerhand nach Rügen verlegt. Representation matters! Herzlichen Glückwunsch!
Schädelbasisbruch
Dann aber wieder Sven Lehmann. Mit großem Trara lässt er noch im November kurzfristig eine Pressekonferenz im Familienministerium anberaumen, um bekannt zu geben, was die Ampel gerade wieder für tolle Sachen in der Queerpolitik plant. Darunter etwa die Abschaffung des mehrfach für verfassungswidrig erklärten Transsexuellengesetzes oder die Aufnahme queerer Gruppen in den Artikel 3 des Grundgesetzes, der das Gleichbehandlungsgebot enthält.
Die PK wird jedoch davon überschattet, dass es einen Schwerverletzten gibt: Ein geschätzter Kollege des "Stern" ist während der Vorstellung eingeschlafen, vom Stuhl gekippt und hat sich eine ernsthafte Fraktur am Kopf zugezogen.
Einen Bruch am Schädel erleidet schließlich auch die Ampel-Koalition im Dezember 2023. Lindner, Baerbock und Habeck müssen leider das Ende ihrer Beziehung in einem exklusiven "Spiegel"-Interview bekannt geben.
Doch weil die noch frische Liebe mangels verabschiedeter Verantwortungsgemeinschaft keine gesetzliche Anerkennung genossen und Lindner unter den Dreien ein paar windige Vermögenswerte kreativ hin und her geschoben hatte, tun sich unüberwindbare Gräben bei der Entflechtung von Besitztümern, Konten, Staatsanleihen, laufenden Börsenwetten und Unternehmensbeteiligungen sowie Armen und Beinen auf. Olaf Scholz hat keine eigene Mehrheit mehr und nach einem von der Union eingebrachten Misstrauensantrag ist zum Jahresende Friedrich Merz (67, CDU) neuer Kanzler.
Tot, aus, Micky Maus – das war's dann endgültig mit den frohen Verkündungen von Fortschritten für LGBTI in Deutschland. Merz betont bei Lanz, auch Bundeskanzler der queeren Minderheit sein zu wollen. Einen Halbsatz später denkt er jedoch öffentlich über die Wiedereinführung des Prangers für solche Queers nach, die nicht unter ihresgleichen gemacht haben, was niemanden angeht, sondern MIT KINDERN.
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