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- 08. März 2006 2 Min.
Der Dortmunder Alex Damm wurde 1936 von Nachbarn denunziert. Er floh in den Tod. Ein Gedenkstein erinnert nun an ihn.
Von Carsten Weidemann
Dortmund. Auf Vorschlag des Arbeitskreises schwul-lesbische Geschichte in Dortmund verlegte der Kölner Künstler Günter Demnig am 7. März am Burgwall einen Stolperstein für ein schwules Opfer des Nationalsozialismus: Alex Damm wohnte hier, bis er als homosexuell denunziert wurde und sich noch während der Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft im August 1936 in der Ruhr ertränkte.
"Ich sterbe gern als Opfer des Nationalsozialismus, der Menschen von meinem Schlage einfach nicht verstehen will. [...] Leben Sie wohl; die Unehre, die Sie in den letzten Tagen über mich und meinen Namen erbracht haben, verzeihe ich Ihnen, da Sie nach dem Gesetz handeln müssen. Ich will mich nicht vor einem irdischen Richter verantworten, sondern vor meinem Gott, der mich erschaffen hat wie ich bin."
So endete der Abschiedsbrief des Dortmunders Alex Damm, der am 20. August 1936 tot in der Ruhr aufgefunden wurde. Der 49-Jährige wohnte zuletzt am Burgwall 27, heute ein Brachgrundstück mit einem Autohandel in Nachbarschaft zum bekannten Club Burgtor. Grund für Damms Flucht in den Tod war eine Anklage nach § 175a des Strafgesetzbuchs: Die nationalsozialistische Justiz warf Damm vor, "gleichgeschlechtliche Unzucht" betrieben zu haben. In einem Gerichtsverfahren gegen weitere Homosexuelle, das im Dezember 1936, also nach dem Tod Damms vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Dortmund stattfand, hatten sich fünf Dortmunder wegen "widernatürlicher Unzucht" zu verantworten und wurden zu Strafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
Der Arbeitskreis schwul-lesbische Geschichte Dortmund hat nach Schicksalen homosexueller Verfolgter in Dortmund recherchiert und plant diese demnächst zu veröffentlichen. Alex Damm, der von einem Nachbarn denunziert wurde, entzog sich der Verurteilung durch seine Flucht in den Tod. "Wenn Sie diesen Brief in den Händen haben", so schrieb er an die Dortmunder Kriminalpolizei, "so bin ich nicht mehr unter den Lebenden, denn ausgerechnet der Nationalismus soll mir kein Urteil über meine Veranlagung sprechen."
Der Künstler Günter Demnig hat inzwischen mehr als 7000 Stolpersteine in ganz Deutschland vor den früheren Wohnorten von Menschen verlegt, die durch die Nazis verfolgt worden waren. Schwulen Opfern sind bis jetzt nur wenige der messingnen Steine gewidmet. Der in der Nähe des letzten Wohnorts am Burgwall Ecke Leuthardstraße verlegte Stolperstein zur Erinnerung an Damm trägt die Inschrift:
Hier wohnte
Alex Damm
Jg. 1886
Denunziert 1936
Flucht in den Tod
08.03.2006















1969 war ich 20 Jahre alt.