Auf diesen Gesetzentwurf wartet die LGBTI-Community seit Jahren: Mit einem Änderungsantrag zum Transfusionsgesetz will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Diskriminierung von homo- und bisexuellen Männern sowie von trans Menschen bei der Blutspende beenden. "Die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität dürfen keine Ausschluss- oder Rückstellungskriterien sein", zitierten die Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" (RND) am Dienstag aus dem fertigen Entwurf.
Mit der geplanten Gesetzesänderung wird die Bundesärztekammer dazu verpflichtet, ihre Blutspende-Richtlinien innerhalb von vier Monaten entsprechend anzupassen. "Ob jemand Blutspender werden kann, ist eine Frage von Risikoverhalten, nicht von sexueller Orientierung. Versteckte Diskriminierung darf es auch bei diesem Thema nicht geben", sagte Lauterbach dem RND. "Die Bundesärztekammer muss endlich nachvollziehen, was im gesellschaftlichen Leben längst Konsens ist."
Besondere Sex-Verbotszeit für MSM und trans Personen
Seit letztem Herbst wurden die Blutspenderegeln in Deutschland zwar gelockert, enthalten aber weiterhin diskriminierende Bestimmungen. So gilt aktuell für Männer, die Sex mit Männern haben, eine verkürzte Sex-Verbotszeit von vier statt zwölf Monaten, auf die nur bei einem seit längerem monogam lebenden Paar verzichtet wird (queer.de berichtete). Für hetero Männer hingegen gelten grundsätzlich lockerere Regeln. Trans Personen werden in den Fragebögen ebenso weiter gesondert erwähnt.
Viele queere Menschen verzichten deshalb auf eine Blutspende, weil sie wegen der Regelungen unangenehme Fragen oder gar Beschimpfungen befürchten. In ihrem Koalitionsvertrag einigten sich die Ampel-Parteien darauf, die Diskriminierungen zu beenden (queer.de berichtete).
Bundesärztekammer droht Entmachtung
Mit der Gesetzesänderung will Lauterbach der Bundesärztekammer vorschreiben, dass das sexuelle Risiko, das zu einem Ausschluss oder einer Rückstellung von der Spende führt, nur auf "Grundlage des individuellen Verhaltens der spendewilligen Person" ermittelt werden darf. "Gruppenbezogene Ausschluss- oder Rückstellungstatbestände sind insoweit nicht mehr zulässig", heißt es in der Begründung.
Die Bundesärztekammer hat nach dem für den 1. April 2023 geplanten Inkrafttreten vier Monate Zeit, im Einvernehmen mit dem staatlichen Paul-Ehrlich-Institut eine neue, diskriminierungsfreie Richtlinie auszuarbeiten. Hält sie diese Frist nicht ein, wird ihr die Aufgabe entzogen. Die Richtlinie soll dann vom Paul-Ehrlich-Institut im Einvernehmen mit dem Robert Koch-Institut (RKI) geändert werden.
Deutschland war bei einer diskriminierungsfreien Blutspende immer mehr ins Hintertreffen geraten. Vermehrt sehen Länder das tatsächliche Sexualverhalten und nicht die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität der Spender*innen als ausschlaggebend dafür, ob eine Spende zugelassen wird. Zuletzt kündigten Kanada, Österreich und die USA entsprechende Reformen an. (mize)