Als queere Schwarze Frau will Emilia Roig natürlich Queerfeindlichkeit und Rassismus beenden, doch da macht die Politologin, Aktivistin und Buchautorin aus Berlin nicht halt. Ohne Überwindung des Kapitalismus wird das nicht gelingen, glaubt sie. Und träumt nicht nur vom Ende des Patriarchats, sondern auch von der Abschaffung der Nationalstaaten, der Lohnarbeit, des Geldes sowie von Polizei und Armee.
Nicht wenige werden jetzt mit den Augen rollen, doch es lohnt sich, Emilia Roig einmal zuzuhören. Im neuen QUEERKRAM-Podcast von Johannes Kram zeigt die Gründerin und Direktorin des Center for Intersectional Justice, dass sie mehr zu bieten hat als linke Phrasen und naive Phantastereien. Bei ihrer Utopie setzt sie auch nicht auf die große Revolution, sondern auf öffentliche Denkanstöße, einen "Prozess des Verlernens" und Spiritualität: "Ich möchte, dass wir merken, dass wir alle verbunden sind", sagt Roig im Podcast. "Jeglicher Versuch, Menschen voneinander zu trennen durch künstliche Linien wie zum Beispiel Hautfarben, Geschlecht oder Körperformen, entspricht nicht unserer Essenz als Menschen."
Johannes Kram und Emilia Roig am Tag der Aufzeichnung
Bekannt wurde die 1983 geborene Französin mit ihrem 2021 erschienenen erstem Buch "Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung", das gleich ein Bestseller wurde. Darin erklärt die Tochter eines jüdisch-algerischen Vaters und einer aus Martinique stammenden Mutter anhand ihrer eigenen Familiengeschichte, wie Strukturen der Unterdrückung erkannt und bekämpft werden können. Dabei geht es etwa um rassistische Denkmuster des Vaters oder eine geheime lesbische Affäre der Mutter. "Wenn wir über Unterdrückung sprechen, müssen wir auch über unsere persönlichen Geschichten sprechen, weil wir in den Systemen verankert sind", stellt Roig im Gespräch klar. "Das Politische von dem Persönlichen zu trennen, geht nicht."
Im Kampf gegen Benachteiligung und Suppression ist für die Politologin und Mutter eines Sohnes eine intersektionale Betrachtung unablässlich, also das Sichtbarmachen verschiedener Formen von Diskriminierung und ihren Überschneidungen. "Diese Theorie erlaubt uns, die Macht zu enthüllen", sagt Ruig auf Krams Frage, warum das Wort "Intersektionalität" so vielen Menschen Angst bereite. Sie glaube jedoch an ihre positive und transformative Kraft. "Die Überwindung von Unterdrückung kommt allen zugute."
Im QUEERKRAM-Podcast spricht Emilia Roig darüber hinaus über die "Übermacht der Heterosexualität", mit der queere Menschen täglich konfrontiert würden, Queerness als ihre subversive Superpower, das Erkennen eigener Privilegien und nicht zuletzt über das neue Buch, an dem sie gerade arbeitet. Der Titel "Das Ende der Ehe. Für eine Revolution der Liebe" verrät bereits, was sie ebenfalls am liebsten abschaffen würde. Die Öffnung der Ehe habe – trotz des klaren Fortschritts – queere Menschen in strukturell diskriminierende Strukturen gequetscht, kritisiert Ruig. "Es war eine verpasste Chance, die Ehe nicht abzuschaffen."
Alle QUEERKRAM-Folgen
Folge 1 mit Falk Richter und Jonas Dassler:
Warum sich Schauspieler outen solltenFolge 2 mit Anastasia Biefang:
Warum das Transsexuellengesetz auf den "Müllhaufen der Geschichte" gehörtFolge 3 mit Ralf König:
Warum Ralf König genug vom "Gezicke in sozialen Medien" hatFolge 4 mit Stephanie Kuhnen und Juliane Löffler:
Wie viel kreatives Potenzial steckt in der Corona-Krise?Folge 4 mit Georg Uecker:
Warum gibt es so viel Häme auch in der Community?Folge 6 mit Ines Pohl:
Outest du dich im Interview mit Homohassern, Ines Pohl?Folge 7 mit Patrick Lindner:
Warum Patrick Lindner auf dem CSD singen muss!Folge 8 mit Pierre Sanoussi-Bliss:
"Dass mein Leben auch zählt, müssen mir Weiße nicht sagen"Folge 9 mit Annie Heger:
"Ich werde als Christin von der LGBT-Community mehr angefeindet als andersrum"Folge 10 mit Aminata Touré und Tessa Ganserer:
"Zwischen Queerfeindlichkeit und Rassismus gibt es Parallelen"Folge 11 mit Riccardo Simonetti:
Warum wir auf unser "Anderssein" stolz sein können!Folge 12 mit Sookee:
"Eine rassistisch agierende Community kann sich erneuern"Folge 13 mit Linus Giese:
"Trans Menschen müssen nicht ihre Existenz erklären"Folge 14 mit Kevin Kühnert:
Warum schweigt die Politik zum Mord in Dresden, Kevin Kühnert?Folge 15 mit Manuela Kay:
"Die Berliner Szene kann die Pest sein"Folge 16 mit Kristina Marlen:
"So offen hat sich die Fratze der heteronormativen Ordnung selten gezeigt" Folge 17 mit Klaus Lederer:
Klaus Lederer: Wie er Wowereit mit "sanftem Druck" zur Gleichstellung drängteFolge 18 mit Karin Hanczewski und Godehard Giese:
3 Wochen #ActOut: Karin Hanczewski und Godehard Giese ziehen BilanzFolge 19 mit Julian F. M. Stoeckel:
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"Auch die Grünen könnten noch LGBT-freundlicher werden"Folge 21 mit Sigrid Grajek:
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"All you need": Warum spielen vier Heteros die Hauptrollen?Folge 23 mit Seyran Ateş:
Wie gelingt die sexuelle Revolution des Islam, Seyran Ateş?Folge 24 mit Jochen Schropp:
"Ich bin ein Mensch mit Haltung und will gewisse Sachen im Fernsehen nicht sehen"Folge 25 mit Kerstin Polte:
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Wieviel "queere Scham" steckt in uns, Daniel Schreiber?Folge 27 mit Micha Schulze:
"Wir haben auch Texte geschrieben, die heute unglaublich peinlich sind"Folge 28 mit Julia von Heinz und Sabine Steyer-Violet:
Lesbische Weihnachten im ErstenFolge 29 mit Bettina Böttinger:
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"Wir haben auch ein Privatleben, und das ist gut so"Folge 32 mit Inga Pylypchuk und Wanja Kilber:
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