Seit Jahren unterhalten die Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Konditor Jack Phillips und queeren Kund*innen nicht nur US-amerikanische Gerichte, sondern auch politische Kommentator*innen und das weitere Publikum.
2012 weigerte sich der christliche Konditor aus Colorado, einen Hochzeitskuchen für das schwule Paar Charlie Craig und David Mullins zu backen. Im Jahr 2018 hatte in der Sache schließlich der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten entschieden und dem Konditor Recht gegeben (queer.de berichtete).
Doch das war kein Grundsatzurteil und bezog sich eher auf das konkrete Vorgehen der Antidiskriminierungs-Behörde von Coloardo. Und: Würden Gerichte der selben Argumentation folgen, wenn die Kundin eine trans Frau ist?
Bestellung zunächst angenommen
Im Jahr 2017 verweigerte Phillips nämlich einer transgeschlechtlichen Frau das Backen einer Torte zur Feier sowohl ihres Geburtstags als auch ihres Coming-outs sieben Jahre zuvor. Der Kuchen sollte außen blau, im Innern jedoch rosa sein. Die Tochter von Phillips hatte die Bestellung zunächst angenommen. Als die Kundin, die Anwältin Autumn Scardina, den Anlass des Kuchens am Telefon mitgeteilt hatte, hatte Phillips' Tochter die Bestellung dann jedoch nachträglich abgelehnt. Phillips als Geschäftsführer der Konditorei stellte sich hinter diese Entscheidung.
Die Antidiskriminierungs-Behörde des Bundesstaats Colorado leitete aufgrund einer Beschwerde der Kundin Ermittlungen ein. Es gebe Grund zur Annahme, dass die Klägerin wegen ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert worden sei, hieß es demnach (queer.de berichtete).
Gegen diese Ermittlungen klagte Phillips mit Hilfe der LGBTI-feindlichen Organisation "Alliance Defending Freedom". In der Klageschrift spricht der christliche Konditor von einem Kreuzzug gegen seine Person: "Colorado ist seit längerem auf einem Kreuzzug, um Kläger Jack Phillips niederzuringen, weil die Beamten seinen Glauben – und wie er diesen praktiziert – verachten." Der Kläger verweist darauf, dass er als gläubiger Mensch nicht dazu gezwungen werden dürfe, eine maßgeschneiderte Torte für eine Sache zu backen, die mit seinen religiösen Überzeugungen in Konflikt stehe. Auch verweist er auf sein Recht auf freie Rede.
Der Beschwerde-Gerichtshof von Colorado entschied nun zugunsten der Kundin. Demnach habe Phillips beziehungsweise sein Geschäft das Antidiskriminierungs-Gesetz von Colorado verletzt.
Zuvor hatten Gerichte versucht, eine außergerichtliche Einigung zwischen beiden Parteien zu vereinbaren. In einem in der Sache gleichsam ausgetragenen Rechtsstreit zwischen Phillips und der Antidiskriminierungsbehörde war es dann tatsächlich zu einer außergerichtlichen Einigung gekommen, laut der Phillips die Verletzung des Gesetzes nicht eingestehen musste, seine Klage gegen die Behörde aber zurückzog (queer.de berichtete). Die Behörde war damit raus aus dem Rechtsstreit.
Doch die Kundin Scardina, die nicht Teil dieser Einigung gewesen war, stimmte dem nicht zu. Vor einem von ihr nochmals bemühten Gericht hatte Phillips der Klägerin dann angeboten, ihr 500 Dollar und einen Cent zu zahlen – einen Cent mehr, als das Anti-Diskriminierungsgesetz des Bundesstaats als maximale Kompensation im Fall eines Urteils vorsieht. Doch sowohl das Gericht als auch Scardina gingen auf das Angebot nicht ein und erzwangen so ein Urteil. Das war zugunsten der trans Frau ausgefallen und stellte den Verstoß gegen das Gesetz explizit fest. Im jetzt gefällten Urteil wurde diese Entscheidung nach einer erneuten Beschwerde des Konditors bestätigt.
Vor Gericht hatte Phillips ausgesagt, dass er den selben Kuchen für andere Kund*innen sofort backen würde – vorausgesetzt, er wisse nicht, für welchen Anlass er gedacht sei. Außerdem hatte der Konditor zugestanden, dass der Kuchen – außen blau, innen rosa – keine intrinsische, also in sich liegende Bedeutung habe, nicht aus sich heraus auf die Transgeschlechtlichkeit oder das Coming-out von jemandem verweise.
Das war bei der Hochzeitstorte des schwulen Paares schließlich anders gewesen. Phillips Argument, dass sich sein "Nein" zu der Bestellung nicht auf die Transgeschlechtlichkeit der Kundin, sondern auf den Zweck der Bestellung bezogen habe, wollte das Beschwerdegericht nicht folgen. Die beiden Aspekte könnten nicht getrennt betrachtet werden.
Ein Fall für den Supreme Court?
Gut möglich, dass die Sache irgendwann ebenfalls vor das Oberste Gericht der USA geht. Die beteiligte "Alliance Defending Freedom" jedenfalls hat es auf solche Urteile abgesehen. Der Supreme Court könnte, nähme er sich des Rechtsstreits an, infolge der veränderten Mehrheitsverhältnisse ein Grundsatzurteil von 1990 kippen. In dem Urteil, Employment Division v. Smith, hatte das Oberste Gericht befunden, dass die religiösen Überzeugungen von Bürger*innen ihnen nicht das Recht gäben, gegen Gesetze zu verstoßen, die nicht auf eben diese Überzeugungen zielten. Das Antidiskriminierungs-Gesetz von Colorado wäre ein solcher Fall.
In dem vorausgegangenen Rechtsstreit zwischen dem Bäcker und dem schwulen Pärchen hatte dieses Grundsatzurteil jedoch nicht gegriffen. Vielmehr hatte das Gericht damals bloß befunden, dass die Antidiskriminierungs-Behörde von Colorado Feindseligkeit gegen die religiösen Überzeugungen Phillips' gezeigt habe. Mangels einer Beteiligung der Behörde stellt sich die Rechtslage im vorliegenden Fall jedoch anders dar.
In dem Hochzeitstortenfall war es auch zu bisweilen schrillen politischen Kommentaren auf höchster Ebene gekommen. Der damalige US-Justizminister der Trump-Regierung, der langjährige Homo-Hasser Jeff Sessions, hatte das oberste US-Gericht per Schreiben unaufgefordert über seine Rechtsauffassung unterrichtet. Darin verglich er das Backen einer Hochzeitstorte für eine schwule Hochzeit mit Grafikdesigner*innen, die auch nicht gezwungen werden sollten, etwa für eine Neonazi-Gruppierung zu arbeiten (queer.de berichtete). (jk)
Warum also wieder so ein Fall? Andersherum, wenn ich eine Dienstleistung anbiete, kann ich nicht bestimmen wen ich als Kunden nehme?
Ich weiß natürlich das ich mir meine Sexualität nicht ausgesucht habe, wenn aber ein Haufen Nazis bei mir einen Kuchen haben wollte würde ich auch nein sagen können und nicht gezwungen werden müssen das zu machen als Konditor. Irgendeinen Denkfehler habe ich vermutlich gerade.