Der wegen zahlreicher Erfindungen in seinem Lebenslauf in der Kritik stehende US-Skandal-Abgeordnete George Santos will vorerst in keinem Kongressausschuss sitzen. Der schwule Republikaner aus New York kündigte laut US-Medien am Dienstag bei einem Treffen mit Parteifreund*innen an, sich vorübergehend aus den beiden Ausschüssen des Repräsentantenhauses zurückzuziehen, in die er Mitte Januar berufen worden war. Laut der "Washington Post" begründete der 34-Jährige dies damit, dass er eine "Ablenkung" darstelle.
Santos war bei den Zwischenwahlen im November erstmals in das Repräsentantenhaus in Washington gewählt worden. Er st die erste offen homosexuelle Person der Republikaner, die als solche erstmals in den Kongress gewählt wurde (zwei frühere Abgeordnete hatten nach einem Coming-out oder Outing in ihrer Amtszeit eine Wiederwahl geschafft). Die Wahl war zugleich die erste entsprechende in den USA, bei der beide Kandidaten offen schwul waren. Robert Zimmerman sollte auf den Demokraten Thomas Suozzi folgen, der 2020 noch 56 Prozent gegen Santos erzielt hatte.
In Santos' Lebenslauf stimmte so gut wie nichts
Nach der Wahl nahm die Zeitung "New York Times" Santos' Lebenslauf unter die Lupe. So behauptete er etwa, ein "erfahrener Investor an der Wall Street" gewesen zu sein. Auf Anfrage der Zeitung teilten jedoch angebliche Arbeitgeber mit, Santos sei nie bei ihnen beschäftigt gewesen. Auch seinen Universitätsabschluss konnte die Zeitung nicht verifizieren.
Santos wurde zudem vorgeworfen, er habe die Öffentlichkeit über seine Familiengeschichte und einen angeblichen jüdischen Hintergrund getäuscht. Ein weiteres pikantes Detail aus der Recherche: In einem Interview hatte Santos angegeben, eine seiner Firmen habe vier Mitarbeitende bei dem Anschlag auf den queeren Club Pulse verloren. "Aber eine 'Times'-Untersuchung von Nachrichtenbeiträgen und Nachrufen hat gezeigt, dass keines der 49 Opfer für eine der vielen in seinem Lebenslauf genannten Firmen zu arbeiten schien", so die Zeitung (queer.de berichtete).
Inzwischen laufen mehrere Ermittlungen gegen den Politiker mit brasilianischen Wurzeln. Zuletzt warfen ihm Veteranen vor, 3.000 Dollar Spendengelder für sterbenden Hund gestohlen haben (queer.de berichtete).
Santos räumte "Ausschmückungen" ein
Der Neu-Abgeordnete hat viele der Falschangaben zugegeben und davon gesprochen, er habe seinen Lebenslauf "ausgeschmückt". Einen Rücktritt, den auch einige Republikaner fordern, hat er aber entschieden abgelehnt (queer.de berichtete). Mitte Januar wurde Santos in die Ausschüsse des Repräsentantenhauses für Kleinunternehmen und für Wissenschaft, Weltraum und Technologie berufen.
Bei den als Midterms bekannten Zwischenwahlen im November hatten die Republikaner eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus erobert. Dazu trug auch Santos mit seinem Sieg in einem New Yorker Wahlkreis bei. Im Senat konnten dagegen die Demokraten von Präsident Joe Biden ihre Mehrheit verteidigen. (cw/AFP)