Das Verwaltungsgericht Wien hat am Mittwoch entschieden, dass eine nichtbinäre Person ihren Geschlechtseintrag in offiziellen Dokumenten auf "nichtbinär" ändern darf. Hintergrund war eine Entscheidung des obersten Gerichts der Republik, des Wiener Verfassungsgerichtshofs, aus dem Jahr 2018. Damals wurde festgestellt, dass Standesämter in offiziellen Formularen ein drittes Geschlecht anerkennen müssen (queer.de berichtete).
Die jetzt klagende Person hatte erklärt, dass sie sowohl den Eintrag "männlich" als auch den Eintrag "weiblich" im Zentralen Personenstandsregister als unrichtig empfinde. Zwar kennt das österreichische Recht inzwischen sechs Geschlechtseinträge – so sind neben den beiden Hauptkategorien "divers", "inter", "offen" und "keine Angabe" möglich (queer.de berichtete). Bislang hatte Österreich einen dritten Geschlechtseintrag nur für intergeschlechtliche Personen zugelassen, die ein Fachgutachten vorgelegt hatten.
Gericht bezog sich auf Europäische Menschenrechtskonvention
Das Gericht entschied, dass die Einschränkung gegen das Grundrecht der klagenden Person verstoße. Es bezog sich dabei auf die Europäische Menschenrechtskonvention, die das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens garantiere. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, da das Gericht weitere Rechtsmittel zuließ.
LGBTI-Aktivist*innen begrüßten die Entscheidung: "Dieses Urteil war längst überfällig", erklärte Mo Blau vom Transgenderreferat der queeren Organisation HOSI Wien. "Der Zugang zu allen Geschlechtseinträgen würde für nichtbinäre Menschen rechtliche Anerkennung bedeuten und viele Situationen im Alltag diskriminierungsärmer machen. Endlich gibt es die Chance, dass die Lebensrealität von nichtbinären Menschen in Österreich auch rechtlich anerkannt wird."
HOSI-Wien-Chefin Ann-Sophie Otte erwartet jedoch, dass das von der konservativen ÖVP geführte Bundesinnenministerium Berufung gegen das Urteil einlegen wird und erst eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs endgültige Rechtssicherheit bietet. "Wir hoffen, dass der VfGH dann seiner langjährigen Rechtsprechung treu bleibt, dass das relevante Kriterium die gelebte Geschlechtsidentität ist. Das hat er bereits in seinem wichtigen Erkenntnis zur Personenstandsänderung 2018 festgestellt", so Otte. (dk)