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Folge 6 von 53

Schwule Symbole im Film: Fleisch, Gemüse und Soße

Essen wird in Filmen oft und unterschiedlich sexualisiert. Beispiele reichen von "Frischfleisch" über "auswärts essen gehen" oder phallisch präsentiertem Gemüse bis zum Ablecken von Jogurt.


Ablecken von Jogurt als Sperma-Ersatz in "Das Flüstern des Mondes" (2006)

Diese Artikelserie wurde gefördert von der Homosexuellen Selbsthilfe e.V., www.hs-verein.de

Essen – unkomplizierter als Sex

In den USA wird die Sexualisierung von Essen auch mit der Angst vor Sexualität in Verbindung gebracht. Auf diese Weise wird der sinnliche und als ungefährlich angesehene Genuss von Lebensmitteln zu einer Ersatzhandlung und einer Form von "Safer Sex" (Clotaire Rapaille: "Der Kultur-Code", 2006, S. 205). In Deutschland gibt es eine ähnliche Form der Sexualisierung: In der deutschen Jugendsprache wird gutes Essen mit "foodgasm" (= Glücksgefühl beim Essen) bzw. "foodporn" (= gut aussehendes Essen) zum Ausdruck gebracht. Verwiesen sei auch auf die Redensart "Essen ist der Sex des Alters".

Schwule Filmtitel mit Bezug auf das Essen

Es macht schon eine Aussage, wenn Essen als so wichtig angesehen wird, dass Hinweise darauf in den Filmtitel übernommen werden. Die niederländische Serie "In de Vlaamsche Pot" (1990-1994) lief im deutschen Fernsehen als "Durchgehend warme Küche". Die Wortspiele in Filmtiteln wie "Männer al dente" (2010) verbinden erotisches Begehren mit Lebensmitteln, indem die schwulen Männer, die in einer Nudelfabrik arbeiten, zum Anbeißen sind.

Auch Filme wie "Chefs Leckerbissen" (2008) sexualisieren Essen und greifen den Aspekt von Verführung auf. Die Formulierung "eating out" bedeutet "auswärts essen", hat aber auch die Bedeutung von "fremdgehen". Als Name einer fünfteiligen Spielfilmreihe (2004-2011) hat sie das schwule Zielpublikum offenbar gut angesprochen. Der Titel des Kurzfilms "HerzHaft" (2007) versucht Liebe, leckeres Essen und Sexualstrafrecht zu verbinden. Der Titel des Kurzfilms "Spooners" (2013) ist von der Löffelchen-Stellung abgeleitet.


Die fünfteilige Spielfilmreihe "Eating Out" (2004-2011)

Austern und Schnecken – Männer und Frauen

Die Schnecken- und Austern-Szene in "Spartacus" (1960) ist aufgrund der Zensur wohl eine der bekanntesten schwulen Filmszenen, in denen Sex durch eine Essens-Metapher zum Ausdruck gebracht wird. Crassus deutet gegenüber seinem Sklaven Antoninus (D: Tony Curtis) mit seiner Vorliebe für Schnecken und Austern seine Bisexualität an und betont, dass die Bevorzugung von Schnecken oder Austern keine Frage der Moral, sondern des Geschmacks sei. Austern sind u.a. wegen ihrer Unzugänglichkeit ein Symbol für das weibliche Geschlecht, Schnecken als phallische Metapher ein Symbol für das männliche.


Ein Gespräch über Schnecken und Austern in der unzensierten Fassung von "Spartacus" (1960)

Diese Metaphern werden in schwulen Kontexten selten verwendet. In den ersten vier Teilen der "Police Academy"-Reihe (1984-1987) ist die Schwulenbar "The Blue Oyster" ein Running Gag (hier eine Szene online). Die Farbe kann im Kontext klassischer Farbsymbolik als ein Spielen mit Geschlechterrollen (Blau = Männer; Austern = Frauen) angesehen werden. Jede der Szenen zeigt Lederkerle, die Tango tanzen, und Kraftproben zwischen Schwulen und den Hells Angels (s.a. Vito Russo: "Die schwule Traumfabrik", 1990, S. 200), was ebenfalls den Fokus auf Geschlechterrollen lenkt. Übrigens: Seit 2009 wird der "Feministische Pornofilmpreis Europa" verliehen – in Form einer blauen Auster (queer.de).

Eine schnelle Nummer ist wie Fastfood

Eigentlich ist es recht naheliegend: Eine schnelle Nummer, ein Quickie bzw. ein One-Night-Stand lässt sich gut mit weniger nahrhaften und nachhaltigem Fastfood vergleichen. Das lesbisch-schwule Filmlexikon "Out im Kino" von Axel Schock und Manuela Kay (2003, S. 257) konstatiert im Film "Nachtfalken" (1978) einen Blick auf das "Fastfood-Sexverhalten des Großstadtschwulen". Man merkt diesen und anderen Filmen an, dass dezente Kritik am Sexualverhalten keine Kritik am Schwulsein ist. Wenn Justin in "Queer as Folk" (USA, Folge 1/8) betont, dass bestimmte Gerichte einen Tag nach ihrer Zubereitung viel besser schmecken, kritisiert er damit indirekt und dezent die übermäßigen One-Night-Stands seines Freundes Brian. In dem Kurzfilm "Into the night" (2002) und in "Dummer Junge" (2004) sind Szenen mit mann-männlicher Prostitution und Fastfood zu sehen. Beides scheint gut zusammenzupassen, auch wenn diese Parallele hier vielleicht gar nicht beabsichtigt war. Fastfood-Essen kann aber – wie bei "Into the night" – auch noch andere Bedeutungsebenen haben: Für einen anderen Menschen Essen zu kaufen, ist auch Ausdruck davon, sich in sozialer Weise um dessen Wohlergehen zu kümmern.

Formen der Sexualisierung

Gemeinsames Essen und gemeinsamer Sex kann Menschen verbinden und kann daher leicht parallelisiert werden. In "Oscar Wilde" (1997) gibt es gleich zwei Szenen, in denen gemeinsames Dinieren zum Sex überleitet und zwischen Essen und Sex eine Verbindung schafft. Das Gegenteil wird in "Fair Play" (2009, 6:40 Min., hier online) zum Ausdruck gebracht: Steven, der eigentlich mit Marie zusammen ist, hat sich in Tom verliebt. Zwei leere Teller im Schlussbild des Films deuten das Ende der Beziehung zwischen Steven und Marie an, die bisher ihr Leben geteilt haben.

Zwischen Essensresten und der umgangssprachlichen Bezeichnung "Resteficken" wird in "Eating Out" ein Zusammenhang hergestellt: "Die Kerls hier sind wie die Donuts von gestern. Ich esse sie, weil sie da sind." Einige Männer fühlen sich entsprechend wie Sushi auf einem Laufband, das keiner will (beides Teil I, 2004). Bei einem anstehenden Sex zu dritt heißt es: "Du willst doch keine Reste essen!" (Teil 2, 2006).

Pornos – sexuelles Verlangen als "Hunger"

Viele Pornos parallelisieren Essen mit Sex ("Eat me raw", "Buttsnack", "All you can eat", "Eat it hot", "Bare Back Buffet") bzw. Hunger mit sexuellem Verlangen ("Hunger", "Cock Hungry Twinks", "Man Hungry", "Dick Hungry", "Meat Hungry", "Insatiable"). Sex kann wie Essen etwas Besonderes darstellen ("Sperma á la carte", "Porn Appétit, Sex Appétit") und "Füttern" kann als symbolischer Ausdruck für Oralverkehr verwendet werden ("Feed me", "Feed the bears"). Nach der Auster sind ein Porno ("The Oyster Club") und ein Porno-Label ("Blue Oyster") benannt.

Der Begriff "rice" bzw. "Reis" verweist klischeehaft auf Asiaten ("Rice Rockets", "Revenge of the Rice", "Like White on Rice"), während sich der Begriff "potato" bzw. "Kartoffel" üblicherweise auf Europäer bezieht. Beide Begriffe können auch als rassistisch empfunden werden. Der Begriff "potato" wurde nur einmal als Titel eines Pornos gefunden, wo er jedoch mit "Couch Potatoes" eine vollkommen andere Bedeutung hat.

Fleisch – von "Frischfleisch" bis "Beefcake"

Beim Fleisch sind es vor allem Würste, die phallisch inszeniert werden. Typisch für US-Filme ist die Sexualisierung des Hotdogs, also einer Wurst im Brötchen, wo zur phallischen Bedeutung der Wurst (= Penis) die Bedeutung des Brötchens (= Hintern) hinzukommt und auf diese Weise dezent Analverkehr angedeutet werden kann. In der Traumforschungsliteratur wird das Träumen von einem Hotdog als "Traum vom Fremdgehen" und vom "flüchtigen Genuss" verstanden (s. traumdeutung-traumsymbole.de). Drei Personen beim Sex werden umgangssprachlich als "Sandwich" bezeichnet.

Würstchen – Phallus

Wegen eines schwulen Metzgers (D: Armin Rohde) sind in "Der bewegte Mann" (1994) mehrere Anspielungen auf Würstchen ein breites Thema und im Rahmen einer Männergruppe wird die symbolische Bedeutung einer Fleischwurst "gleich Phallussymbol – janz klar!" deutlich ausgesprochen und unterhaltsam eingebunden. Drei Jahre später beginnt der Film "Der Schrei der Liebe" (1997) mit einer Grillparty im Familienkreis. Hier verguckt sich Holger Behrend (D: Jürgen Prochnow, bekannt u.a. aus "Die Konsequenz") in Yannis, den Freund seiner Tochter Lara. Schon ihr erstes Gespräch über die Yannis angebotene Bratwurst und über eine Mohrrübe ist erotisch aufgeladen und der Beginn einer später auch sexuellen Beziehung. Auch der Film "Eating Out" (Teil 1, 2004) zeigt Würstchen in Nahaufnahme und enthält mehrere doppeldeutige Kommentare über "big fat sausages".


Assoziation mit der "Löffelchen"-Stellung: "All in the gaze" (2010)

Die phallische Inszenierung ist zwar häufig deutlich, die jeweiligen Sexualpraktiken bleiben jedoch meistens unbestimmt. Zwei nebeneinander liegende und dabei leicht gebogene Würstchen wie in "Breakfast on Pluto" (2005), "Dead Boyz Don't Scream" (2006) und "All in the gaze" (2010) wecken zumindest Assoziationen mit der sogenannten "Löffelchen"-Stellung. Die Aufforderung "Flieg mit deiner Fleischrakete ins Schokoladenland" in der für Erwachsene konzipierten Animationsserie "Drawn Together" (Folge 1/3) drückt in der Kombination beider Metaphern Analverkehr aus. In "Dummer Junge" (2004) wird ein Film im Film gezeigt, in dem in einer Wurstfabrik die Därme gefüllt werden. Szenen einer Wurstproduktion werden als deutlich sexuelle Metapher in "Queer as Folk" (USA, Folge 2/16) gezeigt.

Hotdogs – Phallus und Hintern

Hotdogs werden auch im schwulen Kontext vor allem in US-Filmen regelmäßig sexualisiert, wobei das Brötchen als Hintern wahrzunehmen ist, in dessen Mitte die Wurst hineingelegt wird. Es ist spannend zu beobachten, wie dabei das Thema variiert wird. In der "Simpsons"-Folge "Lisa ist Vegetarierin" (Folge 7/5, 1995) bietet Homer Simpson auf seinem Grillfest einem seiner Gäste, der bereits vorher einen Maiskolben bekommen hat, einen Hotdog an. Durch Kommentare der Produzenten (im Bonusmaterial der im Handel befindlichen DVDs) ist belegt, dass es sich bei Homers Frage "Another hot-beef injection?" um eine sexuelle Anspielung bzw. um ein scherzhaft gemeintes sexuelles Angebot unter Freunden handelt.


Homer macht ein (nicht ernst gemeintes) sexuelles Angebot ("Die Simpsons", Folge 7/5)

In dem Kurzfilm "I Suck" (2010) geht es mit der Antwort auf die Frage, heißt es zur Frage, woran man wohl ein schwules Barbecue erkennen könne, etwas derber zu: "All the hotdogs taste like shit.", was sich auf Analverkehr oder darauf beziehen kann, dass Schwule nicht grillen können, weil sie keine "richtigen Männer" seien. In dem Kurzfilm "Chapo" (2012, 7:15 Min., hier online) gehen Chapo und sein Freund Rodrigo auf den Strich und im Rahmen eines erotischen Spiels beißen sie gemeinsam mit ihrer Freundin von einem Hotdog ab. Eine ähnlich gelagerte Symbolik hat wohl eine Filmszene in "Two and a half men" (Folge 2/18, 2005), in der Alans Hintern in einem schwul konnotierten Zusammenhang als "knackiges Brotkörbchen" bezeichnet wird.

In "Queer as Folk" gehören Bilder einer Wurstproduktion und ein Hotdog mit Senf zu einer witzigen Aneinanderreihung sexueller Symbole (USA, Folge 2/16) und später wird an einem Hotdog-Stand der unmissverständlich sexuelle Wunsch nach einer Wurst geäußert (Folge 5/8). In "Father's Day" (2011) werden das Essen eines Hotdogs und Oralverkehr sogar im Parallelschnitt gezeigt und in "Ha(r)d to say" (2012) wird ein Hotdog-Stand, an dem sich zwei Männer kennen lernen, besonders fokussiert. Die Szene am Hotdog-Stand in "Sleepers" (1996) spielt zwar eine große Rolle für die Filmhandlung, hat aber wohl keine symbolische Bedeutung.


Bilder einer Wurstproduktion in "Queer as Folk" (Folge 2/16)

Der Senf in Hotdog-Szenen – Sperma und Gleitmittel

Der Senf hat unterschiedliche symbolische Bedeutungen und kann für Sperma stehen (s. urbandictionary), wie in der Hotdog-Szene in "Pink Narcissus" (1971), wo der Senf vom Hotdog auf den Schwanz des Mannes heruntertropft. In "Another Gay Sequel" (2008) gibt es eine Film-im-Film-Szene, die als Animation Sex zwischen einem Würstchen und einem Brötchen zeigt. Dabei werden die Brötchen-Innenseiten (= Hintern) mit Senf eingestrichen, was wie das Auftragen von Gleitcreme inszeniert ist.


Originelle Inszenierung in "Another Gay Sequel" (2008): ein Würstchen hat Sex mit einem Brötchen, das sich vorher die Innenseiten mit Senf einreibt

Corndog – wie dumm: Sandreste am Penis

Ein Corndog ist ein mit Maismehl überzogener Hotdog am Stil und hat in der US-Umgangssprache viele unterschiedliche Bedeutungen: So kann der Begriff eine eher dumme Person charakterisieren oder beim Sex am Strand darauf verweisen, dass sich am Penis (= Würstchen) noch Sandreste (= Maismehl) befinden (s. urbandictionary). Die erste Erklärung lässt sich bedingt auf den Inhalt des Kurzfilms "Corndog of Tolerance" (2006) übertragen: Darin hat ein Junge eine recht abwertende Einstellung gegenüber Schwulen und ein Erwachsener versucht ihn im Gespräch zur "Toleranz" zu erziehen. Während des Gespräches essen beide jeweils einen Corndog, was für sich genommen – aufgrund der Banalität dieser Handlung – noch nicht die Übernahme als Filmtitel erklärt. In "Eating Out" (Teil 1, 2004) bezeichnet ein Schwuler seinen eigenen Schwanz ohne besonderen Grund als "Corndog", was in den deutschen Untertiteln mit "Hotdog" übersetzt wurde.


Essen und sexuelle Aufklärung in "Corndog of Tolerance" (2006)

Der Sonntagsbraten in "Brokeback Mountain"

Eine besondere Bedeutung verdient eine Fleisch-Szene in "Brokeback Mountain" (2006): Direkt nach der Szene, in der Jack Sex mit einem Stricher in Mexiko hat, wird übergeleitet auf den Thanksgiving-Braten, der im Haus von Ennis' Familie stolz auf den Tisch präsentiert wird und deren Wohlstand repräsentiert. Auch der Streit zwischen Ennis und seinem Schwiegervater, wer den Truthahn schneiden und verteilen darf, ist symbolisch, weil dies – im Rahmen des überkommenen patriarchalen Rituals – etwas darüber aussagt, wer in diesem Haus das Sagen hat. Der Wohlstand steht indirekt mit Homosexualität in Verbindung, weil der Preis für das Heiraten in eine wohlhabende Familie nicht nur die Verleugnung seiner Homosexualität, sondern auch die Einordnung in eine patriarchale Familienstruktur ist. Dem Streit um das Zerteilen des Truthahns geht ein Streit um das An- und Abschalten des Fernsehers, in dem Football läuft, voraus. Dem Regisseur Ang Lee ist mit dem Truthahn (und dem Football) eine bedeutungsschwangere Schlüsselszene gelungen.

Weiteres – "Frischfleisch", "Beefcake" und "Sandwich"


Eine "Sahneschnitte" auf dem DVD-Cover von "Beefcake" (1998)

Es gibt viele weitere und recht unterschiedliche Formen der Sexualisierung von Fleisch. Diese wird z.B. erreicht, wenn junge schwule Männer als "Frischfleisch" bezeichnet werden wie in "Einsam, Zweisam, Dreisam" (1994) und "Half Baked" (1998) oder wenn ein Mann wie in "The Boys of Cellblock Q" (1992) den Spitznamen "Beef" trägt. Eine Sexualisierung liegt auch vor, wenn eine Schwulendisco in "Hellbent" (2004) den Namen "Meat" trägt und in "Dish" (2009) in einem "Meat Market" gearbeitet wird. Die sexuelle Aufforderung an Brian "Eat the meat" (= Oralverkehr) in einem Darkroom in "Queer as Folk" (USA, Folge 2/18) setzt Brian als Werbefachmann direkt in einen doppeldeutigen Werbeslogan für einen Lebensmittelkonzern um. Der Film "Beefcake" (1998) handelt von den Muskel-Magazinen der Fünfzigerjahre, die für eine schwule Zielgruppe produziert wurden, wobei sich der Filmtitel mit "Muskelprotz" oder mit "Sahneschnitte" übersetzen lässt. In der "Tatort"-Folge "Tote Männer" (Folge 737, 2009) wird während eines Gesprächs über die Ermordung eines schwulen Strichers ein blutiges Steak in Nahaufnahme gezeigt.

Eine sogenannte "Sandwich"-Konstellation liegt vor, wenn beim Sex dreier Männer einer von ihnen in der Mitte liegt. Ein solches Motiv ist auf den Filmcovern von "The Houseboy" (2007) und "Der Dritte" (2014) zu sehen und wird u.a. in "Another Gay Sequel" (2008) und "How I met your mother" (Folge 2/10) thematisiert.

Pornos – "Frischfleisch" und "Würstchen-Party"

In schwulen Pornos werden Männer manchmal einfach nur als ein Stück "Fleisch" bezeichnet ("Raw Meat", "Beef Steak Touch My Meat!") und junge Darsteller dementsprechend als frisches Fleisch ("Frisch Fleisch", "Fresh Meat"). Eine Wurst ist auch in Pornos ein naheliegendes Phallussymbol ("Sausage Party", "Montreal Sausage Feast"). So blendet Jean Daniel Cadinot in seinem Porno "Mon ami, mes amants" (2002) direkt von Analverkehr zur großen Wurst auf einem Teller über. Ähnliche Formen der Sexualisierung gibt es auch bei Hotdogs ("Hot Dogs", "Hot Dogs & Cocks") und den Ausdrücken "Wiener", "Weener" oder "Weenie" ("Weenie Roast").

Bei einem "Sandwich" – also Sex zu dritt – wird vom Bildmotiv her stets der Mann in der Mitte fokussiert ("Brit Boy Sandwich", "White Boy Sandwich"). Pornodarsteller haben sich Namen wie "Beef Boy" oder "Big Beef" gegeben und ein bekanntes deutsches schwules Porno-Label heißt "Wurst Film".

Gurken, Spargel und Maiskolben – phallisches Gemüse

Aufgrund ihrer Form und äußeren Beschaffenheit sind Gurken und Spargel mindestens seit dem 19. Jahrhundert Phallussymbole. Insbesondere der Spargel wird als Urbild eines Penis angesehen und ähnelt diesem nicht nur in seiner runden, länglichen Gestalt, sondern auch in der abgesetzten Spargelspitze. Die Liedzeile "Veronika, der Spargel wächst!" aus dem Schlager der Dreißigerjahre "Veronika, der Lenz ist da!" der Comedian Harmonists ist ein frühes Aufgreifen dieser symbolischen Bedeutung. "Spargel putzen" kann auf Onanieren verweisen.

Zucchini und Aubergine – Phallussymbole


Zucchini gegen Gurke in "Queer as Folk" (Folge 2/6)

Über phallisch präsentiertes Gemüse lassen sich leicht – meist in einfacher bis plumper Form – Bezüge zu Analverkehr herstellen. So wird in dem Spielfilm "Pianese Nunzio" (1996) beim Mittagstisch ein sexualisiertes Gespräch über gefüllte Zucchini geführt. In François Ozons "Sitcom" (1998) wird angedeutet, dass eine Zucchini als Sexspielzeug von Männern verwendet wird. Auch in "Queer as Folk" wird phallisches Gemüse sexualisiert: eine Zucchini, die man sich in den Hintern schieben kann (Folge 1/17), eine Zucchini, die Brian mit der Gurke eines anderen Mannes vergleicht (Folge 2/6), und eine Aubergine, die bei Vic sexuelle Assoziationen auslöst (Folge 3/7).

Maiskolben – Phallussymbole und Hitchcock-Referenz

Zu den eher dezenten Filmszenen gehören diejenigen mit Maiskolben, die in "Jeffrey" (1995) auf einem schwulen Ball und bei den "Simpsons" (Folge 7/5) bei einem Gartenfest in Verbindung mit einem Hotdog (siehe oben) serviert werden. Die Formulierung "Bist du jemals durch ein Maisfeld gelaufen und das rückwärts?" drückt in "Half Baked" (1998) in ungewohnter Form die Angst eines Mannes vor einer analen Vergewaltigung aus.


Die Eröffnungsszene im Maisfeld in "House of Boys" (2009)

Filmszenen in Maisfeldern haben nicht immer eine sexuelle Bedeutung. Die diesbezüglichen Szenen in "O Beautiful" (2002), "Silver Road" (2006), "House of Boys" (2009) und "Sag nicht, wer du bist!" (2013) orientieren sich bei der Filmdramatik offenbar daran, dass man sich in Maisfeldern gut verstecken kann, oder haben andere Bezüge. Einige sind wohl auch eine Referenz auf Alfred Hitchcock – seine berühmte Maisfeldszene in "Der unsichtbare Dritte" (1959) wird in Filmen oft zitiert.

Möhren, Spargel und Gurken – Phallussymbole


Die Gurke und der Härtegrad einer Erektion: "Cucumber" (2015)

In "Another Gay Movie" (2006) wird angedeutet, wie eine Möhre zur analen Selbstbefriedigung genutzt werden kann. In "Eating Out" (Teil 2, 2006) zeigt sich ein vergleichbarer Humor, wenn Kyles Mutter betont: "Früher hat er mit jedem Gemüse onaniert."

In der Jugendsprache wird mit "Gurkensalat" der Sex unter Männern und mit "Spargel putzen" das Onanieren bezeichnet (s. "PONS. Wörterbuch der Jugendsprache", 2015, S. 57, 114). In "Ich, Tomek" (2009) verkauft Tomek auf dem Sexmarkt nicht nur seinen Körper an Freier, sondern auf dem Gemüsemarkt auch – lautstark rufend – seinen Spargel.

In der britischen schwulen Fernsehserie "Cucumber" (2015) wird die Gurke als Phallus-Symbol sogar als Titel verwendet. Der Regisseur Russell T. Davies hatte zuvor eine Studie gelesen, in der Wissenschaftler für Erektionen eine Härteskala erarbeitet hatten, deren Grade sie als "Tofu", "Banane" und "Gurke" bezeichneten. Daraufhin produzierte er 2015 drei schwule Serien mit den Titeln "Tofu", "Banana" und "Cucumber" mit jeweils acht Folgen.

Pornos – gut bestückte Männer sind "mit Mais gefüttert"

Ich habe nur einen Porno mit einer Anspielung auf Gemüse gefunden: "Corn Fed Studs. Perfect Match", was so viel bedeutet wie "Mit Mais gefütterte Sexprotze. Perfekte Übereinstimmung". Weil "mit Mais gefütterte" Männer als groß, stämmig, gesund und gut bestückt gelten (s. urbandictionary), wurde offenbar davon ausgegangen, dass ein Porno mit diesem Titel das schwule Zielpublikum gut anspricht.

Die Soße zum Fleisch

Soße und in Farbe und Konsistenz vergleichbare Lebensmittel, die sinnbildlich für Sperma stehen können, werden in Filmen entsprechend auch so inszeniert. In der Jugendsprache in Deutschland ist "Dressing" als Bezeichnung für Sperma bekannt ("PONS Wörterbuch der Jugendsprache", 2015, S. 33), was auch in Filmen aufgegriffen wird. Ähnliches gilt für "Jogurt" in den USA (urbandictionary) und für Schlagsahne. In schwulen Kontexten stehen diese Lebensmittel zwar nicht – wie für Sperma üblich – für Fruchtbarkeit, aber für Potenz und sexuelle Leidenschaft.

Soße – Sperma in älteren Filmen

Ältere Filme spielen auf eher dezente und recht unterschiedliche Art auf Soße als sexuelles Symbol an. In "Unser Weg ist der beste" (1976) wird bei der Frage, ob ein Mann noch mehr Soße haben möchte, die Symbolik vor allem durch die Nahaufnahme des Fleisches, zweier Klöße und der Soße sowie durch die Betonung das Banal-Alltäglichen deutlich. In "You are not alone" (1978) wird einem Jugendlichen von einer Erzieherin untersagt, mit seinen zwei Klößen und der Soße herumzuspielen, was auf dessen sexuelle Situation im Internat übertragbar ist. In "Zwei irre Typen auf heißer Spur" (1984) ist es vor allem die Art, wie der schwule Kerwin (D: John Hurt) seinem heterosexuellen Kollegen Benson zweimal erfolglos und banal anmutend Soße zum Essen anbietet, was sich als Andeutung eines sexuellen Angebots verstehen lässt. Alle drei Filmszenen sind offenbar darauf angelegt, nicht von allen Zuschauenden verstanden zu werden.


Zu banal, um kein Symbol zu sein: Fleisch, Klöße und Soße in "Unser Weg ist der beste" (1976)

Soße – Sperma in neueren Filmen

Neuere Filme nehmen kein Blatt mehr vor den Mund: In "Fruitcake" (2003) löst das Eintunken eines Fingers in die Soße und das Ablecken des Fingers eine sexuelle Phantasie aus. Logan bekommt in "Wild Tigers I Have Known" (2006) eine Erektion, als er sich aus Versehen Soße auf seinen Schoß kippt. In provozierender Form leckt sich in "Férfiakt" (2006) ein junger Mann Soße vom Finger und beult sich dabei die Backen aus, um so Oralverkehr zu imitieren. Die Aussage des Protagonisten in "Daybreak" (2008), dass er Nudeln mit weißer Soße möge, ist durch die Überbetonung des Alltäglichen allzu deutlich. Auch in der oben bereits erwähnten "Simpsons"-Folge (7/5) ist neben dem Maiskolben Soße zu sehen. In allen diesen Filmbeispielen geht es um helle Soße, was die assoziative Verbindung zu Sperma erleichtert bzw. erst ermöglicht.


Erektion durch Soße in "Wild Tigers I Have Known" (2006)

Exkurs: Jogurt und Majo

In ähnlicher Funktion lässt sich auch Jogurt filmisch einsetzen. Um die Erinnerung an ein sexuelles Erlebnis mit seinem Freund Fögi wachzurufen, schüttet sich Beni in "Fögi ist ein Sauhund" (1998) Jogurt in seine Hose und genießt dieses Gefühl als sexuellen Ersatz. In "Das Flüstern des Mondes" (2006) wird Jogurt auf den nackten Oberkörper getropft und leidenschaftlich abgeleckt. In "Go Go Reject" (2010) hat ein Schwuler die "Yoghurt World" als Arbeitgeber, was wohl auch sexuell gemeint ist. Weitere Lebensmittel, wie z.B. Dressings, lassen sich ebenfalls als Sperma sexualisieren, solange Farbe und Konsistenz einigermaßen passen: In einer Folge von "Queer as Folk" (3/5) gibt es diese sexuellen Bezüge auch zu Mayonnaise.

Pornos – Creme, Soße und Sahne

In schwulen Pornos wird Sperma häufig als Creme zum Ausdruck gebracht ("Creamed 2", "Eurocremies", "Bareback Creamers") und kann auch spezifiziert werden, wenn man Sperma von jungen Schwulen ("Fresh Cream", "Twink Cream"), von People of Color ("Caramel cream") oder von Schwulen mit unterschiedlichen Hautfarben ("Cream & Coffee 8") meint. Auch Soße ("Spunk Rush", "The secret's in the sauce") oder Sahne ("Sahne Boys Collection 5") stehen sinnbildlich für Sperma. Mindestens sechs schwule Pornolabels tragen Namen wie "Eurocreme" oder "Chocolate cream". Einige Darsteller tragen Namen wie "Sir Creme" und "Hot Sauce".

#1 MaxlAnonym
  • 05.02.2023, 12:33h
  • "wird Sperma häufig als Creme zum Ausdruck gebracht". Ist das nicht ein False Friend, und es ist meist wohl eher "Sahne" gemeint? Spätestens bei
    " Schwulen mit unterschiedlichen Hautfarben ("Cream & Coffee 8")" möchte ich ungern Nivea im Kaffee haben :)
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#2 Ith_Anonym
  • 05.02.2023, 13:26h
  • Antwort auf #1 von Maxl
  • Das Ärgerliche bei Sextalk ist ja, dass da sogar ein sonst relativ gutes Übersetzungstool wie DeepL an Grenzen kommt. Ist als Thema einfach nicht vorgesehen. Aus leidvoller Erfahrung geschrieben.
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#3 StaffelbergblickAnonym
  • 05.02.2023, 15:37h
  • "Fleisch, Gemüse und Soße" .. hier fällt mir "Im Reich der Sinne ein". Der Liebhaber der Geisha schiebt ihr warme, gekochte Eier durch deren Vulva ins Vaginalgewölbe um diese dann mit "ihrer Soße getränkt" selbst zu verspeisen und dabei "ihre Soße" als sehr lecker, schmackhaft zu bewerten.
    Obst ...geradezu Bananen sind hierbei das Beispiel par excellence: Im Netz gibt es reichlich Filmchen mit geschälten Bananen sowohl vaginal als auch anal "eintauchend" mit anschließender Verzehrung.
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#4 StaffelbergblickAnonym
  • 05.02.2023, 16:07h
  • und wie wäre es mit "Das grosse Fressen". Werden dort nicht die Brüste von Andrea Ferreol mit Pudding nachgebildet und verspeist
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#5 UweBearlinProfil
#6 spanferkelAnonym
  • 07.02.2023, 10:27h
  • Ich kenne die eingangs erwähnte NL-Serie nicht - aber ist es nicht so, dass pot auch ein (Schimpf)wort ähnlich "Schwuchtel" ist? Ich erinnere mich zumindest an eine Kampagne mit dem Slogan "potten en fllikkers de klas uit", bei der es darum ging, homophobe Schimpfwörter aus den Klassenräumen zu verbannen. Vermutlich hätte man (auch) in den 90ern weder in NL noch in D ein solches Wort in einen Filmtitel packen können, hätte es nicht noch eine weitere Bedeutung. Im Deutschen wurde dann halt das Wortspiel mit 'warm' draus.
    Will sagen: Könnte sein, hier ging es eher um das Wortspiel als um Lebensmittel.
    Auch 'corn fed' kommt m.E. aus der (Schweine)Mast, d.h. der Hintergrund für Mais ist hier eher sein Stärkegehalt als die phallische Form seiner Fruchtstände.
    ...Sprich: an manchen Stellen kommt mir der Bezug doch etwas herbeigedeutet vor.

    Auch sind Essens-Szenen ganz allgemein in Filmen häufig genutzte Situationen, um zwischenmenschnliche Dynamilken v.a. von/in Familien darzustellen. Weil 'alle an einem Tisch sind' - aber vielleicht auch, weil bei dieser Befriedigung körperlicher Bedürfnisse die Menschen ein wenig mehr ihre Fassaden öffnen (müssen)? Evtl. Interessant in dem Zusammenhang, wieviele Benimm-Regeln es gerade zu Tisch gibt...

    Und was die Auster als erotisches Symbol betrifft: Ich ging zumindest bisher davon aus, dass es ihre optische Nähe zu Labien/Vulven sei... (Filmstichwort z.B. auch "die Muschelöffnerin"). Also vielleicht nicht gar so schwul, ursprünglich. ;-)
    Gleichzeitig ist sie natürlich auch noch ein Dekadenz-Symbol, für das klassische Tischregeln wie Messer+Gabel) ausgehelbelt werden (dürfen).

    .......
    Eine ganz nette Szene mit ganz (evtl. alllzu) offensichtlichem (schwulen) Sex-Bezug wäre aber z.B. noch die in Get Real (dt: von Mann zu Mann): Als Junge glaubt die Hauptfigur den Schulhofgeschichten, Sex sei, "wenn eine Frau einem Mann Eiscreme auf den Schwanz tut" (o.ä.) - und dann wird parallel zu seinem coming out die Rückblendung gezeigt, wie seine Mutter ihm einen Eisbecher hinstellt und demonstrativ ein Waffelröllchen zwischen zwei Eiskugeln schiebt...
    (wobei ich mich damals schon fragte, was es bedeutet, dass er daraufhin würgend flieht...).
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