Der ehemalige Sex-Pistols-Frontmann John Lydon (67), der als Johnny Rotten bekannt wurde, wird nicht für Irland zum Eurovision Song Contest (ESC) fahren. Am Freitagabend unterlag er mit seiner Band Public Image Limited beim Vorentscheid der Gruppe Wild Youth. Dabei kam Lydons Lied "Hawaii" – ein Liebesbrief an seine an Alzheimer erkrankte Frau – Medienberichten zufolge im Studio gut an. Am Ende blieb er aber weit hinter der vierköpfigen Gewinner-Band aus Dublin zurück, die sich mit dem Song "We Are One" das ESC-Ticket sicherte. Public Image Limited landete am Ende auf dem vierten von sechs Plätzen.
Dass John Lydon sich mit seiner Band Public Image Limited darum bewarb, Irland beim Eurovision Song Contest im Mai in Liverpool zu vertreten, hatte zuvor für viele Schlagzeilen gesorgt (queer.de berichtete). Rottens politische Ansichten könnten die Freude der irischen ESC-Fans über den Megastar im Vorentscheid getrübt haben: So war der Sänger mit britischer, irischer und amerikanischer Staatsbürgerschaft nicht nur ein glühender Anhänger des früheren US-Präsidenten Donald Trump, sondern unterstützte auch den Brexit. Die irische Bevölkerung gilt allerdings als EU-freundlichstes Land der Staatengemeinschaft.
In der Vergangenheit äußerte sich Lydon auch kritisch über die Gleichbehandlung von queeren Menschen. 2005 sagte er etwa in einer religiösen BBC-Sendung, dass er die "Idee" von gleichgeschlechtlichen Ehen, in denen Kinder aufwachsen, nicht möge: "Hier fehlt etwas. Es ist was daran dran, dass es Mann und Frau gibt – und wenn sich ein Kind entwickeln soll, braucht es beide Aspekte."
Johnny Rotten gründete 1978, nach seinem Ausstieg bei den Sex Pistols, unter seinem bürgerlichen Namen die Post-Punk-Band Public Image Limited. Nach der Trennung 1993 kam die Gruppe 2009 wieder zusammen. Neben seiner musikalischen Karriere nahm Rotten unter anderem beim britischen Dschungelcamp und bei der US-Version von "The Masked Singer" teil.
ESC in Liverpool
Der ESC wird dieses Jahr unter dem Slogan "United by Music" (dt. "Vereint durch Musik") ausgetragen (queer.de berichtete). Das Motto soll laut der britischen Rundfunkanstalt "die einzigartige Partnerschaft zwischen Großbritannien, der Ukraine und der Gastgeberstadt Liverpool" verdeutlichen. Zudem zeige es "die unglaubliche Kraft von Musik, die Gemeinschaften zusammenbringt" sowie den Kerngedanken des ESC, der konzipiert worden sei, damit Europa sich weiter annähere.
Zwar richtet für gewöhnlich das Heimatland des Vorjahresgewinners den neuen Wettbewerb aus, schon 2022 war jedoch entschieden worden, dass es 2023 anders ablaufen wird. Die ukrainische Band Kalush Orchestra hatte im vergangenen Jahr gewonnen, wegen Sicherheitsbedenken und Planungsunsicherheit aufgrund des Krieges in der Ukraine wurde die Veranstaltung jedoch nach Großbritannien verlegt. Der Brite Sam Ryder (33) hatte 2022 den zweiten Platz belegt.
Das Finale des ESC 2023 steigt am 13. Mai in Liverpool. Die Halbfinals finden am 9. Mai und 11. Mai statt. Welcher Act Deutschland beim ESC vertreten wird, steht derzeit noch nicht fest. Die Entscheidung fällt in der Sendung "Eurovision Song Contest 2023 – Unser Lied für Liverpool", die das Erste am 3. März ab 22:20 Uhr zeigt. Die Show wird von Barbara Schöneberger (48) moderiert und wird zudem live bei One, in der ARD-Mediathek und auf eurovision.de übertragen.
Weitere Tickets nach Liverpool gelöst
Neben Irland haben bereits mehrere weitere Länder ihre Acts für Liverpool gewählt: Am Wochenende gewann etwa Alessandra mit ihrem Streaming-Hit "Queen Of Kings" den norwegischen Vorentscheid, Blanca Paloma konnte sich mit "Eaea" beim Benidorm-Fest durchsetzen und tritt damit für Spanien an. Außerdem bestimmte der slowenische Sender RTV mit der Band Joker Out und dem Titel "Carpe Diem" die Hoffnung der ehemaligen jugoslawischen Republik, die erst vor wenigen Tagen die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet hat (queer.de berichtete).
In Deutschland findet der Vorentscheid am 3. März statt (queer.de berichtete). Bekanntester Teilnehmer ist Ballermann-Star Ikke Hüftgold mit seinem "Lied mit gutem Text". Er hatte sich beim TikTok-Voting den zusätzlichen neunten Platz im Vorentscheid gesichert (queer.de berichtete). Der Schlagersänger ist umstritten – etwa weil er den als sexistisch kritisierten Song "Layla" produziert hat oder vor zehn Jahren in einem Video in Blackface zu sehen war.
Ikke Hüftgold alias Matthias Distel ist bereits am Montagabend in der ARD zu sehen: Er ist einer der Gäste von "Hart aber fair". Dieses Mal behandelt die Talkshow mit Louis Klamroth das Thema: "Von Herrenwitzen und Gendersternchen: Kaum echter Fortschritt bei der Gleichberechtigung?" Wegen einer Karnevalssendung wird "Hart aber fair" in Köln voraufgezeichnet und erst ab 22.50 Uhr ausgestrahlt. (spot/dk)
Update: Die angesprochene Ausgabe von "Hart aber fair" wird ersetzt durch eine früher am Abend ausgestrahlte Ausgabe zur Erdbebenkatastrophe.