Popmusik, Werbung, Mode und Kulturbetrieb sind voll von Symbolen und Szenarien der grausamen Lust. Wann immer eine Hure dargestellt wird, ist es eine strafende Domina, und das Geschäft mit Handschellen, Knebeln und Peitschen boomt. Akademiker und Intellektuelle sprechen ehrfürchtig von den Nachtseiten der Sexualität.
Ulrike Heider geht in diesem Buch Philosophien und Ideologien auf den Grund, die sich um das Phänomen Sadomasochismus ranken. Ihr Buch ist eine kritische und aufklärerische Erwiderung auf den erotischen Irrationalismus von Philosophen und Literaten wie dem Marquis de Sade, seinem Schüler Georges Bataille und seiner Schülerin Pauline Rèage, Verfasserin der Geschichte der O. Kritik erfahren auch der Vordenker der Postmoderne Michel Foucault, die Bestsellerautorin Erika Leonard und die Queer-Ikone Paul B. Preciado.
Schmerzen und Erniedrigungen als Strafen wie im Mittelalter
"Die grausame Lust: Sadomasochismus als Ideologie" ist im Schmetterling Verlag erschienen
Als wiederkehrende Merkmale der Ideologien zu der mit Gewalt gepaarten Lust erkennt die Autorin meist unverblümte Misanthropie, ein autoritäres pädagogisches Konzept, ein blasphemisch getarntes Religionsbedürfnis und der Komplex von Schuld und Sühne. Schmerzen und Erniedrigungen dienen als Strafen wie einst im Mittelalter und die Erotik steht ganz im Bann ihres Verbots.
Die Befreiung der Sexualität unter unfreien, d.h. kapitalistischen Bedingungen, war und ist das Gegenteil einer sexuellen Revolution im emanzipatorischen Sinn, die nie stattgefunden hat. Sie befördert heute ein Bild von der körperlichen Liebe, das von den schlimmsten Merkmalen der Gesellschaft, in der wir leben, geprägt ist, von Ungleichheit und Konkurrenz, von Macht, Ohnmacht und Machtkämpfen bis hin zum Krieg.
Ulrike Heider, Jahrgang 1947, wuchs in Frankfurt/Main auf, beteiligte sich dort an der Studentenbewegung und war in den 1970er-Jahren Hausbesetzerin. 1978 promovierte sie an der Universität Frankfurt als Politologin. Von 1976 bis 1982 lehrte sie an den Universitäten von Frankfurt und Kassel. Seit 1982 arbeitet sie als freie Schriftstellerin und Journalistin. 1988 übersiedelte sie nach New York und war dort Visiting Scholar an der Columbia University. Seit 2012 lebt sie in Berlin. Sie schrieb Bücher, Essays und Radiosendungen zu den Themen, Schüler- und Studentenbewegung, Anarchismus, afroamerikanische Politik und Sexualität, zum Beispiel: "Der Schwule und der Spießer. Provokation, Sex und Poesie in der Schwulenbewegung", "Vögeln ist schön – Die Sexrevolte von 1968 und was von ihr bleibt" und "Schwarzer Zorn und weiße Angst. Reisen durch Afroamerika".
Ulrike Heider war in den 1970er-Jahren Hausbesetzerin in Frankfurt/Main (Bild: Andreas Fischer)
"Die grausame Lust: Sadomasochismus als Ideologie" (Amazon-Affiliate-Link ) ist jetzt im Stuttgarter Schmetterling Verlag als 242 Seiten starkes Taschenbuch für 19,80 Euro erschienen. Eine Leseprobe als PDF gibt es hier. (dd/pm)
Infos zum Buch
Ulrike Heider: Die grausame Lust: Sadomasochismus als Ideologie. 242 Seiten. Schmetterling Verlag. Stuttgart 2022. Taschenbuch: 19,80 €. ISBN: 978-3-89657-033-1.
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