Im TikTok-Konzern bildet V Pappas als Chief Operating Officer (COO) so etwas wie die*den Vize-Chef*in. Nur CEO Shou Zi Chew steht in der Hierarchie des global agierenden chinesischen Social-Media-Giganten noch weiter oben.
Es ist eine extrem exponierte Position für ein Coming-out – ein weiteres Coming-out, wohlgemerkt. Denn bisher war Pappas schon in einer über 20 Jahre währenden lesbischen Beziehung mit einer Frau und ist pansexuell. Die beiden haben auch Kinder zusammen.
Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Nachwuchs soll es nun auch gewesen sein, die V Pappas näher an die eigene geschlechtliche Identität gebracht hat. Über das Wochenende outete they sich im Konzern als nichtbinär. Am Montag folgte eine öffentliche Erklärung.
Von den eigenen Kindern gelernt
Wie viele Menschen aus Pappas Umfeld wüssten, hieß es etwa auf Twitter, lerne die nichtbinäre Person viel daraus, ein Elter zu sein. Durch die Selbstreflektionen und Erkundungen von Ideen, die Pappas' Kinder ihren Eltern vormachten, wachse auch they. Als Familie habe man viel Zeit damit verbracht, zusammen die Wichtigkeit von Diversität besser zu verstehen – und zwar über sexuelle Orientierungen, "Race", Ethnizität, Geschlecht, Alter, sozio-ökonomischen Status, persönliche Befähigung oder politische Hintergründe hinweg.
Die Unterschiede von Menschen zu sehen, anzunehmen und ihre Stimmen hörbar zu machen, führe zu einer inklusiveren Gesellschaft, so Pappas. Es sei eine solche Gesellschaft, wie man sie für die eigenen Kinder anstrebe. Zuletzt sei es im Familienleben aber eben viel um die Frage der Geschlechtsidentität gegangen. Im persönlichen Leben werde Pappas demnach vorwiegend mit dem Namen V angesprochen. In jüngster Zeit habe sich dann auch das Pronomen verändert. Dieses laute dort "they/them".
"Repräsentation ist wichtig"
Namen und Pronomen sowohl in den klassischen sozialen Medien als auch in dem Berufsnetzwerk LinkedIn sind bereits geändert. Wobei: Nicht ganz. Um den Übergang leichter nachvollziehbar zu machen, steht der bisherige Name Pappas' noch in Klammern. Auf "V(anessa) Pappas" lauten nun die Namensangaben bei LinkedIn, Twitter und Co.
Weil Repräsentation wichtig sei, betont Pappas die Bedeutung von Sprache bei der Identifizierung und Anerkennung von Geschlechterunterschieden. Und: "Auch als Elter möchte ich ein Beispiel dafür sein, dass es ok ist, sich auf eine Weise zu repräsentieren, mit der man sich am meisten identifiziert, stolz zu sein und diese Unterschiede zu zelebrieren."
Pappas sei demnach auch klar, wie die eigene soziale Stellung die Chance mit sich bringt, größere Sichtbarkeit, Diskussion und Akzeptanz im eigenen Umfeld zu erzeugen. Das gelte sowohl für das Arbeitsumfeld und die eigene Familie als auch unter Freund*innen. "Das ist wichtig für mich", so Pappas.
Pappas könne aber auch weiterhin mit dem "Sie"-Pronomen angesprochen werden, was daran liege, dass they die eigene Identität sowohl als nichtbinär als auch als Frau wertschätze. Es störe them nicht, wenn andere den neuen Namen oder das neue Pronomen nicht zu jeder Zeit verwenden würden. Pappas sei jedoch dankbar für jeden Aufwand, den andere eingingen, um their Präferenzen anzuerkennen.
V Pappas wurde in Australien geboren, ist 44 Jahre alt und soll zudem auch die US-amerikanische Staatsbürger*innenschaft haben. Von August 2020 bis zur Ernennung von Shou Zi Chew als TikTok-CEO im Mai 2021 führte Pappas den Konzern sogar als Interims-CEO.
In dieser Zeit musste they das soziale Medium durch den eskalierenden Konflikt zwischen Donald Trump und China führen. Trump hatte es damals auch auf den Konzern abgesehen und einen Verkauf an ein US-Unternehmen gefordert.
TikTok wird unter anderem vorgeworfen, dass die Daten von User*innen außerhalb Chinas in der Diktatur verarbeitet und mitgelesen werden. Es gebe massive personelle Überschneidungen mit Medien des Staates. Zudem soll es digitale Zugriffsmöglichkeiten für Staatsapparate geben. Im März vergangenen Jahres wurde außerdem bekannt, dass TikTok queere Kommentare in Form des sogenannten "Shadow Banning" in ihrer Reichweite beschränken soll (queer.de berichtete). (jk)
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