Der Bundestag hat am Donnerstagnachmittag mit großer Mehrheit die Wahl des rechtsextremen AfD-Politikers Stephan Brandner zum Bundestagsvizepräsidenten abgelehnt. 78 Abgeordnete stimmten bei einer geheimen Wahl für den Thüringer – und damit genauso viele Parlamentarier*innen, wie die AfD-Fraktion gegenwärtig Sitze hat (ursprünglich waren vor anderthalb Jahren 83 Kandidierende für die AfD in den Bundestag gewählt worden). 592 Abgeordnete votierten gegen den 56-Jährigen. Es gab acht Enthaltungen.
Bei der Abstimmung erhielt Brandner weniger Stimmen als vorherige AfD-Kandidat*innen. Letztes Jahr trat etwa der AfD-Politiker Malte Kaufmann, der auch schon bei "Demos für alle" Stimmung gegen queere Menschen gemacht hat, bei der Wahl an und erhielt 92 Ja-Stimmen – also 14 mehr als Brandner (queer.de berichtete).
Brandner gilt als eine der umstrittensten Figuren der AfD. Der zum völkisch-nationalistischen Flügel seiner Partei gehörende Politiker sorgte 2019 für bundesweites Aufsehen, als er nach einer antisemitischen Äußerung den Vorsitz des Rechtsausschusses verlor – eine derartige Abwahl ist äußerst selten (queer.de berichtete). Er ist zudem für seine queerfeindlichen Äußerungen berüchtigt: So bezeichnete er letztes Jahr Regenbogenflaggen als "Propagandafähnchen" (queer.de berichtete).
Stephan Brandner ist seit 2017 Mitglied des Bundestages (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode sind der AfD als antidemokratischer Partei mehrfach wichtige Schlüsselpositionen verweigert worden. Neben dem Bundestagspräsidium stimmte das Plenum etwa mehrfach gegen die Präsenz der AfD im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld (queer.de berichtete). Zu diesem Posten stellte die AfD auch mehrfach queerfeindliche Politiker*innen auf – dazu zählte etwa mit Petr Bystron ein Abgeordneter, der die Ehe für alle als "abartig" bezeichnete.
Eigentlich steht laut der Geschäftsordnung des Bundestags jeder Fraktion ein Posten im Bundestagspräsidium zu. Allerdings muss jedes Mitglied mit einer Mehrheit vom Plenum gewählt werden. Die AfD klagte dagegen, dass ihre Kandidat*innen wiederholt durchgefallen sind. Das Bundesverfassungsgericht entschied vergangenes Jahr jedoch, dass es keine Verpflichtung zur Wahl einer bestimmten Person gebe. (dk)