Die Hamburger CDU will weiter aktiv die Volksinitiative "Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung" unterstützen, obwohl deren Sprecherin Sabine Mertens Stimmung gegen queeren Menschen macht. Das berichtete das "Hamburger Abendblatt" (Bezahlartikel) am Sonntag unter Berufung auf CDU-Landesgeschäftsführer Florian Weigel.
Dieser habe in einem Schreiben an die Mitglieder des Landesvorstandes sowie die Kreis- und Ortsvorsitzenden die Mitglieder angeraten, Unterschriften für Mertens' Initiative zu sammeln. "Zu keinem Thema haben wir in den letzten Monaten mehr positive Anrufe und E-Mails erhalten", wird Weigel zitiert. Die Ortsvorsitzenden würden Unterschriftenlisten erhalten, so Weigel weiter, die sie "selbstverständlich beliebig häufig kopieren" dürften.
CDU "klar gegen jede Form von Homophobie"
Zwar hatte sich CDU-Fraktionschef Dennis Thering von den Äußerungen von Mertens distanziert: "Der Diskriminierung von Homosexuellen stellen wir uns klar entgegen. Die Aussage von Frau Mertens ist daher inakzeptabel" (queer.de berichtete). Auch die Bundesgeschäftsstelle der CDU erklärte, dass man sich "klar gegen jede Form von Homophobie und Diskriminierung" stelle. Allerdings scheint diese "klare" Position der CDU das Sammeln von Unterschriften für Mertens nicht auszuschließen. Zudem hat sich CDU-Parteichef Christoph Ploß, der die Initiative seit längerem bewirbt, bislang nicht öffentlich zu Mertens' Angriff auf queere Menschen geäußert.
Ziel der Initiative ist es vorgeblich, die Hamburger Verwaltung, Bildungseinrichtungen und städtische Unternehmen dazu zu verpflichten, sich an die aktuellen Regeln des Rats für deutsche Rechtschreibung zu halten – Gendersternchen wären etwa damit verboten. Wenn binnen sechs Monaten 10.000 Wahlberechtigte die Forderung unterschreiben, muss sich die Bürgerschaft mit dem Anliegen befassen.
Hintergrund ist, dass der Senat 2021 der Verwaltung die Nutzung von Gendersprache erlaubt hatte (queer.de berichtete). Die Umsetzung ist allerdings freiwillig.
Mertens sieht Homosexuelle und trans Menschen als Gefahr für Evolution an
Der Stein des Anstoßes: Mertens hatte die Initiative auch mit Queerfeindlichkeit begründet. Gendern bezeichnete Gendern als eine "PR-Maßnahmen der LGBTQ-Bewegung" und erklärte, "dass sich normalerweise Männer und Frauen zum anderen Geschlecht hingezogen fühlen". Außerdem sagte sie: "Wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch und trans werden sollen, dann ist die Evolution zu Ende."
Sabine Mertens hält queere Menschen für eine Gefahr – und macht aus ihren Überzeugungen keinen Hehl (Bild: Screenshot / Sat.1 Regional)
Bereits zuvor hatte sich Mertens queerfeindlich geäußert: So warnte sie etwa 2022 vor der "Praxis des 'Verqueerens'" und behauptete martialisch, dass sich die Queertheorie "strategisch auf weltweiten Umsturz fokussiert" (queer.de berichtete).
FDP will Initiative nicht aktiv unterstützen, kritisiert aber Gendersprache
Die FDP hat unterdessen dementiert, dass man die Initiative unterstütze. Dabei hatte sich die Hamburger FDP-Politikerin Sonja Jacobson im Januar gegenüber dem Onlineportal von "t-online" noch positiv zur Initiative geäußert. "Weder die FDP Hamburg noch Sonja Jacobsen haben der Initiative ihre Unterstützung zugesagt", sagte jetzt der FDP-Landesvorsitzende Michael Kruse gegenüber queer.de. Gleichzeitig kritisierte Kruse den rot-grünen Senat dafür, dass er in seiner Vorgehensweise bei geschlechtergerechter Sprache "völlig unsensibel" agiere. "Sprache lässt sich nicht von oben verordnen, sie ist lebendig und dynamisch. Veränderungen wachsen im alltäglichen Sprachgebrauch in der Bevölkerung und nicht durch behördliche Richtlinien. Viele Menschen fremdeln mit derartigen Richtlinien", so Kruse.
Das Thema des Genderverbots ist in CDU und FDP umstritten: So hatte sich der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) 2021 dagegen ausgesprochen und davor gewarnt, das Thema zu ideologisieren (queer.de berichtete). Die FDP stimmte in Thüringen gegen einen Genderverbotsantrag der CDU, in Baden-Württemberg beantragten die Liberalen dagegen Anfang Februar, Gendern an Schulen, Universitäten und Behörden pauschal zu verbieten. (dk)