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ARD-Filmpremiere um Mitternacht

"Lügen – ein Leben lang" – Rosa von Praunheims Film über Rex Gildo

Bekannt wurde er als braun gebrannter Spaßmacher, der seinen Fans "Hossa, Hossa" entgegen schmetterte. Spätestens seit seinem Tod vor fast 24 Jahren ist Rex Gildos Fassade zerbrochen. Regisseur Rosa von Praunheim schaut in einem beeindruckenden Film hinter dahinter.


Rex Gildo (Kilian Berger) und Gitte Hænning (Sidsel Hindhede) galten als Traumpaar der Schlagerbranche (Bild: rbb)

  • Von Britta Schultejans, dpa
    13. Februar 2023, 15:17h, 18 Kommentare

Vor mehr als 50 Jahren brachte Regisseur Rosa von Praunheim den bahnbrechenden Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" heraus. Jetzt illustriert er eine solch perverse Situation an einem sehr prominenten Beispiel: In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (0.05 Uhr) zeigt das Erste seinen Film "Rex Gildo – der letzte Tanz" (Wiederholung am Samstag um 20.15 Uhr im rbb Fernsehen).

Der Film beginnt auf dem Münchner Ostfriedhof – dort, wo nicht Rex Gildo auf dem Grabstein steht, sondern sein echter Name: Ludwig Hirtreiter. Erst im Tod, so scheint es, konnte er sein, wer er war.

Doch selbst an seinem Grab stehen drei in tiefschwarz gekleidete, schluchzende Frauen, die wie die Nornen im "Ring des Nibelungen" über das Schicksal von ihrem Rex wachen und darüber, dass das Andenken an ihn so bleibt, wie sie es gern hätten: Sexy Rexy, der kein graues Haar hatte, dafür aber weiße Zähne, die mit den blauen Augen um die Wette strahlten. Und der alles war – aber sicher nicht schwul.

Die drei Frauen werden zum Sinnbild eines gesellschaftlichen Drucks, vom dem Schlagerstar Gildo sich wohl zeit seines Lebens nicht lösen konnte. 1999 dann stürzte er aus dem Fenster seiner Münchner Wohnung und starb wenige Tage später.

"Normativer Druck der Schlagerbranche"

"Rosa von Praunheim erzählt ein Leben im gesellschaftlichen Kontext der alten Bundesrepublik und dem normativen Druck der Schlagerbranche", heißt es in der ARD-Ankündigung.

Er tut das, indem er dokumentarische Episoden wie Aufnahmen früherer Auftritte und Interviews mit Kollegen und Freunden durch fiktionale Szenen unterbricht. Kilian Berger spielt den jungen Rex Gildo als aufstrebenden, fast noch kindlichen Star, Kai Schumann den älteren Rex, der "immer mehr zur Karikatur" wurde, wie es im Film heißt – und Ben Becker seinen Entdecker, Manager und (das große Geheimnis im Leben der beiden Männer) seinen geliebten Lebensgefährten Fred Miekley. "Wir müssen lügen, ein Leben lang", sagt Becker als Miekley. "Das war ein respektloses Verhältnis und kein schwules", wettern die drei Nornen, als sie eine dieser Szenen rüde unterbrechen.

So zeigt der Film den Aufstieg von Rex Gildo zum stets gut gelaunten, braun gebrannten Spaßmacher und Schlager-Star – und den Abstieg beinahe zu einer Karikatur desselben. Schonungslos zeigt Rosa von Praunheim den von Tablettensucht und Alkoholproblemen gezeichneten Rex Gildo bei Auftritten in Möbelhäusern und bei Firmenjubiläen.

Er zeigt auch Interviews mit Weggefährten wie Conny Froboess und Costa Cordalis, spricht mit seiner früheren Haushälterin und stellt Gitte Hænning eine Frage, die sie nicht beantwortet: "Hattest Du jemals Sex mit Rex?". Sängerin Cindy Berger sagt: "Rex war nicht glücklich."

#1 StaffelbergblickAnonym
  • 13.02.2023, 15:43h
  • Mir hat der Film sehr gut gefallen. Hochinteressant die Frage ob Unfall oder Selbstmord .... Conny Frobess dazu ..es wird wohl Unfall gewesen sein, für Selbstmord war Rex viel zu sehr Ästhet. Scheint mir durchaus plausibel
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#2 LothiAnonym
#3 StaffelbergblickAnonym
#4 Alexander_FAnonym
  • 13.02.2023, 23:00h
  • Ein Praunheimsches Meisterwerk, und gleichzeitig die nötige Ehrenrettung eines Menschen, der von der Gesellschaft zur Karikatur gemacht wurde. Womit sich der Kreis zu Praunheims Erstlingswerk schließt. "Nicht Rex Gildo war pervers, sondern die Situation, in der er lebte", hätte auch der Titel sein können.
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#5 LothiAnonym
#6 DominikAnonym
  • 14.02.2023, 07:36h
  • Antwort auf #1 von Staffelbergblick
  • Zumindest im übertragenen Sinne war es schon ein Selbstmord. Als Persönlichkeit, die ein Leben lang allen und sich selbst was vorgemacht hat, und zwar auf eine fast schon absurde Art und Weise, war er doch gänzlich gescheitert. Das tragische Ende stellt sich für mich als eine nur allzu logische Konsequenz dar.

    Die gebräunte Haut? - "Ich habe italienische Vorfahren, auf die geht das zurück."
    Nicht ein einziges graues Haar und alles immer noch so dicht? - "Auch da habe ich Glück, mein Vater hatte das auch."
    Warum lallen Sie denn so, haben Sie was getrunken? - "Nein, ich habe aus Versehen eine Kopfschmerztablette zu viel eingenommen."
    Wo haben Sie eigentlich so gut singen und tanzen gelernt? - "Ich habe eine klassische Ausbildung genossen und habe schon als Kind bei den Domspatzen gesungen."
    Stimmt es, dass Sie und Gitte auch im wirklichen Leben ein Paar waren? - "O ja, wir waren schon sehr verknallt, damals."
    Was macht eigentlich Ihre Frau, also Ihre Cousine, die Sie ja später dann geheiratet haben? - "Die wartet zuhause auf mich und hält mir das Bettchen warm."

    Der Typ war eine wandelnde Lebenslüge, und er wird mir hier viel zu unkritisch gefeiert, Umstände hin oder her. Definitiv war er kein Vorbild, sondern eine tragische Figur, die an ihrem tragischen Ende auch selbst schuld hatte. Nicht nur die Gesellschaft, sondern auch er selbst.
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#7 FraesdorffAnonym
  • 14.02.2023, 08:56h
  • Ich habe den Film gestern gesehen und war entsetzt über die Unbeholfenheit der Schauspieler. Ich habe nichts dagegen, wenn Szenen in Pappkulissen gespielt werden. Ich habe etwas dagegen, wenn ich nichts spüre, keine Liebe, keine Trauer, keinen Schmerz, weil alles überdreht und laienhaft präsentiert wird - Wackelkamera inklusive. Ich habe Karikaturen gesehen, keine Menschen.
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#8 FraesdorffAnonym
#9 Felix-BaerlinAnonym
  • 14.02.2023, 10:25h
  • Antwort auf #4 von Alexander_F
  • Ist es wirklich eine Ehrenrettung, wenn ein Künstler, der zeitlebens nicht wollte, dass er öffentlich geoutet wird, genau dies nun geschieht? Wieder einmal verstößt Rosa von Praunheim gegen die Selbstbestimmung eines Menschen. Nun post mortem, so dass der Mensch gar nicht die Chance hat sich zu wehren.
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#10 Alexander_FAnonym
  • 14.02.2023, 13:37h
  • Antwort auf #9 von Felix-Baerlin
  • Es ist auf jeden Fall der Versuch, Rex Gildo als Menschen zu zeigen, jenseits seiner bizarren öffentlichen Persona. Und ich als selbst langjährige Klemmschwester aus konservativem Elternhause, die sich erst spät geoutet hat, kann diese innere Zerrisenheit sehr gut nachempfinden und finde, dass sie sehr glaubhaft rübergebracht wurde. Praunheim hat das auch schon 2005 mit seiner Doku über schwule Rechtsextremisten sehr einfühlsam und ohne Wertung getan, wie auch hier: er hat immer die Klemmschwester Gildo, die geistig in den 1960ern steckengeblieben ist, den gesellschaftlichen Entwicklungen gegenübergestellt. Treffender hätte man das nicht machen können. Es ist wichtig, auch denjenigen von unsereinem, die leugnen, unsereiner zu sein oder unsereinem sogar schaden, gerecht zu werden.
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