Im Prozess um einen tödlichen Angriff auf trans Mann Malte C. beim Christopher Street Day 2022 in Münster hat der Angeklagte die Vorwürfe eingeräumt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hatte sich der ganz in Schwarz gekleidete 20-Jährige am Montag vor dem Landgericht Münster umfassend geäußert. Nach Angaben eines Gerichtssprechers konnte er sich nicht mehr daran erinnern, zwei Teilnehmer*innen unter anderem mit den Worten "lesbische Hure" beleidigt zu haben. Wenn die Zeug*innen das so angegeben hätten, würde es aber wohl stimmen, sagte der russischen Staatsbürger tschetschenischer Herkunft demnach am ersten Prozesstag.
Warum er die beiden verbal Attackierten – die er offenbar für Frauen hielt, später gab aber eine der Personen gegenüber der Polizei ihr Geschlecht als männlich an – beleidigt hatte, wisse er nicht mehr. Bevor er Malte C. mit Schlägen angegriffen habe, sei der 25-Jährige mit freiem Oberkörper auf ihn zugekommen. Der Angeklagte habe sich da schon vorgestellt, mit ihm zu kämpfen.
Die Anklage lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wollte der 20-Jährige, der als erfahrener Boxkämpfer gilt, mit seinen Schlägen nicht töten. Malte C. war nach dem Angriff mit dem Hinterkopf aufs Pflaster geschlagen und Tage später im Krankenhaus an den Folgen eines Schädelhirntraumas gestorben (queer.de berichtete). Zuvor hatte er sich laut Anklage schützend vor Menschen gestellt, die am CSD teilgenommen hatten und von dem alkoholisierten Angeklagten bedroht und beleidigt worden waren.
Motiv unklar
Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom November hatte der Angeklagte nach seiner Festnahme gegenüber einer Gutachterin Fragen beantwortet. Der Psychiaterin sagte er, die ihm vorgeworfene Tat sei "nicht einmal ansatzweise Ausdruck einer feindseligen Haltung gegenüber Homosexuellen". Laut der Gutachterin ist die Tat nicht auf eine homophobe oder queerfeindliche Einstellung des Mannes zurückzuführen.
Laut einem Zeitungsbericht von Anfang Februar könnte der Selbsthass des Angreifers bei der Tat eine Rolle gespielt haben: Demnach sei der 20-Jährige selbst schwul, habe aber die eigene sexuelle Orientierung laut seiner Gutachterin als belastend empfunden (queer.de berichtete). Den Angriff bewerte die Psychiaterin dem Bericht zufolge als unbewusste Abwehr "eigener homosexueller Wünsche". Demnach könnte der 20-Jährige zugeschlagen haben, um nach außen hin zu zeigen, wie sehr er Homosexuelle und trans Personen hasste. Diese Schlussfolgerung stellt die Psychiaterin in ihrem vorläufigen Gutachten allerdings nur als Vermutung in den Raum.
Die Anklage führt die Tat auf eine Persönlichkeitsstörung zurück, bei der die Rechte anderer generell missachtet und verletzt würden. Auch alkoholbedingt sei der Mann aggressiv und gewaltbereit gewesen. Aber: Seine Steuerungsfähigkeit war laut Gutachterin nicht erheblich beeinträchtigt.
Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht?
Ob der 20-Jährige als Heranwachsender nach Jugend- oder nach Erwachsenenstrafrecht (ab 21 Jahren) verurteilt wird, will das Gericht nach den Zeugen- und Gutachteraussagen entscheiden. Die Frage ist, ob bei dem Angeklagten eine Entwicklungsverzögerung vorliegt.
Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund, nicht die Strafe. So unterscheiden sich die Unterbringungen in der Jugendhaft erheblich von einem Erwachsenengefängnis.
Bei einer Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge drohen dem Angeklagten mindestens drei Jahre Gefängnis. Im Jugendstrafrecht gilt auch bei Straftaten wie Totschlag oder Mord eine Obergrenze von zehn Jahren. (dpa/cw)
Welche denn? Antisoziale Persönlichkeitsstörung/ Soziopathie? Oder gibt es noch andere mit den Merkmalen?