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Sexualwissenschaft

Volkmar Sigusch gestorben

Der Pionier der Kritischen Sexualwissenschaft wurde 82 Jahre alt.


Sigusch und Teile seines Werks (Bild: Campus-Verlag / Archiv / Promo)

Der bekannte deutsche Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch ist tot. Der Psychiater und Gründer des Instituts für Sexualwissenschaft am Universitätsklinikum Frankfurt starb bereits am 7. Februar im Alter von 82 Jahren, wie am Wochenende durch Medienberichte und eine Traueranzeige seines Lebenspartners publik wurde.

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Das von Sigusch verfasste Lehrbuch "Sexuelle Störungen und ihre Behandlung" gilt als Standardwerk der Psychotherapie und Sexualmedizin, als deren Wegbereiter als eigenständige Disziplin er galt. Zugleich setze er Anfang der Siebziger als einer der ersten auf sexualemanzipatorische Ansätze in der Wissenschaft, auf Selbstbestimmung und gegen Pathologisierung und Psychiatrisierung von "sexuellen Störungen". Dabei setze er auch auf die Vorlagen von etwa Magnus Hirschfeld oder der Sexualforschers Hans Giese.

In Brandenburg geboren war Sigusch kurz vor dem Mauerbau in den Westen geflohen. Er studierte Medizin, Psychologie und Philosophie an den Universitäten in Frankfurt am Main und Hamburg und wurde unter anderem von Max Horkheimer, Theodor Adorno Hans und Bürger-Prinz unterrichtet und beeinflusst. Nach der Habilitation im Fach Sexualwissenschaft in Hamburg gründete er 1972 das Sexualwissenschafts-Institut an der Frankfurter Uni-Klinik und holte als Direktor weitere einflussreiche Personen wie Martin Dannecker zu sich. Nach seiner Emeritierung 2006 wurde das Institut 2006 mit einem Jahresetat von zuletzt 500.000 Euro für sechs Mitarbeitende geschlossen.

Sigusch, als Gutachter, und weitere Mitstreiter hatten unter anderem einen entscheidenden Anteil an der Entschärfung des Paragrafen 175 Anfang der Siebziger. Mit Büchern und Essays oder als Mitherausgeber der "Zeitschrift für Sexualforschung" beeinflusste er immer wieder das wissenschaftliche und gesellschaftliche Denken zu Sexualität und Geschlecht. Im "Ruhestand" hatte er unter anderem eine vielbeachtete "Geschichte der Sexualwissenschaft" und ein "Personenlexikon der Sexualforschung" veröffentlicht.

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In ersten Nachrufen wurde Siguschs Person und Werk am Wochenende geehrt. "Der Arzt und Soziologe hat die Sexualwissenschaft in Deutschland entscheidend geprägt", schrieb etwa die Deutsche Aids-Hilfe bei Twitter. Sie werde "diese wichtige Stimme vermissen". Der "Tagesspiegel" / "Queerspiegel" veröffentlichte einen umfassenden Nachruf. In sozialen Netzwerken wurde häufig daran erinnert, dass Sigusch den Begriff "Cis" erfand: "Ich kam darauf, weil es die Wendungen 'transalpin' und 'cisalpin' gibt, die 'jenseits der Alpen' und 'diesseits der Alpen' bedeuten", sagte er einst der "Zeit". "Jetzt also auch: jenseits und diesseits der Genitalien. Mit anderen Worten: Wenn es Cissexuelle gibt, dann muss es auch Transsexuelle geben. Das heißt, die sind ganz normal." (cw)