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Selbstverbrennung auf dem Berliner Alexanderplatz

Ella Nik Bayan: Alle Verfahren eingestellt

Laut Berliner Senat wurden inzwischen alle Verfahren zu Straftaten gegen Ella Nik Bayan eingestellt. Auch ein gegen einen Feuerwehrmann geführtes, von der Feuerwehr aber verleugnetes Verfahren führte zu nichts.


Ella Nik Bayan starb im September 2021 in Berlin (Bild: privat)

Auch die letzten verbliebenen zwei Ermittlungsverfahren zu Straftaten gegen Ella Nik Bayan sind eingestellt worden. Sowohl im Fall der vierten Grabschändung als auch in dem der Fertigung und Weiterverbreitung von Fotoaufnahmen der tödlich verletzten Frau im Rettungswagen ist kein Verfahren mehr anhängig. Das erfuhr der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Vasili Franco, durch eine Anfrage an den Senat.

Bayan hatte sich am 14. September 2021 auf dem Berliner Alexanderplatz das Leben genommen (queer.de berichtete). Schwer verletzt war sie in einem Rettungswagen der Berliner Feuerwehr ins Unfallkrankenhaus Berlin verbracht worden, wo schließlich ihr Tod eingetreten war. Auf dieser Fahrt fertigten Unbekannte Fotoaufnahmen von Bayan an und verbreiteten sie in Chatgruppen. Im Fall einer weiteren angefertigten Fotoaufnahme, erstellt im Unfallkrankenhaus, war es schon zuvor zu einer Einstellung des Verfahrens gekommen. Das gilt ebenso für Videoaufnahmen vom Alexanderplatz selbst.

Zudem gab es seit Bayans Beisetzung insgesamt vier Angriffe auf die letzte Ruhestätte der transgeschlechtlichen Geflüchteten aus dem Iran – der letzte wenige Tage vor Weihnachten 2022 (queer.de berichtete). Obwohl es abzusehen war, dass sich weitere Schändungen ereignen würden, ergriff die Berliner Polizei augenscheinlich keine geeigneten Mittel zum Schutz des Grabs oder zur Feststellung von Täter*innen. Am 30. Januar wurde auch das zum letzten Angriff geführte Verfahren schließlich eingestellt.

Sexuelle Abscheu zum Ausdruck gebracht

Nach Informationen des Senats war beim vierten Angriff auf das Grab von Ella Nik Bayan nicht nur eine Art Bekenner*innenschreiben in Versform abgelegt worden, sondern ein weiterer Gegenstand, aus dem die offensichtlich auch sexuelle Abscheu gegenüber der transgeschlechtlichen Frau hervorgeht.

In der Antwort des Senats heißt es: "Auf dem Grab der Verstorbenen wurden ein 'Dildo' sowie ein Schreiben in deutscher Sprache abgelegt. Das Schreiben enthielt sowohl einen religiös anmutenden Vers unter Nennung von 'Gott' als auch ein Bild, das den Suizid der Ella Nik Bayan darstellt." Diese Umstände ließen demnach "auf eine religiös motivierte Tat aus transphoben Beweggründen schließen".

Im hinterlassenen, eigens verfassten Gedicht wird behauptet, Gott habe die Menschen "als Mann und Frau" geschaffen. Nur ein "Ketzer" könne dies bestreiten. Der Text, der sich teilweise direkt an die als Ella bekannt gewordene Bayan wendet, enthielt zudem als Hohn auffassbare Formulierungen. Auf der Rückseite des Ausdrucks befindet sich ein Standbild aus dem Video, das jemand Unbekanntes von der Selbstverbrennung angefertigt und ebenfalls im Internet verbreitet hatte.

Auf die Frage hin, welche Maßnahmen der Senat und der Bezirk Lichtenberg, in dem der Friedhof liegt, unternähmen, um weitere Angriffe auf das Grab zu verhindern, heißt es in der Antwort des Berliner Senats: "Zu konkreten polizeilichen Maßnahmen im Sinne der Fragestellung können aus
ermittlungstaktischen Gründen keine Auskünfte erteilt werden." Die Einstellung auch des Verfahrens zum vierten Angriff verheißt jedenfalls wenig Gutes über die Erfolgsaussichten der bislang ergriffenen polizeilichen Maßnahmen.

Feuerwehr-Bediensteter war Beschuldigter

Im Fall der Fotoaufnahmen gibt es immerhin eine neue Information. Zuletzt hatten sowohl das Berliner Unfallkrankenhaus als auch die Berliner Feuerwehr bei der Frage danach, in wessen Rängen sich ein von der Berliner Generalstaatsanwaltschaft als Beschuldigter geführter Mann befinde, jeweils auf die andere Institution verwiesen und die Verantwortung damit von sich geschoben (queer.de berichtete).

Aus der Antwort auf die in Zusammenarbeit mit queer.de entstandene Anfrage des Abgeordneten Vasili Franco an den Senat geht nun hervor, dass der Beschuldigte Angestellter bei der Berliner Feuerwehr ist oder war. In der Angelegenheit soll es zu polizeilichen Zeug*innenvernehmungen sowie zur Sicherstellung eines Mobiltelefons gekommen sein. Unklar ist, wann das geschehen sein soll und wie die Ermittler*innen auf den Mann kamen.

Der Datenträger aber enthielt augenscheinlich keinen weiteren Hinweis zur Verdichtung des Verdachts: "Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wurde mit Verfügung vom 14. Oktober 2022 mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt", heißt es.

Auch ein Disziplinarverfahren "wurde gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 Disziplinargesetz eingestellt", führt der Senat weiterhin aus. Doch wenn es sogar ein Disziplinarverfahren gegen den Bediensteten der Feuerwehr gegeben hat, wieso verwies die Feuerwehr in ihrer Antwort auf eine Anfrage von queer.de vom 28. September 2022 dann auf die Zuständigkeit des Unfallkrankenhauses Berlin?

Berliner Feuerwehr schob Verantwortung von sich

Auf die Frage danach, ob das strafrechtliche Verfahren bei der Feuerwehr bekannt sei, hatte es in dem Antwortschreiben nämlich geheißen: "Das Unfallkrankenhaus Berlin gehört organisatorisch nicht zur Berliner Feuerwehr. Der o. g. Bedienstete ist kein Angehöriger der Berliner Feuerwehr. Demzufolge liegen uns keine Informationen diesbezüglich vor."

Und auch auf die Frage nach einem möglicherweise im Haus geführten arbeitsrechtlichen Verfahren, Konsequenzen vonseiten der Feuerwehr oder vorgenommenen Sensibilisierungen gegenüber Mitarbeiter*innen war geantwortet worden: "Wie oben erwähnt, ist der betroffene Bedienstete kein Angehöriger der Berliner Feuerwehr. Insofern gibt es hinsichtlich dieses Vorfalls keine arbeitsrechtlichen Verfahren in unserem Hause." Das aber gab es laut Auskunft des Berliner Senats sehr wohl. Eine Antwort auf mögliche Sensibilisierungen der Mitarbeiter*innen blieb die Feuerwehr-Sprecherin damals schuldig.

Die Verantwortung dafür, transphobes und rassistisches Verhalten von Mitarbeiter*innen zu thematisieren und zukünftig auszuschließen, läge in diesem Fall jedoch ohnehin bei der Berliner Feuerwehr. Schließlich handelte es sich um einen Wagen der Rettungswache des Unfallkrankenhauses, die von der Feuerwehr betrieben wird. Ob sie der Verantwortung aber gerecht wird, darf jedenfalls nicht nur aufgrund des bisherigen Auskunftsverhaltens in Frage gestellt werden.

In der Antwort des Senats heißt es nun nämlich, die Berliner Feuerwehr habe "den vorliegenden Sachverhalt" zum Anlass genommen, um intern noch einmal auf die Straftat der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen hinzuweisen. Außerdem habe die Feuerwehr "empfohlen, die Thematik verstärkt in Schulungen und Fortbildungen aufzunehmen". Von Maßnahmen, transphobes und rassistisches Gedankengut bei Auszubildenden und Mitarbeiter*innen ernstzunehmen und anzugehen oder Patient*innen vor ihnen zu schützen, ist in der Antwort des Senats indes nicht die Rede.

Grüner Franco von ergebnislosen Verfahren enttäuscht

Vasili Franco, der bei der jüngsten Berlin-Wahl erneut für die Grünen ins Abgeordnetenhaus gewählt wurde, zeigt sich über die ergebnislosen Verfahren enttäuscht. Die bisherige Aufklärung könne nicht zufriedenstellen. Durch die wiederholten Grabschändungen entstehe ein anhaltender Schaden über den Tod von Ella Nik Bayan hinaus: "Ich kann gut verstehen, dass dies besonders bei den Angehörigen, Freund*innen und Unterstützer*innen Schmerz und Enttäuschung hinterlässt."

Die Veröffentlichung der Bilder stelle laut Franco "einen schweren Eingriff in den intimsten Grundrechtsbereich der Geschädigten dar". Daher sei es "umso enttäuschender, dass die Ursache dafür nicht nachvollzogen werden konnte".

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels war in einer Zwischenüberschrift die Rede davon, dass ein Feuerwehr-Bediensteter das Foto geschossen habe. Tatsächlich war der Mann bloß als Beschuldigter von der Generalstaatsanwaltschaft geführt worden. Wir haben den Fehler korrigiert.

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#1 Ith_Anonym
  • 22.02.2023, 10:13h
  • "Auch die letzten verbliebenen"

    ... Überreste an Hoffnungen und Vertrauen in einen Rechtsstaat, der sich für die Würde von Leuten wie uns interessiert bzw. sich selbst tatsächlich als Rechtsstaat begreift, fangen so langsam an, sich zu verabschieden.

    Gleichheit an Rechten und Würde existiert nicht in Deutschland.
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#2 MaybemeProfil
  • 22.02.2023, 10:50hBochum
  • Wir reden von einer Straftat, bei der es etwa 3 Verdächtige gegeben dürfte (ausgehend von 4 Leuten im Rettungswagen, wovon einer ja fährt und damit eher nicht in Frage kommt), die alle auf engstem Raum zusammen waren.

    Ok, wenn alle die Schnauze halten ist strafrechtlich nichts zu machen, frustrierend, aber ok.

    Die andere Frage ist doch, warum halten alle die Schnauze, und warum glaubt der Arbeitgeber, dass immer noch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit diesen Menschen möglich ist.

    Immerhin decken diese nicht nur eine Straftat oder haben diese begangen, und da ja, wie wir aus Vorwürfen des Diebstahls von 0,25 EUR Pfandbons wissen, der Verdacht reicht, plus dass diese das Leben von weiteren Menschen gefährden, da trans Menschen und vermutlich auch Migranten dadurch eine höhre Vermeidung von Rufen des Rettungswagens oder Betreten eines Krankenhauses haben dürften.

    Man merkt hier, wie die Verantwortlichen hier mit zweierlei Maß messen, und die Karriere der eigenen Leute vor das Leben von Menschen stellen.

    Hier geht es am Ende nicht mal nur um Ellas Würde, sondern auch um das Leben anderer Menschen, die spätestens durch das Verhalten von Feuerwehr und Krankenhaus ernsthaft gefährted werden.

    Es ist auch mehr als bedauerlich, dass die Politik dieses nicht sieht, und nicht ihrerseits Konsquenzen anstrebt.
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#3 PolitresignierterAnonym
  • 22.02.2023, 11:32h
  • Antwort auf #2 von Maybeme
  • "Es ist auch mehr als bedauerlich, dass die Politik dieses nicht sieht, und nicht ihrerseits Konsquenzen anstrebt."

    Oh, ich denke schon, dass die Politik das sieht.
    Und willkommen heißt.

    (Bei der SPD vielleicht auch mit ihrem Lieblingsausspruch beim Einknicken genutzten Spruch: "Mit Bauchschmerzen").

    So muss man nichts ändern und kann zugleich die Stimmen der "Normalen(TM)" halten. Denn was wäre los, wenn wir wirklich sowas wie Gleichberechtigung oder zumindest Gleichheit vor dem Gesetz hätten, sowie einige Punkte des Grundgesetzes (die ja explizit NICHT für LGBTQIA* gelten und was mittlerweile sehr unschön zeigt, weshalb eigentlich die Anpassung von Art. 3 so nötig wäre) für uns gälten? Der TERF- und Fascho-Mob mit seinen "besorgten Begleitern" wäre in Aufruhr - und das will gewiss Politik nicht.
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#4 PeerAnonym
  • 22.02.2023, 12:38h
  • Antwort auf #2 von Maybeme
  • "Ok, wenn alle die Schnauze halten ist strafrechtlich nichts zu machen, frustrierend, aber ok."

    Nein, ist es nicht.

    Denn das ist immerhin Behinderung der Ermittlungen. Und wenn schon aufgrund von deren falsch verstandenen Korpsgeist der Täter nicht ermittelt werden kann, dann sollten zumindest alle Vier für Vereitelung der Ermittlung belangt werden. Und entlassen werden, weil solche Leute für diesen Job offensichtlich nicht geeignet sind, wie sie selbst bewiesen haben.

    Dass das nicht passiert, zeigt nur wieder mal, dass LGBTI immer noch in Deutschland Menschen 2. Klasse sind. Es muss dringend gehandelt werden.
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#5 StaffelbergblickAnonym
  • 22.02.2023, 13:39h
  • Antwort auf #4 von Peer
  • "dann sollten zumindest alle Vier für Vereitelung der Ermittlung belangt werden. Und entlassen werden,"
    Das wäre eine Möglichkeit ... aber auch die muss gerichtssicher nachgewiesen werden.
    Und Feuerwehrleute entlassen? in Berlin? Das würde wohl gegenwärtig überhaupt nicht passieren. Denn in Berlin fehlen gegenwärtig massenweise Feuerwehrleute.
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#6 MaybemeProfil
  • 22.02.2023, 13:46hBochum
  • Antwort auf #4 von Peer
  • ich gebe dir recht, da hab ich mich auch unklar ausgedrückt. Es war hier mehr im Rahmen der Unschuldsvermutung gemeint.

    Das wir hier ein Korpsgeistproblem haben, und man hier natürlich von einer gemeinschaftlichen Tat ausgehen kann, und hier vielem nicht nachgegangen wird, habe ich sicherlich verkürzt ausgedrückt. (und ab 3 Leute ist es Bandenkriminalität)

    Weil der andere Anteil, der dann kommt für mich irgendwie der wichtigere war.
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#7 Two SpiritsAnonym
  • 22.02.2023, 20:23h
  • Der Freitod einer Transfrau zeigt eigentlich wie verkommen das ganze Rechtssystem geworden ist.
    Die Verkommenheit zeigt sich wie gehandelt wird Zitat:"zeigt nur wieder mal, dass LGBTI immer noch in Deutschland Menschen 2. Klasse sind. Es muss dringend gehandelt werden." In diesen Staat wird nicht mehr gehandelt, alles wird auf die lange Bank geschoben bis es mal einfach nur herunterfällt und dann bitte ziemlich lautlos. Die Feuerwehrdeppen können sie vor lachen nicht mehr halten. Denn Polizei wird sich hüten gegen Feuerwehr zu ermitteln unter Beamten Kollegen, geht das gar nicht.
    Ich hoffe nicht das ich mal in der die unangenehme Verlegenheit komme mit einen Feuerwehrtransport ins Krankenhaus gebracht zu werden, für mich Horrorszenario! Diese Menschen sind nur noch verachtenswert. Ein Staat der sich nur aus Sonntagsreden nährt, im Alltag herrscht nur die Apathie und Verachtung gegenüber die nicht so sind wie sie selbst.
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#8 PaddyAnonym
  • 23.02.2023, 18:20h
  • In dem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, inwieweit die oft gestellte Vermutung stimmt, das im Rettungsdienst verdeckt arbeitende Ermittler eingesetzt sind. Näher an einer eventuellen Straftat ist ja vermutlich keiner. Und entsprechend überschaubar dürfte umgekehrt der Ermittlungswille sein.
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#9 Ith_Anonym
  • 24.02.2023, 13:28h
  • Antwort auf #2 von Maybeme
  • "Ok, wenn alle die Schnauze halten ist strafrechtlich nichts zu machen, frustrierend, aber ok."

    Ach, so einfach ist das bei anderen Straftaten auch nicht.
    Wenn 4 Leute die Bank ausrauben und einer davon Schmiere steht, nachweislich aber ein Verbrechen begangen worden ist, hat der Rechtsstaat an sich schon seine Möglichkeiten, über Werkzeuge wie gemeinschaftlich begangene Straftat, Mittäterschaft und co. dafür zu sorgen, dass es Verurteilungen gibt, auch wenn alle vier die Klappe halten.

    Wenn es um Verbrechen gegen die Würde von Menschen geht, die in den Augen unserer Exekutive und Justiz sowas wie Würde nicht verdienen bzw. nicht besitzen (sollen, dürfen, whatever), besteht halt einfach keine Motivation, den rechtlich möglichen Rahmen auszuschöpfen.

    Weil du nämlich nicht hingehst und einem vollwertigen Menschen das Leben versaust, bloß weil der ein Verbrechen an jemandem begangen hat, der als Mensch niederen Wertes und niederer Klasse betrachtet wird. Schon gar nicht, wenn der vollwertige Mensch dem selben Korps angehört wie die Angehörigen der zuständigen Exekutive und Justiz.
    Wenn Ella cis gewesen wäre, hätte sie trotz ihres Flüchtlingsstatus nach dem Vorgefallenen vielleicht noch irgendwelchen Support seitens der Gesellschaft erwarten können. Cis-Feministinnen z.B., von denen einigen schon zuzutrauen gewesen wäre, zu protestieren, dass/wenn Männer im Dienst eine wehrlose Frau fotografieren und Fotos online stellen. Das hätte Skandalpotenzial gehabt. Bei einer Frau mit Flüchtlingsstatus schon deutlich weniger als bei einer Frau, die ihren deutschen Ariernachweis bekommen hätte. Aber eine Chance wäre da gewesen.

    Als trans Person bist du aber für die Mehrheitsgesellschaft kein Mensch, und trans Frauen sind für cis Frauen keine Frauen. Man ist Dreck für den Rest der Gesellschaft und hat sich im Zweifelsfalle alles, was nach dem Outing passiert, selbst zuzuschreiben, denn man hätte sich ja nicht outen _müssen_ (eigentlich meinen sie "sollen"). Außerdem gehen wir eh alle auf den Strich und nehmen Drogen, als ob ein paar Fotos bei DEM angenommenen Hintergrund noch was ausmachen würden (und weil diese Annahmen ziemlich normal sind, kommst du als trans Person auch nicht drumherum, dich mit Sexworkerfeindlichkeit auseinanderzusetzen).
    Wenn deine Existenz gegen die guten Sitten verstößt, gibt es die Sache mit der Würde für dich nicht mehr. Ja, in unserer Verfassung steht das anders drin. Aber was hilft das, wenn die in der Praxis sowieso keine Rolle spielt.

    Deutschland, du transfeindliches Stück Scheiße.
  • Antworten » | Direktlink »
#10 LothiAnonym