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Japan

Rock oder Hose? Schulen in Japan lockern Regeln zu Uniformen

Erste Bildungseinrichtungen in Japan ändern die streng-binären Auflagen zur Schuluniform. Einige Schulen erlauben bereits das Tragen von Blazern und Hosen unabhängig vom Geschlecht.


Schüler*innen in Japan in klassischen Uniformen (Bild: IMAGO / AFLO)

Fans von Manga und Anime lieben sie: japanische Schuluniformen. Im Land der aufgehenden Sonne haben Schulen jeweils ihre eigenen Uniformen. Dabei gilt: Mädchen haben Rock zu tragen, Jungs Hose.

Doch im Zuge eines Überdenkens der oft strikten Schulregeln ändern nun erste Bildungseinrichtungen die Auflagen zur Uniform, wie die Zeitung "Mainichi Shimbun" am Montag berichtete. Dort dürfen zum Beispiel nun auch Mädchen auf Wunsch Hosen tragen.

Die Zeitung vermutet dahinter einen "Trend, Diversität aus der Perspektive 'gender free' zu respektieren". Wobei Japan in punkto Geschlechtergerechtigkeit allgemein noch immer ein großes Problem hat.

Eltern stimmten den Lockerungen zu

Als Beispiel für die neue Entwicklung führt die Zeitung die Gyoda Junior High School in Tokios Nachbarpräfektur Chiba an. Dort habe man die Regeln zur Schuluniform in den vergangenen Jahren in Absprache mit den Eltern schrittweise gelockert. Trugen Jungs traditionell Jacken mit engem Stehkragen und Schülerinnen Blazer mit Schleife und Röcke, wurde Mädchen auch das Tragen von Hosen erlaubt und in einem weiteren Schritt neben Schleifen auch Krawatten. Nun soll das Tragen von Blazern und Hosen unabhängig vom Geschlecht gestattet werden.

Auch andere Schulen gehen mit der Geschlechterfrage nun anders um als früher. Allgemein rücken auch die Belange der LGBTI-Community langsam verstärkt ins öffentliche Bewusstsein des Landes, wobei Japan als einziger Staat in der G7-Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien die gleichgeschlechtliche Ehe bislang nicht anerkennt. Zudem ist die Kluft zwischen Männern und Frauen in Japan in Bezug auf politische Repräsentation und wirtschaftliche Stellung im Vergleich zu anderen Industriestaaten immer noch groß. Nichtbinäre Personen sind kaum sichtbar. (cw/dpa)

#1 HugogeraldAnonym
  • 27.02.2023, 08:19h
  • Das kann man sich als Mitteleuropäer/-Europäerin gar nicht vorstellen.
    Ich dachte nie, dass Japan sich wertmäßig fast noch im Mittelalter befindet - als grosse Wirtschaftsnation!
    Vor über 100 Jahren befanden wir uns in dieser Situation. Japan hätte jetzt den Sprung machen können und gleichzeitig für Männer Röcke zu erlauben. Mensch, was heißt erlauben?
    Es ist ein Geschenk hier zu leben.
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#2 KarlAnonym
  • 27.02.2023, 10:44h
  • Antwort auf #1 von Hugogerald
  • Japan ist der Kunstgriff gelungen, trotz Öffnung zum Westen hin und wirtschaftlicher Modernisierung die eigenen Traditionen und Werte weitesgehend zu erhalten. Durch seinen Status als technologisch hochentwickelte Wirtschaftsmacht und dem Stigma einer besonderen Verspieltheit in speziellen Bereichen (Hentai, Pornograph und Sexindustrie) wird gerne übersehen, dass es im Grund nach wie vor ein stock konservatives und in gewisser Weise >verklemmtes< Land ist.
    Das ist aber nicht unbedingt ein Ausdrucke von Rückständigkeit. Nicht jeder Entwicklung folgt den linearen Vorstellungen der Europäer
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#3 aux_Anonym
  • 27.02.2023, 15:30h
  • Antwort auf #2 von Karl
  • "Die" (wenn man denn überhaupt so sagen kann) japanische Sexualmoral ist gewiß anders, als die in Europa zu findenden, konnte sich aber nur kurz durchringen zwar nicht Homosexualität, allerdings aber Analverkehr, staatlicherseits zu verfolgen.

    Zweitens: die Schuluniformen, von denen jetzt stärker Abstand genommen werden soll, sind, wie im Foto gut zu erkennen, was? Westlicher Habit. Vereinfacht gesagt wurde dieser im Nachgang der Meiji-Restauration, d.h. im letzten Drittel des 19. Jh., in demselben Akt der Autokolonisation wie Punkt Eins eingeführt, als Japan seine selbstdiagnostizierte Rückständigkeit ggü. industrialisierten Staaten systematisch zu bearbeiten begann.

    Eine Lockerung dieses Regelungsfeldes wäre daher als eine Art Re-Japonisierung der Gepflogenheiten geschlechtlicher Präsentation zu untersuchen - und zwar bemerkenswerterweise in kontraklassischer Weise, wenn Mädchen und Frauen jetzt Hosen erlaubt werden, wo, im Gegenteil, die klassische japanische Männerkleidung stärker gewandbetont, also - in westlicher Wahrnehmung - weiblicher konnotiert ist.

    Vielleicht läßt sich die fetischisierende Comicliteratur rund um Schuluniformen als Indiz werten, daß hier ein prägendes Motiv des jugendlichen Alltagslebens einengend empfunden und nun möglicherweise abgeworfen wird. Ein interessanter Akt der Dekolonisation, den die Literatur vorwegnähme.

    Ganz ähnlich könnte man ja schwule Uniform-, Skin-, Scallyfetische u.ä. als (empowernde) Integration bedrohlicher (also sicher auch einengender, unfrei machender) Phänomene in das eigene Triebleben deuten, ohne daß es bisher gelungen wäre, diese Bedrohungen nachhaltig zurückzudrängen. (Und das Überziehen mit schwarzem Leder als eher quer dazu stehendes Amalgam aus Nacktheit und Unverwundbarkeit.)

    Wenn es sich so verhält, Japan sich traditionellerer, nichtwestlicher Geschlechterrollen entsinnt, Homosexualität vielleicht weiter verpönt, aber nicht verfolgt, ließe sich auch einmal darüber nachdenken, wo Queers heute einen vergleichsweise sicheren Hafen finden könnten, wenn die westlichen Staaten - so, wie sich das derzeit andeutet, diesmal kollektiv - dekompensieren, durchdrehen und abermals eine Jagd auf willkürliche Sündenböcke für ihre zerfallende sozio-ökonomische Struktur veranstalten.
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#4 KarlAnonym
  • 28.02.2023, 11:31h
  • Antwort auf #3 von aux_
  • klar wurde wärend der Meiji-Restauration vieles aus dem Westen adaptiert um vermeintliche Quellen der eigenen Schwäche zu beseitigen. So auch in der Sexualmoral. Dies geschah im Übrigen auch in anderen Ländern.

    Unabhängig davon, woher die äußerliche Erscheinung der Uniformen stammt folgt sie in ihrer Beständigkeit doch einer wesentlichen Grundlage der japanischen Kultur: Militarismus (und die sich daraus ableitenden Vorstellungen von Uniformität, Hierarchie, Disziplin u.s.). Das leitet sich aus der Jahrhunderte andauernden Militärdiktatur des Shogunats sowie den vorrangegangen Feudalstrukturen ab und wurde von der Meiji-Restauration übernommen.

    Deinen Ausführungen zur Fetischisierung kann ich irgendwie nicht zustimmen. Ich denke nicht, dass es ein unterbewusster Versuch des Abwerfens ist als vielmehr ein Assoziation mit Jugend. In Japan wird oft jugendhaftes Verhalten von Frauen bevorzugt. Untersuchungen haben ergeben, dass Frauen dort beispielsweise in wesentlich höheren Tönen sprechen. Das folgt dem dort begehrten Schema des jungen, süßen, schwachen und teils unterwürfigen Mädchens / Frau. Gleiches würde ich bei der Uniform sehen. Eine Art Parthenophilie

    Und im schwulen Kontext kann ich deine Vermutung auch nicht nachvollziehen. Uniformen werden generell von vielen als anziehend empfunden (auch außerhalb des Fetischs und unabhängig der sexuellen Orientierung). Den Bedrohungsaspekt sehe ich nicht. Ich würde eher denken, dass dort eine besondere Assoziation mit Maskulinität stattfindet. Diese steht ja im Zentrum der schwulen Erotik und wird dadurch noch gesteigert. Uniformen repräsentieren Autorität / Macht, Harness und Jockstrap betonen Stärke und Animalisches, Scally Outfits das Prollige. Inwiefern sollte dort eine nicht überwundene Bedrohung zum Ausdruck kommen? Es ist doch eher so, dass das Begehren gegenüber diesem typisch männlichen Attributen schlicht und einfach ausgelebt wird. Männer begehren Männer ja nicht weil sie sich von ihnen bedroht fühlen
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