4 Kommentare
- 27.02.2023, 10:44h
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Japan ist der Kunstgriff gelungen, trotz Öffnung zum Westen hin und wirtschaftlicher Modernisierung die eigenen Traditionen und Werte weitesgehend zu erhalten. Durch seinen Status als technologisch hochentwickelte Wirtschaftsmacht und dem Stigma einer besonderen Verspieltheit in speziellen Bereichen (Hentai, Pornograph und Sexindustrie) wird gerne übersehen, dass es im Grund nach wie vor ein stock konservatives und in gewisser Weise >verklemmtes< Land ist.
Das ist aber nicht unbedingt ein Ausdrucke von Rückständigkeit. Nicht jeder Entwicklung folgt den linearen Vorstellungen der Europäer - |
- 27.02.2023, 15:30h
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"Die" (wenn man denn überhaupt so sagen kann) japanische Sexualmoral ist gewiß anders, als die in Europa zu findenden, konnte sich aber nur kurz durchringen zwar nicht Homosexualität, allerdings aber Analverkehr, staatlicherseits zu verfolgen.
Zweitens: die Schuluniformen, von denen jetzt stärker Abstand genommen werden soll, sind, wie im Foto gut zu erkennen, was? Westlicher Habit. Vereinfacht gesagt wurde dieser im Nachgang der Meiji-Restauration, d.h. im letzten Drittel des 19. Jh., in demselben Akt der Autokolonisation wie Punkt Eins eingeführt, als Japan seine selbstdiagnostizierte Rückständigkeit ggü. industrialisierten Staaten systematisch zu bearbeiten begann.
Eine Lockerung dieses Regelungsfeldes wäre daher als eine Art Re-Japonisierung der Gepflogenheiten geschlechtlicher Präsentation zu untersuchen - und zwar bemerkenswerterweise in kontraklassischer Weise, wenn Mädchen und Frauen jetzt Hosen erlaubt werden, wo, im Gegenteil, die klassische japanische Männerkleidung stärker gewandbetont, also - in westlicher Wahrnehmung - weiblicher konnotiert ist.
Vielleicht läßt sich die fetischisierende Comicliteratur rund um Schuluniformen als Indiz werten, daß hier ein prägendes Motiv des jugendlichen Alltagslebens einengend empfunden und nun möglicherweise abgeworfen wird. Ein interessanter Akt der Dekolonisation, den die Literatur vorwegnähme.
Ganz ähnlich könnte man ja schwule Uniform-, Skin-, Scallyfetische u.ä. als (empowernde) Integration bedrohlicher (also sicher auch einengender, unfrei machender) Phänomene in das eigene Triebleben deuten, ohne daß es bisher gelungen wäre, diese Bedrohungen nachhaltig zurückzudrängen. (Und das Überziehen mit schwarzem Leder als eher quer dazu stehendes Amalgam aus Nacktheit und Unverwundbarkeit.)
Wenn es sich so verhält, Japan sich traditionellerer, nichtwestlicher Geschlechterrollen entsinnt, Homosexualität vielleicht weiter verpönt, aber nicht verfolgt, ließe sich auch einmal darüber nachdenken, wo Queers heute einen vergleichsweise sicheren Hafen finden könnten, wenn die westlichen Staaten - so, wie sich das derzeit andeutet, diesmal kollektiv - dekompensieren, durchdrehen und abermals eine Jagd auf willkürliche Sündenböcke für ihre zerfallende sozio-ökonomische Struktur veranstalten. - |
- 28.02.2023, 11:31h
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klar wurde wärend der Meiji-Restauration vieles aus dem Westen adaptiert um vermeintliche Quellen der eigenen Schwäche zu beseitigen. So auch in der Sexualmoral. Dies geschah im Übrigen auch in anderen Ländern.
Unabhängig davon, woher die äußerliche Erscheinung der Uniformen stammt folgt sie in ihrer Beständigkeit doch einer wesentlichen Grundlage der japanischen Kultur: Militarismus (und die sich daraus ableitenden Vorstellungen von Uniformität, Hierarchie, Disziplin u.s.). Das leitet sich aus der Jahrhunderte andauernden Militärdiktatur des Shogunats sowie den vorrangegangen Feudalstrukturen ab und wurde von der Meiji-Restauration übernommen.
Deinen Ausführungen zur Fetischisierung kann ich irgendwie nicht zustimmen. Ich denke nicht, dass es ein unterbewusster Versuch des Abwerfens ist als vielmehr ein Assoziation mit Jugend. In Japan wird oft jugendhaftes Verhalten von Frauen bevorzugt. Untersuchungen haben ergeben, dass Frauen dort beispielsweise in wesentlich höheren Tönen sprechen. Das folgt dem dort begehrten Schema des jungen, süßen, schwachen und teils unterwürfigen Mädchens / Frau. Gleiches würde ich bei der Uniform sehen. Eine Art Parthenophilie
Und im schwulen Kontext kann ich deine Vermutung auch nicht nachvollziehen. Uniformen werden generell von vielen als anziehend empfunden (auch außerhalb des Fetischs und unabhängig der sexuellen Orientierung). Den Bedrohungsaspekt sehe ich nicht. Ich würde eher denken, dass dort eine besondere Assoziation mit Maskulinität stattfindet. Diese steht ja im Zentrum der schwulen Erotik und wird dadurch noch gesteigert. Uniformen repräsentieren Autorität / Macht, Harness und Jockstrap betonen Stärke und Animalisches, Scally Outfits das Prollige. Inwiefern sollte dort eine nicht überwundene Bedrohung zum Ausdruck kommen? Es ist doch eher so, dass das Begehren gegenüber diesem typisch männlichen Attributen schlicht und einfach ausgelebt wird. Männer begehren Männer ja nicht weil sie sich von ihnen bedroht fühlen - |
Ich dachte nie, dass Japan sich wertmäßig fast noch im Mittelalter befindet - als grosse Wirtschaftsnation!
Vor über 100 Jahren befanden wir uns in dieser Situation. Japan hätte jetzt den Sprung machen können und gleichzeitig für Männer Röcke zu erlauben. Mensch, was heißt erlauben?
Es ist ein Geschenk hier zu leben.