Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat mit einer Äußerung zu Hormonblockern den Unmut des Queerbeauftragten Sven Lehmann (Grüne) geweckt. Anlass ist eine Äußerung des bayerischen Politikers am Politischen Aschermittwoch in Passau: "Es wird über Hormon im Fleisch debattiert – könnten zu viele Hormone sein – ernsthafte Sorge", so Söder bei der traditionellen Veranstaltung. "Aber gleichzeitig will eine grüne Ministerin Kindern Hormone verabreichen, um ihr Geschlecht nicht zu entwickeln. Liebe Freundinnen und Freunde, wie absurd ist es eigentlich in unserem Land mittlerweile geworden? Ist doch nicht mehr normal."
Lehmann reagierte darauf am Donnerstag mit Worten: "Markus Söder lügt hier. Keine Ministerin will Kindern 'Hormone verabreichen'. Und: Er verhöhnt trans Menschen, die eh schon zu den diskriminiertesten Gruppen gehören. Was für eine moralische Verkommenheit!"
Söder will mit seiner Kritik offensichtlich Stimmung gegen Selbstbestimmungsgesetz machen, das letztes Jahr von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) vorgestellt worden war. Damit sollen Personenstandsänderungen für trans Menschen einfacher möglich sein. Auf der Homepage des Justizministeriums wird direkt darauf hingewiesen, dass Hormontherapien nicht Teil des Gesetzes sind: "Über geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen entscheiden weiterhin die Betroffenen zusammen mit ihren Ärzt*innen anhand bestehender fachärztlicher Leitlinien zusammen", heißt es dort.
Unionspolitiker*innen skandalisieren zudem seit einigen Monaten an der Seite der AfD das Regenbogenportal der Bundesregierung, weil dort Pubertätsblocker erwähnt werden – und die Ampel damit Kinder gefährde (queer.de berichtete). Allerdings wird verschwiegen, dass dieses Portal und der dazugehörige Text von der Merkel-Regierung erstellt worden waren.
"Bayern ist anders als Berlin"
Ansonsten setzt sich Söder schon seit Jahren insbesondere als Kämpfer gegen das Gendern in Szene – dabei gebraucht er oft Worte wie "Wokeness" oder "Cancel Culture", die auch gerne als Kampfworte gegen LGBTI-Rechte verwendet werden. Auch hier bewegt er sich manchmal am Rande der Wahrheit. Am Aschermittwoch behauptete er etwa, dass Schützenkönige bald in "treffsicherste Person" umbenannt werden sollten. Auf Instagram erklärte er am Sonntag: "Bayern ist anders als Berlin, wir lehnen Wokeness, Cancel Culture und Genderpflicht ab. Bei uns darf man essen was man will, sagen und singen was einem gefällt."
Freilich gibt es in Bayern zwar keine Genderpflicht, die allerdings auch in Berlin nicht existiert – dafür gibt es im Freistaat Genderverbote: Bereits 2021 untersagte etwa der Bayerische Rundfunk seinen Redakteurinnen und Redakteuren, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden (queer.de berichtete).
Bayern ist das einzige der 16 Bundesländer, das bislang keinen Aktionsplan gegen Queerfeindlichkeit beschlossen hat. Anlässlich der Landtagswahl im Herbst wollen die bayerischen CSDs den Kampf für einen derartigen Aktionsplan ins Zentrum ihrer Forderungen stellen (queer.de berichtete).
Söders CSU regiert derzeit mit den liberal-konservativen Freien Wählern, die sich oft noch queerfeindlicher geben als Söders Partei. So sorgte Freie-Wähler-Chef und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger im Dezember mit einem gegen Regenbogenfamilien gerichteten Tweet ("Die Normalen müssen zusammenstehen") für Aufregung (queer.de berichtete). (dk)
Duden: "Der Duden definiert "woke" als "in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen insbesondere rassistische, sexistische, soziale Diskriminierung."
Ich: Ja, Markus, das ist auch genau mein Eindruck der bayerischen Kultur und Eingeborenen gewesen, als ich dort urlaubte.