Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wollen beim politischen Engagement Deutschlands im Ausland die Rechte von Frauen und anderer unterdrückter Gruppen, darunter auch queere Menschen, konsequent stärken.
Dazu stellten die Ministerinnen am Mittwoch einen 80-Seiten-Katalog voller Leitlinien vor (PDF). Darin heißt es etwa: "An unserem Einsatz für LSBTIQ* haben unsere Botschaften in besonderem Maße Anteil: Indem sie sich mit Erklärungen und der Teilnahme an Pride-Veranstaltungen solidarisieren, Menschenrechtsprojekte fördern, die Rechte von LSBTIQ*-Personen gegenüber der Gastregierung anmahnen oder LSBTIQ*-Verteidiger*innen durch Visa, humanitäre Aufnahmen und Schutzaufenthalte unterstützen." Dafür würden den Auslandsvertretungen laut dem Papier "zusätzlich bis zu 1 Mio. EUR zur Verfügung" gestellt – und zwar konkret "für queere Kulturveranstaltungen, NRO-Projekte und lokale Initiativen" (NRO steht für Nichtregierungsorganisationen).
Der Schwerpunkt der feministischen Außenpolitik liege auf der Förderung von Frauen. "Frauenrechte sind ein Gradmesser für den Zustand von Gesellschaften", so das Außenministerium, das aber auch erklärte: "Feministische Außenpolitik richtet sich jedoch keineswegs nur an Frauen. Vielmehr achtet eine feministische Außenpolitik stärker auf Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Geschlechtsidentität, Behinderung, sexueller Identität oder anderen Gründen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden."
"Gesellschaften gerechter machen"
"Wir wollen Gesellschaften gerechter machen. Und da kann man nicht auf die Hälfte des Potenzials, nämlich auf die Frauen, verzichten, sondern sie müssen mitgedacht werden", sagte Schulze in Berlin bei einer gemeinsamen Vorstellung von Konzepten für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik.
Wenn Frauen selber entscheiden könnten, wann sie mit wem Kinder bekommen, bedeute dies, dass junge Mädchen die Schule abschließen könnten, sagte Schulze. Sie erhielten die Chance auf einen Arbeitsplatz, um für sich selbst zu sorgen. "Rechte bedeutet aber auch, Recht auf Land zu haben. Also die meisten, die Felder bewirtschaften, sind Frauen. Wenn ihnen das Land nicht gehört, bekommen sie keine Kredite", sagte sie.
Baerbock bezeichnete feministische Außenpolitik als eine Selbstverständlichkeit. Diese sei "aber offensichtlich noch nicht überall auf der Welt – auch nicht bei uns – Realität". Sie ziehe sich durch alle Bereiche des außenpolitischen Handelns von der humanitären Hilfe über Stabilisierungsmaßnahmen, Friedensmissionen und auch in der Auswärtigen Kultur und Bildungspolitik. "Klar ist dabei auch, Feminismus ist kein Zauberstab", sagte Baerbock. "Wir sind nicht naiv. Wir werden mit einer feministischen Außenpolitik nicht alle Probleme dieser Welt lösen können."
Kritik an der Initiative kam aus der Opposition und von der Regierungspartei FDP. Der liberale Vizeparteichef und Bundestagsvizepräsident FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte etwa bereits vor der Vorstellung durch die Ministerinnen: "Ich halte wenig vom Konzept der feministischen Außenpolitik, weil es weniger darauf abzielt, diplomatische Verbesserungen zu erwirken als auf die emotionale Befriedigung innenpolitischer Akteure." Die queerfeindliche CDU-Politikerin Julia Klöckner störte sich am Begriff: Es sei nicht feministisch, "Minderheiten stärker mitzudenken". (dpa/dk)