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Beamtin vs. Land Berlin

Trans Frau scheitert mit Klage auf Kostenerstattung von Gesichtshaarentfernung

Was für Krankenkassen und ihre Versicherten gilt, gilt auch für Beamt*innen und ihre Dienstherren: Keine Übernahme der Kosten einer Nadelepilation bei Kosmetiker*innen.


Fraglich, ob die Anti-Diskriminierungs-Augenbinde funktioniert: Die Justitia vor der offiziellen Berlin-Flagge (Bild: IMAGO / Steinach)

Für die meisten transgeschlechtlichen Frauen bedeutet der Beginn der Transition auch den Beginn einer lästigen, ständigen Auseinandersetzung: Jeden Tag wächst die Gesichtsbehaarung nach und muss aufwendig rasiert werden. Zurück bleiben nicht nur Hautirritationen und Rasierpickel, sondern auch das, was vom verbleibenden Haar durch die Haut hindurch schimmert. Ähnliches gilt oft für transweibliche nichtbinäre Personen.

Wie schon viele Frauen vor ihr versuchte eine Berliner Beamtin, die Kosten für die permanente Entfernung der Haare übernehmen zu lassen. Der Unterschied: Sie beantragte die Kostenübernahme nicht bei einer Krankenkasse, sondern als Beihilfe beim Land Berlin. So weit, so gewöhnlich in Beamt*innenverhältnissen.

Keine Kostenübernahme bei Kosmetiker*innen

Keinen Unterschied aber machte das Land Berlin gegenüber der Umgangsweise von Krankenkassen mit ähnlichen Fällen. Denn es lehnte die Übernahme der bereits privat vorgestreckten, ersten Rechnungen ab. Die Begründung: Die Nadelepilation wurde bei einer Kosmetikmeisterin, nicht aber bei Ärzt*innen oder Heilpraktiker*innen durchgeführt. Das aber sehen die entsprechenden Regelungen vor – sowohl bei den Krankenkassen, als auch bei öffentlichen Träger*innen. Da nutzte es auch nichts, dass die Maßnahme von einem Arzt angeordnet worden war.

Nur: Es gibt kaum Ärzt*innen oder Heilpraktiker*innen, die das Verfahren selber durchführen. Die Beamtin jedenfalls gibt an, auch in Berlin und auch mit Unterstützung von Ärztekammer und Verbänden nicht fündig geworden zu sein. Also ging sie zur Kosmetikerin – bei der das extrem zeitaufwendige Verfahren im Übrigen wegen des geringeren Stundensatzes deutlich günstiger ist. Gegen die Weigerung, Beihilfe zu den Kosten zu leisten, klagte die Frau dann. Immerhin ging es um 72 Euro pro Behandlungseinheit – von denen ganze 120 Stück geplant waren.

Das Berliner Verwaltungsgericht aber urteilte am 17. Januar zugunsten des Landes Berlin. Das Urteil wurde jetzt erst bekannt. Die Beamtin legte bereits Berufung gegen ein. Und die wurde auch schon wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.

Als nächstes muss sich also das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit der Frage beschäftigen. Und könnte nach Jahrzehnten vergleichbarer Rechtsstreitigkeiten vielleicht mal ein Urteil fällen, das weniger Rücksicht auf kaum einhaltbare Richtlinien nimmt, sondern auf die tatsächlichen medizinischen Bedürfnisse.

Verfahren oft alternativlos

Viele transgeschlechtliche Frauen reduzieren die Gesichtsbehaarung mithilfe von Verfahren, bei denen spezielle Licht- oder Laserimpulse eingesetzt werden. Vorausgesetzt, sie können auch diese nicht unerheblichen Kosten eigenständig schultern. Auch mit den vor Kurzem angehobenen Hartz-IV-Sätzen jedenfalls ist das schwierig bis unmöglich. Ein Teufelskreislauf, wenn man bedenkt, dass transgeschlechtliche Coming-outs nicht selten Diskriminierung, Mobbing und Jobverlust zur Folge haben.

Das Problem: Diese Verfahren wirken umso schlechter oder auch gar nicht, je dunkler die Haut und je heller das Haar der Patientinnen ist. Und eine restlose Entfernung der Haare gilt darüber hinaus auch als unmöglich. Krankenkassen weigern sich überdies, die Kosten für diese Verfahren zu tragen, weil es keine wissenschaftlichen Nachweise ihrer Wirksamkeit gibt.

Bei der Nadelepilation hingegen wird eine winzige Metallsonde entlang des Haares in die Haut eingeführt. Dort wird dann die Haarwurzel durch Strom oder durch eine ausgelöste chemische Reaktion verödet. Weil Haare jedoch in Zyklen wachsen, muss die Methode auch an der selben Hautstelle über einen längeren Zeitraum wiederholt angewendet werden. Nur so werden alle in der Haut befindlichen Haarwurzeln auch zerstört.

Die grundsätzliche Bedeutung der Kostenübernahme von Haarentfernungsverfahren sah auch ein Gericht im niedersächsischen Celle im Jahr 2020 (queer.de berichtete). Das Bundessozialgericht entschied jedoch Ende desselben Jahres, dass der sogenannte Arztvorbehalt aufrechterhalten blieb (queer.de berichtete). Im Jahr 2021 bestätigte das Stuttgarter Sozialgericht diese Sichtweise gegenüber einer intergeschlechtlichen Person – und zwar selbst dann, wenn es eine "faktische Versorgungslücke" gibt (queer.de berichtete). (jk)

#1 MaybemeProfil
  • 03.03.2023, 16:12hBochum
  • Das mit der Versorgungslücke finde ich immer noch am genialsten.

    Hier im Ruhrgebiet kenne ich bislang keinen einzige Arzt, der Nadelepilation durchführt und wir reden vom Ruhrgebiet. (Mag sein, dass es welche gibt, die bislang weder ich noch Freunde gefunden haben, aber eigentlich nur Laser)-

    Aber ja, vergessen, wir sind halt nur Bürger 2ter Klasse.
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#2 PolitikverdrossenAnonym
  • 03.03.2023, 16:23h
  • Antwort auf #1 von Maybeme
  • In ganz Deutschland gibt es 2 Ärzte wo es anbieten beide privatärztlich.
    Beide hoffnungslos überlaufen - man ist chancenlos.

    Heilpraktiker werden übrigens oft von den Kassen abgelehnt mit Hinweis auf den Arztvorbehalt.
    Hier ist die Rechtssprechung ebenfalls uneinheitlich.

    Früher gab es wenigstens die Delegationsmöglichkeit also ein Arzt gab den Auftrag der Ausführung weiter an einen Kosmetiker und überwachte den Vorgang.
    Auch dies ist weggefallen dabei ist dies bei medizinischer Indikation selbst in Krankenhäusern die Norm.
    Nur eben nicht bei uns...

    Man kann es sich nur selbst finanzieren als trans und blond.
    3 Klassenmedizin...
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#3 Elena
  • 03.03.2023, 17:40h
  • Diese Welt könnte schön sein, Politik sinnvoll und Gesetze gerecht. Ich weiß ich bin ganz schön naiv.
    Lieber bezahlt die Beihilfe, die wesentlich höheren Kosten, wenn aufgrund schlechtem Passing - etwas Schlimmes passiert ist oder sich etwaige psychische Folgen deshalb negativ auswirken.
    Ich könnte heulen.
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#4 Two SpiritsAnonym
  • 03.03.2023, 19:08h
  • Ich bin ebenfalls gezwungen diese Schmerzhafte Behandlung über mich zu ergehen zu lassen. In Berlin ist mir nur ein Arzt bekannt, der das macht. Da benehmen die sich fast wie Götter. Das, das nur einem Urteil von eines unwichtigen Amtsrichter Niedersachsen zu verdanken der ein der artiges Urteil verzapft hat. Nur Niedergelassene Ärzte dürfen das. Ein Fest für die GKV und für die Ärztlichen Unternehmer. Die haben natürlich auch eine Kosmetische Abteilung, mit Primitiven Lasergeräten und Nadelpilatoren. Narbenbildungen und Blutergüsse sind vorprogrammiert. Wenn Frau davor eine schöne Haut im Gesicht hatte, kann sie sich davon verabschieden. Kein Makeup kann das Verdecken. Leider! Es gibt wenige nur die das gekonnt machen können, eine Tatsache.
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#5 VestigeAnonym
  • 04.03.2023, 03:43h
  • Was hier zum Vorschein kommt, sind die Unterschiede zwischen trans Frauen und trans Frauen, auf die es ankommt: Privilegiertheit und Geld.

    Ich darf den Artikel korrigieren: bereits 2020 war es unmöglich, sich mit Hartz IV gesund zu ernähren:

    www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/arm-abgehaengt-ausge
    grenzt-studie-des-paritaetischen-belegt-akute-mangellagen-ei
    nes-lebens-mit-hart/


    Selbst ein Einkauf von 15 im Drogerie-Discounter muß vom Essen abgezwackt werden. Bekleidung, Schuhe, Sehhilfen: nichts. Es ist allein schon unmöglich, das 'aus dem laufenden Bezug' zu bestreiten. Transitionsmaßnahmen sind total unmöglich zu finanzieren.

    Dann gibt es sowas wie Arbeitsmarktdiskriminierung, die arm macht und arm hält, aber ebenso gestaffelt durch die Privilegien-Hierarchie, doppelt: cis Frauen gegenüber trans Frauen, trans Frauen untereinander. Ich bleibe bei diesem Unterschied, weiß aber sehr wohl, daß es noch mehr gibt: deutsche Staatsbürgerschaft oder nicht, zum Beispiel.

    Wichtig ist noch, wie die Passagen zur trans Gesundheitsversorgung aus dem von SPD, CDU und AfD niedergestimmten Selbstbestimmungsgesetz verschwanden und welche Rolle die trans Verbände dabei spielten. Was jetzt 'diskutiert' wird, ist ein entkerntes Pseudo- Selbstbestimmungsgesetz.

    Und wer verschärft diesen Sozialdarwinismus und treibt ihn auf die Spitze? Die 'community'. Meine Gesamterfahrung dort war, daß und wie mein Körper gegen mich zur Waffe gemacht wird, im gesamten Sektor lesbisch, Queer, neuerdings FLINTA, und zwar je mehr es um Körper und Körperlichkeiten geht: den QQueerfeminismus predigen, den Sozialdarwinismus praktizieren. Das ist (!) der Feminismus, mit und ohne Queer, und Queer ist das auch: Foucaults Biopolitik, leben machen und sterben lassen.

    Während nämlich die einen von Psycho- Schindern im Gesundheitssystem in den Suizid getrieben werden, produzieren sich die anderen im Club, verballern an einem Wochenende ein Hartzie- Monatsbudget auf sex positivity und kink-Parties. Das ist (!) die Solidarität mit, und unter, trans Frauen.
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#6 Pic_Anonym
  • 04.03.2023, 20:19h
  • Antwort auf #5 von Vestige
  • Hast du einen Vorschlag? Auf mich wirkt deine Anklage gerade sehr krass. Und nachdem ich erst selbst auf einer lowbudget Party war habe ich mit einer gewissen Angegriffenheit folgende Nachfrage:

    Auf eine Party zu gehen kann, Fahrtkosten ÖPNV mit einbezogen, bei 20 anfangen (6 Fahrt, ~8 Eintritt/Location, 6 für ein bis drei Getränke - mit offensichtlich viel Luft nach oben, aber wir reden ja von low budget). Ähnliches gilt für Kleidung.
    Angenommen also, man ist in der Lage, dieses Geld auszugeben (oder auch das dreifache mehr, ich will das Argument nicht ersticken), um sich zu "produzieren":

    Was kann man dann dagegen tun, das andere in einer ähnlichen Situation - aber ohne dieses Geld - sich nicht umbringen ("umgebracht werden" einmal außen vor)? Die Party und die eigene Selbstproduktion aus Solidarität unterlassen? Teilen mit Menschen, die man nicht kennt und nicht begegnet (wie?)? Und wenn man in direkten Kontakt bereits schlechte Erfahrungen hatte: sich wissentlich ausnutzen lassen um de* anderen willen?

    Um es anders auszudrücken: in anderen Kontexten (z. B. Obdachlosigkeit, Armut ohne zusätzliche Diskriminierung) spricht man von strukturellen Problemen, die zu lösen sind. Von sozialen Hilfsangeboten, von professioneller Hilfe, Sicherheitsnetzen....
    Dem Individuum die Verantwortung für andere in diesem Maß aufs Auge zu drücken wird da meist als schwierig eingeordnet.

    Was macht die Community hier besonders, die als Gruppe derselben Gesamtproblematik ausgesetzt ist, dass hier eine andere Bewertung vorzunehmen ist? Was braucht es über (bereits vorhandene, aber sicher auszubauende) Spenden und "pay what you can" - Konzepte hinaus noch?

    Und noch etwas: die queere Geschichte zeugt davon, dass es auch ohne Geld Mittel und Wege der Selbstproduktion gibt, die sich u.a. nicht an cis-normativen Idealen ausrichten. Wieso sollen diese Ideale für uns jetzt auf einmal das Maß der Dinge sein?
    Das kann mMn - gerade in dieser durchkapitalisierten Welt - doch nur schief gehen.

    Ich bin neugierig auf deine Perspektive und hoffe auf eine wohlwollende Antwort.
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#7 VestigeAnonym
  • 04.03.2023, 23:25h
  • Das ist keine Anklage, sondern eine Summe von Beobachtungen resultierend aus meinen eigenen Erfahrungen aus knapp anderthalb Jahren, bevor ich mich in die Isolation zurückzog. In diesen knapp anderthalb Jahren habe ich, frisch aus der Wohnungslosigkeit kommend, die 'community' durch passive Anwesenheit an vorsichtig ausgewählten Orten kennen gelernt, es war die schlimmste Zeit meines ganzen Lebens, Wohnungslosigkeit inbegriffen.

    Wer die nötige Privilegiertheit nicht mitbringt, wird entweder abgehängt wie ich jetzt oder macht Erfahrungen wie ich in dieser Zeit. Ich kann als lesbische trans Frau weder wirklich als Frau noch lesbisch leben, weil beides mir die Wahl zwischen dem Machtbereich der 'community' und der Isolation läßt.

    Welche Vorschläge sollte ich da haben? Es ist wie es ist. Der Artikel, um den es hier geht, zeigt das ja: wer reich oder anderweitig privilegiert genug ist als trans Frau, kommt an die entsprechenden somatischen Maßnahmen, wer es nicht ist, eben nicht, und das hat meiner Erfahrung nach in der 'community' noch drastischere Auswirkungen als in der Mehrheitsgesellschaft. In der 'community' ist man 'voll gegen' die am Körper festgemachte Wert-Hierarchie von Personen gemessen an Jugend und Normschönheit, und nirgends habe ich sie drastischer erlebt als in der 'community'. Es empfiehlt sich schon gar nicht, auch noch die 32 - Höchstalter der Kandidatinnen bei 'Princess Charming' - überschritten zu haben, geschweige denn deutlich. Jugend, Normschönheit, Reichtum, haben oder nicht haben. Und je mehr es um Körper, Körperlichkeiten oder gar Begehren geht, desto drastischer und brutaler wird der Sozialdarwinismus.

    Wie soll ich da Vorschläge haben?

    Heute bin ich durch reine Neugierde auf die Seite einer Körper- und Sexualberatung im 'community'- Kontext gestoßen - Hahaha, die Stunde 75 Euro! Das dient mir als Beispiel: wer so viel Geld übrig hat, ist doch hinsichtlich des Gegenstands der Beratung schon deutlich besser aufgestellt, welche Probleme löst Geld denn nicht??? Für die Armen gibt es nur pathologisierende und stigmatisierende Psychotherapie von der Diagnosenschleuder, den erniedrigenden Bestrafungsprozeß für Normalitätsversagen, obendrein wahrscheinlich seitens einer Person, die sich nebenbei an Gutachten, Zwangstherapien und Gatekeeping bereichert. Was beschwere ich mich denn, es ist doch alles zum Besten geregelt!

    Was übrigens nicht den Kontext des Artikels verläßt. Die Zugänge zu somatischen Maßnahmen im Medizinsystem sind nämlich von Gatekeepern und Psycho-Schindern besetzt: Antrag, Zwangstherapie, Ablehnung. Bis zum Suizid.

    Und wenn man jetzt erlebt hat, wie ich, wegen nicht erreichbarer somatischer Maßnahmen seitens der 'community' bis an die Grenze des Todes getrieben zu werden - nun, dann kennt man sie.
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#8 pic_Anonym
  • 05.03.2023, 14:45h
  • Antwort auf #7 von Vestige
  • Ich bin mir nicht sicher, ob du das Konzept von "Community" nicht etwas überfrachtest. Wenn jemand "aus" der Community ein professionelles Angebot macht, dann kostet das natürlich Geld. Wir alle müssen von unserer Arbeitszeit leben, 75/h ist dabei ein Stundensatz, der realistischerweise nach Abgaben udgl. kein wirklich hohes Einkommen verspricht.
    Das ist aber nicht das, was ich mir von "Community" verspreche.

    Community bedeutet für mich, dass man sich in einen gemeinsamen Kontext begibt und dort _aktiv_ (also nicht durch "passive Anwesenheit") Kontakt und Freundschaft sucht. Dabei kann man letztendlich feststellen, dass alle (!) dieselben Probleme haben und es einfacher ist, diese gemeinsam anzugehen.
    Community bedeutet sich gegenseitg in der Lösungssuche zu begleiten - und dabei vielleicht sogar eine gute Zeit zu haben. Professionelle (therapeutische) Hilfe dagegen ist nach meiner Erfahrung vor allem Begleitung bei der Selbsthilfe.
    Kurzum: Niemand nimmt einem die Probleme ab.

    Manche können Geld auf einige dieser Probleme werfen - aber die wenigsten haben mal eben mehrere Tausend Euro locker. Und nur weil man solches Geld hat, bedeutet das noch lange nicht, dass alles in Ordnung ist.
    Wenn du nun an Menschen geraten bist, die die Menschen in ihrer Nähe dazu nutzen, sich von ihnen "abzustoßen" und dabei dieselben "othering"-Methoden anwenden, wie die Gesamtgesellschaft uns gegenüber, dann tut mir das unendlich Leid.
    Für mich bedeutet das aber vor allem, dass das viele Geld diesen Menschen offensichtlich nicht zur Lösung ihrer Probleme gereicht hat.

    Aber für dich muss das dann doch nicht "Isolation" bedeuten. Vielmehr solltest du meiner Meinung nach umso mehr nach Menschen suchen, die dich nicht wie Dreck behandeln. Und ich kann dir versichern: Die gibt es.

    Demgegenüber habe ich den Eindruck, dass einige deiner Schwierigkeiten nicht mit "peer2peer"-Unterstützung allein getan sind. Insbesondere die finanziellen.
    Zu den körperlichen Themen möchte ich dir das folgende Video von Abigail/PhilosophyTube ans Herz legen, und ganz besonders die von mir markierte Stelle. Ich finde, dass sie darin recht gut zeigt, dass körperliche Veränderungen letztlich Symptombekämpfung sind:

    youtu.be/v1eWIshUzr8?t=3884

    That being said: Ich sehe ebenfalls nicht so aus, wie ich aussehen möchte. Und ich bezweifle, dass sich das in den nächsten 10 Jahren ändert. Es gibt viele Menschen wie dich "da draußen". Menschen, die jeden Tag am "Produzieren ihres Selbst" sind und - wie viele Cis-Menschen auch - daran scheitern. Jeden Tag. Leg die Vorstellung ab, dass es Menschen gibt, die "es geschafft" haben. Vielleicht bekommst du es sogar hin, dieses Scheitern für dich als "der Weg ist das Ziel" anzunehmen. Es ist nicht einfach, aber möglich.
    Hab den Mut zur Suche und zum Ausprobieren. Such dir Vorbilder - im "echten" Leben, in Film, in Büchern. Und geh weg von der Theorie. Foucault mag viel richtig gesagt haben - in der alltäglichen Praxis halte ich ihn für hinderlich.

    Und finde einen Weg, zu lachen. Gemeinsam mit anderen geht auch das leichter.
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#9 VestigeAnonym
  • 05.03.2023, 17:14h
  • Antwort auf #8 von pic_
  • Jedenfalls bist du sehr freundlich zu mir.

    Ich habe mich damals auf passive Anwesenheit beschränkt, weil die mir entgegengebrachte Verachtung nicht zu übersehen war und ich etliche Jahre zuvor schon über die Transmisogynie in diesen Szenen bescheid wußte. Nun, es ist ihnen gelungen, meine Erwartungen noch zu übertreffen.

    Danke für das Video. Sie hat völlig recht hinsichtlich 'gender dysphoria'...

    Weswegen ich es an der markierten Stelle allen empfehle, die noch mitlesen, ergänzend zum Artikel, um den es hier geht!

    ...auch das hatte ich mir etliche Jahre vor meinem 'coming out' selbst angeeignet und erschlossen.

    Ich bin nämlich, o Wunder, nicht dumm, und als Scheitern sehe ich mein Leben auch nicht an. Du bist da an einer Stelle, bei dem, was du zu mir sagst, auf der richtigen Spur. Diese Leute sind so mit mir umgegangen damals - ich war zB körperlich ziemlich fertig nach über einem Jahr Wohnungslosigkeit und im ersten HRT-Jahr - weil sie das nötig hatten. Schon damals war mir klar, daß diese Leute das, was ich hinter mir hatte, keine 14 Tage ausgehalten hätten. Und dann haben sie einer ex wohnungslosen trans Frau das Leben zerstört - was für Helden ...

    In der Hinsicht hast du mir weiter geholfen, dafür danke ich dir. Vielleicht kannst du ansatzweise meine Wut verstehen. Die mich jahrelang getreulich begleitet hat. Und die jetzt nicht einfach so verschwindet. Aber du hast mir ein paar interessante Gedanken zugeworfen, danke auch dafür.

    Sie sprühen Feuer, diese Gedanken.

    Ich denke, jetzt wird es wieder spannend.
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