"@ich bin transfeindlich und melde mich" – so überschrieb der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer am Freitag einen Eintrag auf Facebook. Der Kommunalpolitiker, dessen Mitgliedschaft bei den Grünen bis Ende des Jahres ruht, erregte sich in dem Eintrag über die staatlich geförderte Meldestelle für Antifeminismus der Amadeu-Antonio-Stiftung. Darin werden auch abwertende Äußerungen über trans Menschen registriert – und das stößt Palmer sauer auf.
"Ich halte daran fest, dass eine Trans Person keine Frau ist, auch wenn sich die Person so fühlt, was ihr gutes Recht ist", erklärte Palmer wörtlich. "Der Schutz von Frauenrechten stellt eine eigene Kategorie, die genauso berechtigt ist wieder Schutz von Trans Personen." Dazu verlinkte er den Scan eines "Zeit"-Interviews zwischen Judith Rahner von der Antonio-Stiftung und Ex-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU).
In Kommentaren machten sich unter Palmers Eintrag viele Facebook-Nutzende über trans Menschen lustig. "Mein Labrador hat mir heute morgen gesagt, dass er eine Person ist und sich als Frau fühlt!", kalauerte einer etwa. Andere kritisierten die Meldestelle teils polemisch – sogar mit einem Nazi-Vergleich: "Diese Meldestelle fällt unter die Kategorie 'Wehret den Anfängen'. Habe nicht geglaubt, dass wir sowas in Deutschland nochmals sehen müssen."
Bei der Meldestelle können Vorfälle wie sexistische Anfeindungen, Hasskommentare oder auch Drohungen gemeldet werden. Sie ähnelt anderen Meldestellen etwa für antisemitische oder rassistische Vorfälle. Die Antonio-Stiftung weist dabei darauf hin, dass die Einrichtung kein Pranger sei und keine personenbezogenen Daten gesammelt würden, sondern antifeministische Vorfälle dokumentiert werden sollten. Denn es sei für viele Betroffene schwierig, sich an staatliche Institutionen zu wenden oder Vorfälle bei der Polizei anzuzeigen. Der Grund: "Betroffene von Frauenfeindlichkeit, Sexismus oder Queerfeindlichkeit werden häufig nicht ernst genommen."
"Schwelle von Peinlichkeit zu Hetze überschritten"
Scharfe Kritik an den Äußerungen von Boris Palmer kommt von den Jusos Tübingen: "Boris Palmer hat spätestens mit diesem Post die Schwelle von Peinlichkeit zu Hetze überschritten. Einmal mehr schießt er sich auf eine Minderheitengruppe ein und verbreitet diskriminierende Ressentiments", erklärte Jusos-Kreischef Louis Renz laut dem "Schwäbischen Tagblatt". "Wir fordern den grünen Stadtverband und die Grüne Jugend Tübingen dazu auf, sich von dieser transfeindlichen Äußerung des grünen OB zu distanzieren. Tübingen ist eine weltoffene Stadt, in der transfeindliche Äußerungen und jegliche Diskriminierung keinen Platz haben – schon gar nicht im Rathaus!"
Palmer wies die Kritik am Dienstag zurück: "Das sind undemokratische Methoden, mit denen Widerspruch im Keim erstickt und die eigene Weltsicht durchgesetzt werden soll."
Palmer gilt wegen seiner zugespitzten Äußerungen als wohl umstrittenster Politiker der Grünen. Dabei kritisierte er wiederholt LGBTI-Aktivist*innen (queer.de berichtete). Mit Deadnaming ging er zudem gegen eine trans Aktivistin vor (queer.de berichtete). Auch rassistische Äußerungen des Politikers gerieten in die Kritik: So erregte er sich 2020 darüber, dass der dunkelhäutige Stuttgarter Promikoch Nelson Müller für die Deutsche Bahn werben durfte ( "Welche Gesellschaft soll das abbilden?") oder nutzte in einem Facebook-Eintrag das gesellschaftlich verpönte N-Wort. (dk)
(Vermutlich schon, aber diese in dem Zusammenhang zu erwähnen, würde sein Argument auf der Stelle selbst zerlegen)