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Bundesschiedsgericht

Grüne: Quotierte Frauenplätze nur bei "unteilbar weiblicher Geschlechtsidentität"

Das höchste grüne Parteigericht setzt augenscheinlich männlichen und nichtbinären Parteimitgliedern Grenzen, wenn sie sich nur zur Frau erklären, um einen quotierten Frauenplatz besetzen zu können.


Die Frauenquote gehört zur DNA der Grünen – und wird jetzt herausgefordert (Bild: Bündnis 90 / Die Grünen NRW)

Das Bundesschiedsgericht der Grünen hat in einer Entscheidung vom Dezember 2022 die innerparteiliche geschlechtliche Selbstdefinition präzisiert. In einer 24-seitigen Entscheidung urteilte das höchste grüne Parteigericht, dass eine Person eine "unteilbar weibliche Geschlechtsidentität" haben müsse, um sich für einen quotierten Frauenplatz zu bewerben. Damit sind auch nichtbinäre Personen von diesen Plätzen ausgeschlossen. Nichtbinäre Personen und Männer dürften sich demnach nicht "spontan vor einer Kandidatur zu einem Parteiamt zur Frau erklären, ohne dass es irgendwelche Grenzen hierfür" gebe, heißt es in dem Papier, das anonymisiert von der Düsseldorfer Universität in ihrer Sammlung von Parteischiedsurteilen veröffentlicht wurde.

Hintergrund ist, dass bei den Grünen schon seit der Parteigründung Ämter oder auch Listen für Wahlen quotiert sind. Eine Doppelspitze muss etwa immer aus einer Frau und einer weiteren Person bestehen. Bei Wahllisten ist jeder ungerade Platz – inklusive des ersten – für Frauen reserviert. Diese Regelung ist laut der Partei notwendig, bis die systematische Benachteiligung von Frauen beendet ist. Davon kann bislang nicht die Rede sein: Nur ein Drittel der Bundestagsabgeordneten sind Frauen und nur ein Viertel der Länder wird von Ministerpräsidentinnen regiert.

Im vorliegenden Fall wollte eine als Mann bekannte Person 2021 bei der Wahl zum Stadt-Vorsitz für den weiblichen Quoten-Platz kandidieren – und schrieb deshalb eine Mail mit dem Inhalt: "Ab heute bin ich weiblich, könnt Ihr das bitte in Euren Akten anpassen?" Weil die Person einen männlichen Vornamen trug und sich als Mann ansprechen ließ, lehnte das Präsidium des Parteitags die Kandidatur ab. Die abgelehnte Person wandte sich dann an das Landesschiedsgericht, das sich für das Recht auf die Frauen-Kandidatur aussprach. Der Grund: Laut dem Bundesfrauenstatut der Partei seien Frauen Personen, "die sich selbst so definieren".

Keine "Frau im Sinne der Parteistatuten"

Das Bundesschiedsgericht sah die Sache aber anders: Die antragstellende Person bekenne sich "nach ihren eigenen Erklärungen nicht ausschließlich dazu, Frau zu sein. Sie kann deshalb nicht als Frau im Sinne der Parteistatuten gelten", heißt es in der Entscheidung. Der Begriff Frau verlange "auch im Falle der Trans-Frau oder Inter-Frau eine unteilbar weibliche Geschlechtsidentität, durch die sich die Angehörigen der Gruppe der Frauen kraft entsprechender Erklärung von denjenigen der männlichen, non-binären oder sonstigen Gruppen kategorisch unterscheiden".

Die Stadt-Parteiführung hatte argumentiert, dass die antragstellende Person ein Mann sei, der ganz andere Gründe für sein Vorgehen habe: "Seine wirkliche Motivation sei es, die Ungerechtigkeit für die Männer sichtbar zu machen [...]. Es ginge um Frustration und Verbitterung", so wird in der Entscheidung des Bundesschiedsgericht die Argumentationslinie erläutert. "Das alles spreche für ein Verhalten, bei dem das Recht auf Selbstbestimmung der geschlechtlichen Identität klar missbraucht werde. Und das dürfe überprüft werden."

Als Lösung des Problems der Selbstdefinition schlug das Bundesschiedsgericht vor, nach der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes das "amtliche" Geschlecht als Bedingung für eine Kandidatur für einen Frauenplatz heranzuziehen. "Hat sich eine Person 'amtlich' mit allen daran knüpfenden Rechtsfolgen für das weibliche Geschlecht entschieden, dürfte ihr Geschlecht jedenfalls verfahrenssicher und zugleich selbstbestimmt auch für die Zwecke der Partei festgestellt sein", heißt es in der Entscheidung. Das Gericht empfahl die "Vorlage des Personalausweises". Das Problem dabei: In deutschen Personalausweisen gibt es gegenwärtig gar keine Geschlechtsangabe. (dk)

#1 WarumAnonym
#2 HexeAnonym
#3 Elena
  • 09.03.2023, 15:30h
  • Wusste gar nicht, dass J. K. Rowling eine Grüne ist. Es gab wohl vorher eine kurze Telefonschalte. (Satire Ende)

    Hat sich für das Geschlecht entschieden, was für Leute sitzen in diesem Gremium?

    Liebe Grüne: Ein Mensch lebt sein Geschlecht. Ein Mensch ist sein Geschlecht. Das ist keine freie Entscheidung. Du kannst nur sein, was Du in Dir findest.

    Die Entscheidung ist unter diesen Umständen schlicht eine Katastrophe. Und die Begründung offenbar noch viel schlimmer.
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#4 Elena
  • 09.03.2023, 15:41h
  • Ich seh schon das Schild im Parkhaus:

    Frauenparkplätze, nur bei unteilbar weiblicher Geschlechtsidentität!
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#5 PrideProfil
  • 09.03.2023, 15:47h...
  • Alle Geschlechter, die sich in der dritten Geschlechtsoption wiederfinden, müssen zusammen mit den Frauen in einer Quote im richtigen prozentualen Verhältnis mit Vorzugsrecht gegenüber den Männern die Plätze besetzen können.
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#6 SchonProfil
  • 09.03.2023, 15:49hFürth
  • Antwort auf #3 von Elena
  • "Weil die Person einen männlichen Vornamen trug und sich als Mann ansprechen ließ, lehnte das Präsidium des Parteitags die Kandidatur ab."

    Na ja, Elena, ich weiß nicht, wie Du in dem Fall entschieden hättest.
    Das Beispiel Tessa zeigt ja, wie die Grünen mit Transmenschen umgeht, auch wenn amtliche Wege nicht/noch nicht abgeschlossen sind.
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#7 PolitikverdrossenAnonym
  • 09.03.2023, 15:50h
  • >>"Vorlage des Personalausweises". Das Problem dabei: In deutschen Personalausweisen gibt es gegenwärtig gar keine Geschlechtsangabe.<<

    Ein weitere Strich auf meiner derweil sehr langen Liste wo diese Argumentation selbst bei offiziellem Charakter Verwendung gefunden hat.

    Unschöne Entscheidung (ua. da NB diskriminiert wird) - aber ich erwarte von den Grünen derweil auch nix mehr.

    Da es ja auch Erwähnung fand - wo bleibt das Selbstbestimmungsgesetz? (pure Rhetorik)
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#8 VestigeAnonym
  • 09.03.2023, 16:02h
  • Faszinierend.

    Die Frauenquote der Grünen stammt aus der Zeit der Parteigründung und war damals ungeheuer progressiv. Das war um 1980, und alles außer der cis Binarität 'gab es nicht' - ich muß es wissen, mit Verlaub, bei den damaligen Bewegungen war ich nämlich dabei, weswegen ich heute ein 'boomer' und schuld am Klimawandel bin - das nur nebenbei.

    Ob die Parteigründung eine gute Idee wäre, wurde heftig diskutiert, Frauenquote und anfangs Rotationsprinzip und andere basisdemokratische Praktiken sollten verhindern, daß die Grünen wie die etablierten Parteien würden...

    Naja, Schröder/Fischer, Hartz-Gesetze, Kosovo-Krieg.

    Warum erzählt der alte Drachen das? Weil die Grünen jetzt in völlig veränderten Kontexten mit einem einstmals progressiven Element ihrer Partei-Geschichte konfrontiert sind, das jetzt eben alles andere als progressiv ist, insbesondere angesichts der TERFs, von denen es bei den Grünen durchaus welche gibt. Und die Grünen sind keineswegs mehr die Bewegungs-Partei - ich wiederhole: das war umstritten - wichtiger politisch-gesellschaftlicher Kämpfe der gewesenen BRD: anti AKW, anti NATO-Doppelbeschluß, die aufkommende Ökologie-Bewegung. Und eben des Feminismus.

    Ich war, um Mißverständnisse auszuschließen, dort nie Mitglied und wähle keine Hartz-Partei.

    Und jetzt dachte ich mir: vielleicht interessiert's ja, wie diese Situation bei den Grünen entstanden ist.
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#9 SchonProfil
#10 Elena
  • 09.03.2023, 16:14h
  • Antwort auf #6 von Schon
  • Angenommen, die Person hieße Maria. Und schon wird es schwierig. Willst Du einen Namen zulassen und einen anderen ausschließen?

    Eine Grenze zu ziehen, ist an dieser Stelle sehr, sehr problematisch.

    Eine Seite argumentiert mit der Entwertung des Begriffs Frau. In deren Sicht ist eine Frau, eben eine solche und dies wird ausschließlich von Experten bestimmt. Die andere Seite verweist auf Freiwilligkeit, also dem Fehlen von Zwang. Daher rührt der Begriff Selbstbestimmung. Also: Ich bestimme selbst!

    Und, jede Grenze ist variabel und lässt sich zwischen beiden argumentativen Lagern verschieben.

    Im Ergebnis verbleiben wir so bei dem bestehenden System. Eine halbe Selbstbestimmung kann es nicht geben.
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