TikTok-Videos mit Gesundheitsinformationen zu Mpox (Affenpocken) bieten häufig unvollständige und ungenaue Angaben: So lautet das harsche Urteil einer Mediziner*innen-Analyse, die im Fachblatt "BMJ Global Health" veröffentlicht ist. Darin warnt das internationale Team vor irreführenden Inhalten und davor, dass diese auch Bemühungen zur Verhinderung und Bewältigung von Krankheitsausbrüchen behindern könnten. Umso wichtiger seien Leitlinien für Gesundheitsinformationen in sozialen Netzwerken oder behördliche Institutionen wie das Robert-Koch-Institut. Zudem sollten mehr Ärzt*innen vor die Kamera treten.
Konkret suchten die Studienautor*innen mithilfe von zwölf entsprechenden Hashtags nach relevanten TikTok-Videos, die vom 1. Januar bis 11. August 2022 zu Mpox hochgeladen worden waren. Zu dieser Zeit war noch relativ wenig über die durch ein Virus verursachte und meist mild verlaufende Infektionskrankheit bekannt. Unter den knapp 2.500 Treffern konzentrierten sich die Mediziner*innen auf diejenigen in englischer Sprache und mit pädagogischem Inhalt, sodass am Ende 85 Clips für die Analyse zur Verfügung standen.
Als Qualitätskriterium dienten dabei validierte Instrumente zur Bewertung von Gesundheitsinformationen, darunter die Discern-Kriterien für gute Patient*innen-Informationen sowie die Qualitätskriterien des "Journal of the American Medical Association" (Jama), zu denen Zuverlässigkeit, Plausibilität, Transparenz und Nützlichkeit gehören. In beiden Fällen erreichten die Videos im Schnitt etwas weniger als die Hälfte der Gesamtpunktzahl.
Im Durchschnitt über 11.000 Likes pro Video
Grundsätzlich, so die Mediziner*innen, stießen gesundheitsbezogene Inhalte auf TikTok auf ein hohes Publikumsinteresse. Tatsächlich erzielten die untersuchten Videos über Affenpocken, die durchschnittlich 78 Sekunden lang waren, im Schnitt jeweils 11.015 Likes, 211 Kommentare und wurden 693-mal geteilt. Dabei stammten die meisten TikToks von Ärzt*innen und Wissenschaftskommunikator*innen (43,5 Prozent), gefolgt von Laien (35 Prozent), Pflegepersonal und anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen (13 Prozent) sowie Vertreter*innen von Institutionen (8 Prozent).
Unter Berücksichtigung der Discern- und Jama-Kriterien kommen die Studienautor*innen zu dem Schluss, dass die Qualität der Informationen in den TikTok-Clips insgesamt gesehen schlecht war. So erfüllte keines der untersuchten Videos alle Jama-Kriterien. In einigen Videos seien ausgewählte Aspekte der Krankheit allerdings auf unvoreingenommene und zuverlässige Weise dargestellt worden, schreiben sie.
Wenig überraschend ergab die Gesamtbewertung die höchste Informationsqualität bei den von Ärzt*innen und Wissenschaftskommunikator*innen produzierten Videos, gefolgt von TikToks von institutionellen Nutzer*innen und Pflegepersonal. Die niedrigsten Werte erzielten Inhalte, die von Laien produziert wurden.
Die Mediziner*innen räumen selbst mehrere Limitationen ihrer Ergebnisse ein, darunter den relativ kurzen Untersuchungszeitraum, die Tatsache, dass die Discern- und Jama-Instrumente ursprünglich zur Bewertung von Website-Informationen entwickelt wurden, sowie den Umstand, dass noch relativ wenig über die Krankheit bekannt war, als die Videos entstanden.
Problematisch ist auch die begrenzte Videolänge
Zudem habe die Studie nicht bewertet, wie sich die begrenzte Videolänge bei TikTok auf die Qualität ausgewirkt haben könnte. Es sei eine Herausforderung mit einem TikTok-Video alle Gesundheitsinformationen angemessen abzudecken, räumen sie ein. Darüber hinaus könne die Studie nicht beantworten, wie sich die Clips psychologisch auf die Zuschauenden sowie deren Verhalten auswirkten.
Nichtsdestotrotz schließen die Autor*innen: "Insgesamt war das Material über den jüngsten Mpox-Ausbruch, das über TikTok-Videos verbreitet wurde, häufig unzuverlässig und unvollständig ..." Minderwertige Videos mit voreingenommenem Inhalt könnten zu Verwirrung führen und eine erfolgreiche informierte Entscheidungsfindung beeinträchtigen. Umso wichtiger sei es, Leitlinien für Gesundheitsinformationsvideos in sozialen Medien zu entwickeln und mehr Inhalte von Angehörigen der Gesundheitsberufe zu fördern.
Das Team schreibt weiter: "Diese Studie wirft ein Licht auf die Risiken, die mit der Nutzung sozialer Medien für Gesundheitsinformationen verbunden sind, und regt zur Entwicklung von Strategien für den Aufbau eines effizienten Systems zum Austausch von Gesundheitsinformationen an." Eine solche Strategie hat etwa die Videoplattform YouTube eingeführt: Seit kurzem können dort Ärzt*innen, Organisationen sowie Krankenhäuser ein neues "YouTube Health"- Siegel erhalten, das nach bestimmten Kriterien vergeben und verlässliche Gesundheitsinformationen kennzeichnen soll.