Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?44978

Sachbuch

Das respektvolle Gespräch zwischen Cis und Trans ist möglich

Mit "All die brennenden Fragen – Ein Gespräch über trans Erfahrungen" von Henri Maximilian Jakobs und Christina Wolf ist im jungen Berliner Katalyst Verlag ein gelungenes neues Aufklärungsbuch erschienen.


Symbolbild: Zwei Hände berühren sich vor einer Progress Pride Flag (Bild: lisettkruusimae / pexels)

2023 scheint ein gutes Jahr für deutsche non-fiktionale trans Literatur zu werden. Nach Linus Gieses "Lieber Jonas" erschien kürzlich "All die brennenden Fragen – Ein Gespräch über trans Erfahrungen" (Amazon-Affiliate-Link ) im jungen Berliner Katalyst Verlag. Der Band stellt eine Kooperation zwischen Henri Maximilian Jakobs und der Fernseh- und Radiomoderatorin Christina Wolf das. Wolf gestaltete bereits den erfolgreichen Podcast "Transformer" über ihre Freundschaft zu Jakobs, der als Schauspieler, Musiker und Autor in Berlin lebt und Sänger und Bass-Spieler der Bands Tubbe, Finna und The Toten Crackhuren im Kofferraum ist.

Das Buch in Form eines Interviews, also eines Gespräches zwischen den beiden, zu gestalten, stellt sich als gelungener Kunstgriff heraus. Somit bildet "All die brennenden Fragen" einen Diskurs ab, eine respektvoll geführte Diskussion zwischen einer cis und einer trans Person. Gerade mit ihrem Podcast als Hintergrund sind Jakobs und Wolf als Redner*innen geübt und bringen ihre Argumente präzise auf den Punkt. Sie machen klar, dass sie miteinander sprechen, um zu beweisen, dass es eben möglich ist: das respektvolle Gespräch, welches immer von trans Personen gefordert und so selten gekonnt umgesetzt wird.

Zu jedem Kapitel gibt's eine Anekdote


"All die brennenden Fragen" ist im Katalyst Verlag erschienen

Was die Themen angeht, deckt "All die brennenden Fragen" die klassischen Aufklärungs-Bereiche ab: Begrifflichkeiten, gesellschaftliche Schwierigkeiten, Transphobie, Erfahrungen in Beziehungen. Hier wird verhandelt, was standardmäßig in Aufklärungs-Literatur vorkommt. Jedem Interview-Kapitel ist dabei eine Anekdote aus Jakobs' Leben vorangestellt. Einen tiefergehenden Einstieg in Theorien und Diskurse bietet das Buch nicht – muss es aber auch nicht.

Jakobs schreibt und spricht gerne bildlich, wobei ihm hin und wieder wahre Blüten gelingen, wie die Beschreibung von Trans-Sein für ihn als: "Man ist nur die schlecht gezeichnete Version der Person, die in einem vergraben ist." Gleichzeitig ist er sich aktuellen Schlagabtäuschen bewusst genug, um ab und zu beispielsweise zu betonen, dass das Internet ihn nicht trans gemacht hat, und zu thematisieren, dass Trans-Sein eben kein moderner "Hype" ist. Was Jakobs fordert, ist dabei mitunter angenehm radikal formuliert, wie sein Wunsch, sich "in allen Räumen bewegen zu dürfen und nicht bloß in den Nischen, die man uns um des guten Gewissen willens freiräumt."

Weitere queere Expert*innen kommen zu Wort

Um auch zielführend über weitere Themen, zum Beispiel nicht-binäre Identität, sprechen zu können, holen Jakobs und Wolf in der zweiten Hälfte des Buches noch viele weitere Personen in ihren Gesprächskreis – so zum Beispiel Louie Länger, schriftstellerisch ("Re-thinking Gender") und illustrierend tätig, oder Publizistin und trans Aktivistin Nora Eckert. Diese kleinen Interviews bilden ein breites Spektrum an trans, nicht-binärer und queerer Identität ab und ergänzen das Buch hervorragend, genau wie das Glossar für queeres Vokabular am Ende des Bandes.

Insgesamt bietet "All die brennenden Fragen" eine unterhaltsame, angenehm herausfordernde Leseerfahrung – und liefert einen hervorragenden Ausgangspunkt, um sich tiefer mit verschiedenen Themenfeldern zu beschäftigen.

Infos zum Buch

Henri Maximilian Jakobs mit Christina Wolf: All die brennenden Fragen. Ein Gespräch über trans Erfahrungen. Sachbuch. 120 Seiten. Katalyst Verlag. Berlin 2023. Taschenbuch: 19 € (ISBN: 978-3-94931-528-2).

Informationen zu Amazon-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu amazon. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.

#1 canSarahAnonym
  • 16.03.2023, 13:22h
  • Bislang waren die Gespräche zwischen Cis und Cis « Experten » und Trans kam nicht zum Wort.
  • Antworten » | Direktlink »
#2 VestigeAnonym
#3 243utjjrhewsvdbfcAnonym
  • 16.03.2023, 14:40h
  • Sollten respektvolle Gespräche zwischen cis-Menschen und trans-Menschen nicht selbstverständlich sein?

    Ich verstehe überhaupt nicht, was Teile der Gesellschaft für ein Problem mit trans-Menschen haben, erst recht nicht in unserer queeren Community.

    Als Schwuler weiß ich doch selbst aus eigener Erfahrung, dass ich mir meine sexuelle Identität nicht habe aussuchen können. Und ebenso ist es mit trans-Menschen bzgl. der Geschlechtsidentität. Eigentlich ganz simpel. Und niemandem wird geschadet, wenn Menschen so sein dürfen wie sie nunmal sind, und wir sollten uns einfach alle gegenseitig unterstützen und bedingungslos lieb haben, angesichts von so viel Vorurteilen, Hass, Gewalt, Krieg und Leid in der Welt.

    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
  • Antworten » | Direktlink »
#4 SeraphinaAnonym
  • 16.03.2023, 15:47h
  • Habe das Buch bisher noch nicht gelesen und hoffe mir es irgendwann durchlesen zu können, angesichts der Kommentare u. a. bei der Zeit zu deren neuen Artikel über NYT und der angstmachenden Situation in den USA usw. fällt es mir jedoch immer schwerer daran zu glauben.
  • Antworten » | Direktlink »
#5 KenshiroProfil
  • 16.03.2023, 16:00hBerlin
  • Nennt mich mich naiv, aber dazu braucht es ein Buch? Wie wäre es mit Empathie, Respekt und Zuhören gegenüber Trans-Menschen? Seit es Menschen gibt wird es durchweg in allen Kulturen beschrieben das es solche Menschen gibt und gab. So wie es immer queere Menschen geben hat. Wenn ich das begreifen kann und dieses Menschen als das annehmen kann was nun mal sind, verstehe ich das Problem nicht.
  • Antworten » | Direktlink »
#6 RemoAnonym
  • 16.03.2023, 16:37h
  • Antwort auf #2 von Vestige
  • Die Punkte, die das verlinkte Interview benennt und beschreibt, sind alle wichtig und interessant. Sie würden einen Dialog sicher leichter machen.

    Ich bin allerdings der Meinung, dass die geforderten Reflexionen bei cis-Menschen eher das Ergebnis eines Dialogs sind und es ein Nachteil wäre, diese zur Vorbedingung zu machen.
  • Antworten » | Direktlink »
#7 LothiAnonym
  • 16.03.2023, 16:53h
  • Antwort auf #5 von Kenshiro
  • Gut beschrieben. Ein respektierlicher Umgang untereinander sollte in einer Zivilgesellschaft schon machbar sein. Doch wie man leider sieht ist das nicht bei allen angekommen. Ganz im Gegenteil.
  • Antworten » | Direktlink »
#8 VestigeAnonym
  • 16.03.2023, 16:59h
  • Antwort auf #5 von Kenshiro
  • Ich nenne Dich nicht naiv - aber so einfach ist das nicht.

    Vom Prinzip her ist das Problem immer das gleiche: Menschen, die nicht marginalisiert sind, können sich unhinterfragte und unreflektierte Selbstverständlichkeiten leisten, die nur für sie welche sind. Für marginalisierte Menschen gibt es diese Selbstverständlichkeiten nicht, und das wissen sie auch, wie diffus oder wie klar auch immer.

    'Geschlecht' ist ironischerweise ein sehr gutes Beispiel. Für cis Personen, so sehr sie auch mit Aspekten ihrer Geschlechterrollen hadern mögen oder wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden, was bei cis Frauen definitiv so ist - 'ich bin eine Frau' / 'ich bin ein Mann' ist jeweils - selbstverständlich.

    So, und jetzt kommt Felicia Ewert ...

    Jetzt gebe ich weiter an das oben verlinkte Interview mit Felicia Ewert, weil ich hier keinen Artikel schreiben und kein Interview geben kann - sie legt das exzellent dar, und ich bin ganz sicher nicht die einzige trans Frau (es geht nicht ausschließlich, aber hauptsächlich um trans Frauen), die ihre Erfahrungen in dem Interview wiedererkennt.

    Du wirst die Sache mit der Selbstverständlichkeit nur für die einen - oder, besser: '( richtiges) Geschlecht' für die einen; '(nur) Geschlechtsidentität' für die anderen / uns dort wiederfinden.
  • Antworten » | Direktlink »
#9 VestigeAnonym
  • 16.03.2023, 17:18h
  • Antwort auf #6 von Remo
  • Selbstverständlich kannst du der Meinung sein - aber unter diesen Voraussetzungen geraten trans Personen in die Rolle, stets erklären zu müssen, auch sich, während es den cis Personen frei steht, anzunehmen, was die trans Personen sagen, oder nicht, zu reflektieren oder nicht, anders zu handeln oder nicht. Das ist eine ungleiche Machtbeziehung. Deutlicher: das ist Ausspielen von Macht, und das sagt Felicia Ewert auch.

    Das ist kein Respekt, keiner marginalisierten Menschengruppe gegenüber.

    Noch weniger ist es Respekt, das von trans Personen als Bringschuld einzufordern und die 'Solidarität' trans Personen gegenüber davon abhängig zu machen, ob die trans Personen das auch brav und ruhig und freundlich tun. Während der Genozid gegen uns jetzt offen anrollt. Das ist Ausspielen von Macht, und das sagt Felicia Ewert auch.

    Am allerwenigsten ist es Respekt, uns auch noch zu belehren.

    Felicia Ewert erzählt, daß cis Menschen schon Anerkennung von ihr eingefordert haben, weil sie noch nie eine trans Person physisch mißhandelt haben. Ihre Antwort steht da, es ist auch meine.
  • Antworten » | Direktlink »
#10 RemoAnonym
  • 16.03.2023, 18:27h
  • Antwort auf #9 von Vestige
  • Ich verstehe durchaus das Problem, aber Aufklären geht nie ohne Erklären und meiner Auffassung nach sind diejenigen, die gut erklären können, letztlich auch in einer mächtigen Position.

    Lehrer*innen, die ihre Schüler abkanzeln würden, weil sie dumme Fragen stellen, wären z.B. keine guten Lehrer*innen.

    Wenn Cis-Personen mit Transpersonen, aber auch wenn Angehörige einer beliebigen Mehrheit mit Angehörigen einer beliebigen marginalisierten Minderheit sprechen oder den Ort, wo sie sie zur Mehrheit gehören, verlassen, setzt bei den Angehörigen der Mehrheit, sofern sie bereit sind zu reflektieren, ein Hinterfragen der eigenen Wahrnehmung und des eigenen Selbstbildes ein (samt mehr oder minder deutich gezeigter Verunsicherung, die sich dann manchmal in respektlose Neugier verwandeln kann).

    Plötzlich erscheint es nicht mehr "normal" dass ich Mann, Frau, Cis, Muslim, Christ, Hetero, Kölner Karnevalsjeck oder was weiß ich bin, sondern es ist etwas "Besonderes", was ich erklären, begründen , definieren soll. Und auf diesem Gebiet sind dann die eigentlich queeren oder die Minderheiten den Mehrheiten im Reflektieren und der Wahrnehmung oft eine Nase voraus, vor allem wenn sie sich als Lehrende selbst ermächtigen.

    Beim respektvollen Umgang miteinander scheint es mir wichtiger, das beide Seiten dialog- und lernfähig sind, und weniger, auf welchem Wissensstand sie beginnen. Und es scheint mir immer wichtig, dass beide Seiten bereit sind, den Kontext des Gespräches zu definieren. Wollen beide Seiten tiefsinnig über ihre Identitäten reflektieren, oder sich über das Wetter am Wochenende unterhalten?

    Die Haltung, die ich beschreibe und bevorzuge , ist nur eine von vielen und sicher eher etwas für den persönlichen, individuellen Diskurs. Dieser kann aber, wenn er öffentlich vorgelebt oder in Büchern exemplarisch beschrieben wird, auch enorm viel im politischen, von Machtfragen bestimmten Diskurs bewegen.
  • Antworten » | Direktlink »

alle (neue zuerst) alle (chronologisch)